An der Kasse im Supermarkt…
… ist meistens ´was los, zumal in der Vorweihnachtszeit.
Da kannst du auch am späten Vormittag zwischen zwei Terminen zum Einkauf eilen, es sind genug Kunden da, die deiner Eile gemessenen Schrittes begegnen, vielmehr: im Weg stehen werden; und dann warten sie in wachsenden Schlangen an der Kassenzeile vorm Ausgang…
Außer ein paar Kleinigkeiten zum bevor stehenden Fest habe ich heute nichts im Korb und fahre mit selbigem und ziemlichem Verdruss der Menschentraube im Kassenbereich entgegen. Das kann ja dauern, denke ich… und ich hab´ nicht viel Zeit!-
Aber da sehe ich:
Eine weitere Kasse öffnet gerade. Schon ist eine Handvoll Kunden am Transportband, und die haben wie ich nicht viel im Korb. Vor mir steht ein Herr, der offenbar gar nichts gekauft hat. Gerade will ich ihn fragen: „Warum gehen Sie nicht einfach hindurch?“, da höre ich jemanden nach ihm rufen. Und dann kommt sie auch schon heran gerauscht, seine bessere Hälfte- mit gut gefülltem Warenkorb.-
Mist! denke ich. Das wird dauern…
Aber ich sehe, wie -zum Glück- eine weitere Kassiererin heran kommt. Ich eile rasch hinüber zur sich eben eröffnenden neuen Bezahlgelegenheit, nur ein älterer Herr ist schneller als ich. Auch er steht nun ohne Warenkorb vor mir.
…wird ja schnell gehen, denke ich noch- da schiebt eine Kundin ihren Wagen, mein Einkaufsgefährt und mich glatt ignorierend, auf ihn zu, an mir vorbei. -
Die Passage, durch ein metallenes Geländer begrenzt, ist eng, und als ich ein „So geht´s aber nicht!“ zu grummeln wage, wird die Dame geradezu aggressiv. „Natürlich geht das!“, keift sie ungehalten und rammt ihren hoch auf bestückten Marktkauf-Chrysler in meinen bescheidenen Waren- Rollator. Und der Gatte assistiert ihr energisch mit der Bemerkung: „Wo kommen wir denn hin, wenn hier jeder macht, was er will?!- Wir sind doch nicht bei den Russen!“

Ich bin sprachlos… ob mehr dieses chauvinistischen Verweises wegen oder wegen so viel selbstgerechter Dreistigkeit, ist mir im Moment gerade nicht klar. Zugegeben: Meine Erfahrungen „bei den Russen“ reduzieren sich auf eine halbe Sommerwoche im Jahre 2010 in St. Petersburg, und die waren durch nichts getrübt - nicht einmal durch Einkäufe im russischen „Magazin“ kurz vor Ladenschluss.
Vielleicht hatte der Herr vor mir andere Erfahrungen gemacht?
Sein Lebensalter jedenfalls ließ ein „Kriegskind“ vermuten, ein Individuum der „vergessenen Generation“, die sich mit gestressten Müttern, dafür ohne Väter durchschlagen musste und über selbige oft nur zu wissen bekam: „Verschollen in Russland.“- So etwas mag prägend sein.
Doch was hatte den Mann derart traumatisiert, dass er in einer alltäglichen, harmlosen Situation, - an einer Kasse im provinziellen Supermarkt- mit giftigem Ton „den Russen“ herbei zitierte?
War es die Geschichte oder die aktuelle Nachrichtenlage? –
Wie dem auch sei, es mussten Urinstinkte in dem alten Manne erwacht sein:
Der Feind ist überall! Sogar im Supermarkt! Er bedrängt uns… selbst an der Kasse! Doch wir halten die Stellung! Er kommt nicht durch! („Wo kommen wir sonst hin…?“)
Wir sind die alte Garde, wir haben immer Recht! –
Und du stell´ dich gefälligst hinten an…


© anne maren marten


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Beschreibung des Autors zu "An der Kasse"

Alltagsbegebenheit mit "Clash of generations"
Nicht ganz so ernst zu nehmen!

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