Ein Hauch von Heilung

Ich ging spazieren, atmete die frische Morgenluft des neu erblühten Frühlings, kaum mehr durchhaucht von der Derbheit des dahingehenden Winters, ein und schöpfte dabei eine gewisse Hoffnung, einen neuen Mut, der mir nicht begreiflich war.
Seltsam...wie war es möglich, dass ich - nun, da ich in diesem stillen Wald daherging - diese hoffnungsvolle Regung in meiner Seele verspürte.
Beinahe, als sei plötzlich ein dunkler Schatten von mir gewichen, verdrängt von einem warmen Licht, das verheißungsvoll die trüben Seiten meiner Seele entblätterte, sie erhellte.
Es war ein wunderbares Gefühl, das mich wie eine sanfte Umarmung umschloss.
Doch konnte ich mir selbst nicht erklären, wie es so plötzlich hatte geschehen können. Womöglich war es nur der Frühling, der mir in just diesem Moment mit seiner blühend lachenden Farbenpracht die Seele streichelte, wie die tröstende Hand einer liebenden Mutter oder es war vielleicht eine Art Vorahnung, die sich meiner bemächtigte, als ein Bote des Schicksals.
Doch diese Frage war für mich jetzt nicht von Bedeutung, denn ich spürte, dass sich die Wunde in mir endlich zu schließen begann. Diese schmerzhafte Wunde, die immer weiter gewachsen war, wie ein Krebsgeschwür, das einen von Innen zerfrisst.
Täglich hatte ich zusehen müssen wie die Frau, die ich liebte, gleichgültig mir gegenüber durchs Leben tanzte, im Takt betrügerischer, wilder Lust. Vergeblich hatte ich verschucht ihr mein Leid zu erklären, obwohl ich wusste, dass ich gut daran getan hätte, mich dieser Lüge, dieser verschwendeten Liebe endlich abzuwenden.
Dann schließlich musste ich einsehen, dass sie mich vergessen hatte und mich lediglich als ein irritierendes Überbleibsel ihres Lebens betrachtete. Und so fügte ich mich und verstummte um alleine in meinem tiefen Kummer zu ertrinken.
Doch heute konnte ich Freiheit spüren und ich war mir aus irgendeinem Grund gewiss, dassmir das Schicksal heute ein Ereignis senden würde, das mich und mein ganzes Leben verändern würde. Es war, als sei mein Leben auf genau diesen Tag, dieses Ereignis - was auch immer es war - hinausgelaufen. Vielleicht hatte ich diesen Liebeskummer und den Seelenschmerz hinnehmen müssen; vielleicht war beides nötig gewesen, damit ich heute hier stehen konnte ...
Glücklich wie schon seit Jahren nicht mehr lief ich weiter und genoß die wenigen Strahlen der Sonne in meinem Gesicht, die noch sanft hinter dem Nebel verharrte und darauf wartete, endlich durchdringen zu können.
Als ich um die Ecke bog ...


© Poetro


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