Das Märchen vom Besenbinder Jacob…


Vor langer, langer Zeit lebte in einem weit abgelegenen Dörfchen, der Besenbinder Jacob. Er bewohnte mit seiner Familie eine Lehmkate, die am Ende des Dörfchens lag. Zu seiner Familie gehörten seine Frau Hedwig und seine beiden Kinder Burkhard und Charlotte.
Burkhard war ein spindeldünner Bube und Charlotte war ein dralles Mädchen.
Jacob übte den Beruf eines Besenbinders aus. Es war ein gefährlicher und aufwendiger Beruf. Im Wald hauste nämlich eine Räuberbande, und Braunbären gab es zur Genüge.
Jacob verdiente nicht allzu viel in seinem Beruf, und seine Familie musste mit zum Unterhalt beitragen. Er musste täglich Birkenreiser schneiden, die er dann zu Besen formte. Im Herbst und Winter kauften die Leute seine Besen, aber im Frühjahr und Sommer konnte er nur wenige Besen verkaufen. Deshalb halfen ihm seine Frau und Kinder,
den Geldbetrag zu erhöhen.
Im Sommer sammelten Burkhard und Charlotte Preiselbeeren und Brombeeren, die sie an den Pfarrer Langrock verkauften. Im Herbst suchten sie mit ihrer Mutti fleißig Pilze. Ein Teil der Pilze wurde selbst gegessen, ein anderer Teil wurde an den Gastwirt Fürchtegott verkauft.
Es herrschte zu jeder Zeit in Jacobs Familie, „ Schmalhans Küchenmeister.“
Der Besenbinder ging immer den gleichen Weg um Birkenreiser zu schneiden. Sein Weg führte über eine Holzbrücke unter der ein reißender Fluss strömte.
Jacob hatte es sich angenommen, die Brücke ganzjährig zu pflegen.
Er befreite sie im Winter vom Schnee und im Frühjahr befreite er die
Brückenpfeiler vom Treibholz. Des weiterem besserte er stets die Brückenbohlen aus.
Im Frühjahr brachte er die Abgelaichten Hechte von den Wiesen in den Fluss zurück. Der Besenbinder rettete auch oft Blässhühner vor dem Erfrieren. All diese Arbeiten führte er freiwillig und ohne Bezahlung aus.
Die Leute im Dorf amüsierten sich über ihn, und meinten, er wäre ein „komischer Kauz.“
Die Zeit war schnell vergangen, und man hatte schon den dritten Advent. Es war ein kalter und Schnee reicher Tag. Die Eiszapfen hingen schon etliche Tage an den Dächern der Häuser. Die Wege waren spiegelglatt, und der Fluss war fast zugefroren.
Jacob stapfte missmutig über die Brücke als er eine raue, quakende
Stimme vernahm.
Er sah sich um und bemerkte auf dem Eis des Flusses, eine merkwürdige Gestalt.
Die Gestalt war grasgrün und an den Händen und Füßen hatte sie große Flossen. Sie hatte große Froschaugen und von ihrem Körper tropfte ständig Wasser.
Es war der Wassergeist „ Plitschplatsch.“ Er sagte zum Jacob: „ Bleibe stehen und laufe vor Furcht nicht weg, ich will dir etwas schenken. Ich habe dich immer beobachtet, wenn du die Brücke repariert hast, und auch wenn du die Tiere gerettet hast, du hast einen Wunsch frei.“
Der Besenbinder sagte: „ Ich habe aber keinen Wunsch und ich bin mit meinem Leben zufrieden.“ Der Wassergeist gab einige glucksende Töne von sich, und danach kratzte er sich mit seinem linken Arm am Kopf.
Der Geist richtete sich auf und meinte, bis morgenfrüh möchte ich von dir eine Antwort haben.
Jacob eilte flugs nach Hause, und berichtete seiner Frau von der Begegnung mit dem Wassergeist. Seine Frau Hedwig sagte zornig: „Was bist du denn bloß für ein Dämel, du hättest dir einen großen Klumpen Gold wünschen sollen.“ Hedwig zeterte weiter, mit einem solchen Mann bin ich nun verheiratet.
Charlotte und Burkhard besänftigten ihre Mutter, und meinten, unser Vater ist eben sehr bescheiden.
Am anderen Tag ging der Besenbinder zur Brücke. Schon von weitem
sah er den grünen Wassergeist. Der Geist saß auf dem Brückengeländer und ließ seine dünnen Beine baumeln. Er wartete schon eine ganze Weile auf Jacob.
Der Wassergeist fragte. „ Hast du dich mit deiner Familie beraten?“ Jacob sagte: „ Meine Frau hat tausend Wünsche, aber meine beiden Kinder haben keinen Wunsch.“
Der Wassergeist kicherte und meinte nach einer Weile, ja wenn das so
ist, dann musst du eben einen Wunsch äußern.
Jacob sagte: „ Es ist ja bald Weihnachten, und ich wünsche mir für meine Kinder einen geschmückten Weihnachtsbaum, der Baum soll aber mit viel Naschwerk geschmückt sein.
Der grüne Wassergeist sagte: „ Du sollst einen solchen Weihnachtsbaum bekommen, aber die Süßigkeiten und das Naschwerk
könnt ihr erst am Dreikönigstag vom Baum ernten, sonst verschwindet der Weihnachtsbaum.“
Als der Besenbinder zu Hause ankam, kamen ihm schon seine beiden Kinder freudig entgegen gerannt. Sie riefen, wie aus einem Munde, Vater
in unserer Kate steht ein geschmückter Weihnachtsbaum.
In der Kate stand wirklich ein prächtiger Weihnachtsbaum. Er war geschmückt mit Pfefferkuchenherzen, Zimtsternen, Nüssen und roten
Äpfeln.
Jacob teilte seiner Frau und den Kindern mit, dass sie erst am Dreikönigstag den Baum „ plündern“ dürfen. Nach dieser Mitteilung machte sich eine große Traurigkeit breit. Vor allem Charlotte und Burkhard waren tieftraurig.
Der Besenbinder dachte, mir wird schon etwas einfallen die Süßigkeiten bzw. das Naschwerk vorher abzunehmen.
In der Weihnachts- Nacht ,als alle schliefen, schlich Jacob zum Weihnachtsbaum und machte einen Zimtstern ab. Doch was war das?
Der Besenbinder hatte den Zimtstern kaum in seinen Händen, da ertönte
ein lautes Glockengeräusch und der Baum Verschwand plötzlich.
Der einfältige Vater bekam einen Schreck, und begann am ganzen
Körper zu zittern.
Wie sollte er es bloß seinen Kindern sagen. Schlaflos wälzte er sich in seinem Bett hin und her. Erst gegen Morgen schlief der Besenbinder ein. Jacob wachte trotz allem zeitig auf. Er blinzelte und sah den Weihnachtsbaum erneut in der Kate stehen. Seine Freude war riesengroß, und er erzählte nichts von dem Vorfall.
Die Tage verstrichen äußerst langsam bis zum Dreikönigstag.
Als sie am 6. Januar aufwachten wurden sie derart vom Weihnachtsbaum geblendet, dass sie eine Weile brauchten, um wieder sehen zu können.
Doch sie trauten ihren Augen kaum, denn das war nicht ihr Weihnachtsbaum. Der Stamm des Baumes war aus reinem Silber und die Zweige waren aus purem Gold. Es hing auch kein Naschwerk an den Spitzen der Zweige, sondern viele Diamanten.
Die Freude die Hedwig, Jacob, Burkhard und Charlotte empfanden, war riesengroß. Sie waren über Nacht „ steinreiche Leute“ geworden. Doch ihre Herzen blieben edel, freigiebig und rein.
Jacob zerteilte den Baum in kleine Stücke und verteilte Gold und Silber
an die Dorfbewohner. Nur einen kleinen Teil behielt er für sich und seine Familie zurück. Von diesem Edelmetall kaufte er eine Kuh, zwei Schweine, vier Gänse und sechs Hühner.
Die Diamanten gab er Hochwürden Langrock, der sie dem Bischof von Fulda übergab.
Der Besenbinder und seine Lieben gingen täglich zur Brücke, und wollten sich beim grünen Wassergeist bedanken. Sooft sie auch hingingen, sie trafen den Wassergeist nie an.
Um ihm trotzdem zu danken, legten sie öfter hübsche Feldblumensträußchen auf das Brückengeländer.

Sie lebten noch viele Jahre glücklich und zufrieden miteinander…


© Jürgen


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