Warum war ich noch nie in Afrika? Die Alpen wachsen und Afrika kommt uns immer näher. Das lernten wir schon über die Plattentektonik in der Schule. Ganz langsam schiebe sich die afrikanische unter die europäische Platte. So seien die Alpen entstanden und sie wachsen noch immer. Das könne man freilich nicht sehen, aber messen könne man es. Die Alpen haben mir aber immer irgendwie den Blick auf Afrika verstellt.

In der Schule hing der Kontinent platt auf der Weltkarte an der Wand. Der Geografie-unterricht war da auch nicht viel mitreisender. Schon eher war es Albert Schweitzer und sein Krankenhaus in Lambaréné im Gabun. In diesem Zusammenhang hörte ich auch zum ersten Mal etwas von einem Friedensnobelpreis. Seitdem verband ich sein Gesicht mit den Worten Frieden und Nächstenliebe. Er geistert mir auch heute noch im Kopf herum. Ganz anders als Tarzan und seine Jane, obwohl ich beide viel öfter im Kino um ihren Dschungel beneidete. Ich konnte mich damals nicht wirklich entscheiden, ob ich lieber Tarzan oder Schweitzer werden wollte. Beides wurde ich nicht.

Vor kurzem hörte ich, dass ein junges Paar in Marrakesch eine beduinische Hochzeit feiern möchte. Afrika hat also immer noch etwas Romantisch-magisches. Da müsste ich dann fliegen, um an der Hochzeit teilnehmen zu können. Aber kann man sich Afrika so von oben herab nähern? Natürlich, wie sonst!

Was weiß ich denn sonst noch über Afrika, außer dass dort die Fußballweltmeister-schaft stattfindet? Ich kenne da eine „Weiße Massai“ und auch eine „Kalorienkönigin“. Beide kennen dieses Afrika tausendmal besser als ich, und sie fliegen auch. Trotzdem bleibt mir so ein Gedanke, dass ich es zumindest anders anfangen sollte. Wäre es nicht richtiger durch Italien bis hinunter an den Absatz des Stiefels zu fahren, um auf dem Weg dorthin in die Gesichter der Afrikaner zu sehen, die mir entgegenkommen. Durch den europäischen Stiefel sollte ich fahren, der den Gestrandeten dort in den Arsch getreten wird, damit sie gefälligst auf ihrer Platte bleiben und Europa nicht in Unruhe versetzen. Ob ich mich dann noch trauen würde, mit einer Fähre überzusetzen?

Da wäre es sicher besser, wenn ich die historische Route über Holland, Belgien, Frankreich und Spanien nähme. In Gibraltar angekommen hätte ich dann die ganze europäische Kolonialgeschichte im Gepäck und auch noch gleich aus Brüssel die moderne europäische Afrikapolitik. Die Briten würden mir dann last but not least vor dem Hintergrund ihrer weltweiten Einsichten nahe bringen, dass man sich der kleinen Boote aus Afrika auch dort erwehren müsse. Mein Mut für die Fähre wäre sicher auch dahin.

Trotzdem! Noch immer habe ich solche Bilder im Kopf, dass die Serengetie nicht sterben dürfe. Mir geistert auch immer noch Hemingways „Schnee auf dem Kilimandscharo“ durch den Kopf. Die Menschen sollten nicht sterben müssen vor ihrer Zeit.

Also werde ich trotz allem zu den Wurzeln der Menschheitsgeschichte zurückkehren und endlich nach Afrika reisen?


© Gerhard Falk


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(aus "Ich war noch nie in Afrika", Gerhard Falk 2011)

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