Was für ein schöner Tag. Die Vögel zwitschern voller Lust. Die Sonne legt ihr helles Kleid auf die saftig grünen Wiesen. Die Blüten zeigen ihr bezauberndes Kleid. Im Hintergrund leise ein Bächlein rauscht und die Brise Wind das Land mit Leben und die Wesen mit Frühlingsduft erfüllt. Ja, man könnte fast sagen, es liegt Liebe in der Luft.

Das Geschehen aus dem Stand beobachtet er sehr genau. Auch er ist ergriffen vom Konzert, das ihm die Vögel singen. Flora und Fauna im Frühlingstanz.

Seit den frühen Morgenstunden sitzt er dort und sieht wie die Tiere, im Gegensatz zum Menschen, mit der Natur ganz und gar im Einklang leben. So schön wie ein gemaltes Bild liegt die Welt vor ihm. Nimmt er sie auf mit all seinen Sinnen.

Doch die Lust in ihm wurde nicht gestillt. Wollte er doch die Natur beschützen. St.Hubertus, sein Schutzpatron, muss sein Opfer kriegen. Die Whiskeyflasche purzelt aus dem Stand. Vollkommen leer. Das Großkaliber neben ihn. Schußbereit.

Es muss getan werden. Ohne ihn könnte die Natur nicht blühen. Wäre nichts mehr unter Kontrolle. Und dann könnte er auch nach Hause gehen, denn dort war auch nichts unter Kontrolle und er mit sich und den Anderen nicht im Reinen. Gestern schoß er versehentlich eine Katze. Es störte ihn kaum. Ein neuer Tag eine neue Chance. So sitzt er da, ein bisschen wacklig vom Alkohol und sucht sein neues Opfer. Groß, stolz und mächtig sollte es sein, um sein erbärmliches Ego weiter aufzublasen. Um der König in seinem Revier zu werden. Hauptsache wichtig sein. Tut er doch so viel für die Natur. Ist er doch der wahre Naturbursche. Hat er doch die Entscheidungsgewalt über Leben und Tot. Der Gott des Waldes. Hoch oben auf seinem Stand. Führt er das Vermächtnis seiner Eltern und Großeltern fort.

Es raschelt im Busch. Und ihm ging schon wieder einer ab. Grad noch rechtzeitig die letzte Landjägerwurst verdrückt legte er das Gewehr an ohne zu erkennen was da im Busch ist. Ob Mensch, ob Tier?

Verdammt. Doch nur so ein gottverdammter Hippie, auf seinem Selbstfindungstrip durch den Wald und übers Feld. Streift er durch des Jägers Revier. Die Katze gestern dachte wohl auch sie könne ihm sein Revier streitig machen. Doch nun entschied er, das Gewehr abzusetzen und schaute böse, mit trüben Blick, aus seinem Stand.

Er störte ihn. Ein Kratzen, ein Jucken überkam ihm. Als hätte er des Hippies Wollpulli verschluckt. Der Jäger hustete. Der Hippie hörte es, grüßte freundlich und verließ das weite Feld. Was für ein Arschloch! Befand der Jagende. Dieser Weltverbesserer. Mit Blümchen im Haar und kein Respekt vor dem wahren König der Tiere, vor ihm, den Herrn über Leben und Tot. Mit dem rötlichen Gesicht, dem trüben Blick und dem strengen Schnapsgeruch der sich durch seinem Körper an die wohltuende Frühlingsluft kämpfte. Er hatte es in der Hand auch wenn er sonst nichts hatte.


© Jan Meigental


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