Ihr werdet nicht glauben, was ich in unserem Garten gefunden habe! Ich erzähle es euch: einen Platz, an dem magische Kräuter wachsen! Ehrlich! Ich habe es selbst gesehen und erlebt – und das war so:
Wieder einmal spielte ich nachmittags in unserem Garten, aber irgendwie war mir langweilig.. Und so blickte ich verstohlen immer wieder zu dem kleinen Beet, ganz hinten in der linken Ecke unseres Gartens, das meine Mama mir zu betreten verboten hatte.
Kennt ihr das? Alles, was verboten ist, glitzert irgendwie und zieht einen magisch an.
Eigentlich höre ich immer darauf, was meine Eltern mir sagen. Na ja, fast immer. Deshalb hatte ich bis jetzt dieses Beet auch in Ruhe gelassen. Meine Mama hat mir erklärt, dass in diesem Beet magische Pflanzen wachsen; sie hat sie selbst eingesät. Dabei hat sie ein hübsches Lied gesummt. Sie sagte, das würde den Pflanzen gefallen und ihnen beim Wachsen helfen. Und dann sagte sie:“Und du, Luisa, darfst hier alleine nicht herumlaufen. Die Pflänzchen brauchen Zeit, um aus der Erde zu kommen und ich möchte nicht, dass Du sie dabei trittst.“
Nachdenklich blickte ich nun nochmals zu diesem Beet rüber. Ich sah, dass die Pflänzchen bereits aus dem Boden gewachsen sind und einen grünen Teppich bildeten. Hmmm – also konnte ich doch nichts mehr kaputt treten. Die Pflanzen waren so groß, dass ich sie sehen und an ihnen vorbeigehen konnte, ohne sie zu zertrampeln. Das wollte ich gar nicht. Ich wollte sie nur anschauen und bewundern.
Also schlich ich mich am Küchenfenster vorbei, links zum Beet.
Vorsichtig trat ich auf die Steine, die Mama dort hingelegt hatte, um zum Beet zu gelangen. Als ich davor angekommen war, ging ich in die Hocke, um die Pflanzen besser sehen zu können.
Da waren Pflanzen mit langen, dünnen Stengeln, ganz zackigen Blättern, buschigen Knospen – alles war in unterschiedlichen Grüntönen getaucht. Das war hübsch! Und ich bemerkte auch, dass es irgendwie gut roch, so würzig.
Ich freute mich und war stolz, dass ich nichts kaputt gemacht hatte und trotzdem alle Pflänzchen sehen konnte. So würde Mama nicht mit mir schimpfen können, wenn ich ihr davon erzählte.
Ich blieb ganz still und rückte noch ein wenig näher….da hörte ich sie.
„Ich bin die Erste!“
„ Nein, ich! Du bist doch noch gar nicht richtig raus aus der Erde! Wie willst du denn da was sagen?“
„ Ich bin die Älteste hier, also fange ich an!“
„ Stimmt nicht, stimmt nicht! Diese Minute zählt nicht!“
„ Ich bin die Größte, also auch die Erste!“
„ Ja, und die Dünnste! Hast doch gar keine Kraft zum Erzählen!“
„Könnt ihr mir mal sagen, was hier los ist?“. Das war ich.
Es wurde mucksmäuschenstill. Jetzt sagte keiner auch nur einen Ton.
„Also, einer sollte jetzt schon anfangen“, ermutigte ich.
Wieder quasselten alle Pflanzen durcheinander. Ich verstand kein Wort!
Ich zeigte auf eine Pflanze und sagte:“Du, fang bitte du an.“
Ich sah, wie die Pflanze, die lang und dünn war, sich kurz stolz schüttelte, sich noch höher reckte und sich räusperte, bevor sie sagte:“Darf ich vorstellen: ich bin Schnitti, der Schnittlauch.“
Ich hörte ein leises Kichern von den anderen.
„Und ich freue mich über deinen Besuch.“ Es kam Protest von allen Seiten. „Entschuldigung“, korrigierte er sich. „Natürlich freuen sich hier alle über deinen Besuch. Wir haben schon auf dich gewartet, denn wir wollen dir über uns erzählen – wer wir sind und welche Aufgaben wir haben. Leider wissen das nicht mehr viele Kinder.“ Ich hörte ein empörtes Schnauben aus allen Ecken. „Deshalb ist es schön, dass du hier bist. Wenn du möchtest, erzählen wir dir unsere Geschichten.“
„Ja, gerne“, antwortete ich ganz aufgeregt.
Wieder redeten alle Pflanzen wild durcheinander. Sie waren genauso aufgeregt wie ich.
„Aber bevor wir beginnen, werden wir hier eine Pflanzenversammlung abhalten, in der wir die Reihenfolge unserer Geschichten bestimmen werden“, sagte Schnitti. „Du siehst es ja: jeder möchte der Erste sein. Also müssen wir unter uns abstimmen.“ Er machte eine Pause und es schien so, als müsste er überlegen. „Ich denke, wir haben morgen eine Reihenfolge gefunden, die jedem hier gefallen wird. Wenn du morgen Zeit hast, komm zu uns und du wirst die erste Geschichte hören.“
Ich nickte. „Okay“, sagte ich. „Abgemacht. Dann komme ich morgen wieder. Tschüss, Schnitti. Tschüss, ihr anderen!“ Ich stand auf und drehte mich um, um wieder zu gehen. Dabei hörte ich, wie die Pflänzchen erneut hektisch diskutierten.
„Und wer soll die Versammlung leiten?“
„Na, ich. Ich habe auch mit Luisa gesprochen.“
„Ha! Das macht dich noch lange nicht zum Chef!“
„Ich finde, dass auch die Kleinen mal was bestimmen sollten“, hörte ich eine piepsige Stimme.
„Bah – du bist doch noch ein Baby!“
Grinsend ging ich am Küchenfenster vorbei. Na, die werden sich schon einigen, dachte ich und hörte aus der Ferne Schnitti „Ruhe!“ brüllen. Nun war klar, wer das Sagen hatte.
Und so begann es, dass ich jeden Tag eine neue Geschichte der Pflanzen hören
sollte.
Wer wohl den Anfang machen würde?


© Anne Sioulis


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Beschreibung des Autors zu "Luisa im magischen Garten"

Luisas Welt - Kurzgeschichten für Kinder über die Magie der Natur




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