1. Der Seemann und die Meerjungfrau
 
 
 
Balthasar war ein Seemann, der jeden Tag zum Fischen weit auf's offene Meer hinaus segelte.
 
Eines Tages fuhr er wieder einmal hinaus, als plötzlich ein schrecklicher Sturm aufkam, der immer schlimmer wurde, sodass Balthasars Segelboot von riesigen Wellen wie eine Nussschale hin und her geworfen wurde.
 
Schon nach kurzer Zeit war sein kleines Boot bis zum Rand mit Wasser vollgelaufen und drohte zu sinken. Balthasar hatte bereits mit seinem Leben abgeschlossen, als plötzlich eine wunderschöne Meerjungfrau neben seinem Schiff aus dem wogenden Meer auftauchte und zu ihm ins Boot kam.
 
„Dein Segelschiff wird sinken, tapferer Seemann. Aber ich werde dich retten und in Sicherheit bringen. Halte dich nur gut an meiner Schulter fest, dann bringe ich dich nach Hause zurück.“
 
Schon bald konnte Balthasar in der stürmischen See von weitem seinen Hafen sehen, von wo er mit seine Schiff ausgelaufen war. Als ihn die schöne Meerjungfrau an einer sicheren Stelle des Strandes absetzte, verabschiedete sie sich freundlich von Balthasar und verschwand daraufhin wieder in der aufgewühlten See.
 
Wenige Wochen nach seiner Rettung bemerkte der Seemann an seinem Körper seltsame Veränderungen, die ihn rätselhaft erschienen. Auf seiner Haut wuchsen Schuppen, wie bei einem Fisch und seine Hände und Füße bekamen Fischhäute, die zum Schwimmen gut geeignet waren.
 
Wie auf einen geheimen Zauber hin, schlich Balthasar in einer sternenklaren Nacht schließlich heimlich zum Strand runter und schwamm weit auf's offene Meer hinaus. Zu seinem Erstaunen konnte er plötzlich sogar auch unter Wasser atmen. Dann tauchte er bis auf den Grund des Meeres hinab, wo er zu seiner großen Überraschung auf einmal von der schönen Meerjungfrau empfangen wurde, die ihn gerettet hatte. Sie lächelte ihm zu, umarmte ihn zärtlich und beide küssten sich lange und innig. Dann schwammen sie zusammen Hand in Hand hinaus auf's weite Meer, wo sie bald in der Ferne verschwanden.
 
Seitdem hat man den Seemann Balthasar nie wieder gesehen.
 
 
ENDE
 
(c)Heiwahoe


***

2. Die Prinzessin und der junge Zauberer
 
 
 Sophie war eine junge Prinzessin, die in einem fernen Königreich lebte, das in einer wunderschönen Landschaft mit grünen Wiesen und dichten Wäldern lag. Sophie war eine freundliche Prinzessin, die überall im Land sehr beliebt war, auch deshalb, weil sie den armen Menschen im Volk half, wo sie nur konnte.
 
Aber Sophie hatte ein streng gehütetes Geheimnis, von dem nur sie etwas wusste und sonst niemand. Noch nicht einmal der König, die Königin oder die höfische Gesellschaft ahnten etwas davon.
 
In manchen Nächten, wenn der volle Mond am Himmel stand und die Sterne hell leuchteten, verließ die Prinzessin heimlich das Schloß und ging zu einem jungen Zauberer, der in einer kleinen Hütte eines ganz in der Nähe gelegenen Waldes wohnte. Dort verbrachte sie mit ihm die ganze Nacht und verließ ihn erst wieder, als der Morgen schon graute.
 
Der junge Zauberer hieß Merlin, der sich in die schöne Prinzessin unsterblich verliebt hatte.
 
Sophie hatte aber noch eine böse Stiefschwester, die sehr eifersüchtig auf sie war und eines nachts ihr Geheimnis entdeckte, weil sie ihr heimlich gefolgt war. Sie erzählte dem König und der König davon, was sie gesehen hatte, die von dem nächtlichen Treiben ihrer Tochter sehr geschockt waren.
 
Noch am nächsten Tag riefen der König und die Königin ihre Tochter zu sich und verboten ihr unter Anwendung schlimmster Strafen, den jungen Zauberer je wieder zu besuchen.
 
Die junge Prinzessin war aber so sehr verliebt in den jungen Mann, der sich Merlin der Zauberer nannte, dass sie trotzdem eines Nachts wieder heimlich das Schloß verließ, um ihren Geliebten zu besuchen, der schon sehnsüchtig auf sie wartete. Sie erzählte ihm davon, was geschehen war und dass der König und die Königen ihr unter Strafe verboten hätten, ihn wiederzusehen.
 
Der junge Zauberer Merlin war aber entschlossen, seine schöne Prinzessin nie wieder alleine zulassen und dachte über einen Plan für sich und seine Geliebte nach. Dann suchte er in seinem Zauberbuch nach einem entsprechenden magischen Spruch und fand auch einen. Er weihte die Prinzessin ein, die natürlich bei ihrem geliebten Mann bleiben wollte und seinem Vorhaben aus tiefsten Gefühlen heraus zustimmte.
 
Noch in der gleichen Nacht waren Merlin und Sophie verschwunden, als hätte der Erboden beide verschluckt. Auch die Hütte gab es nicht mehr und dort, wo sie einmal am Waldesrand stand, wuchsen zwei große Bäume in den Himmel als Zeichen ihrer ewigen Liebe.
 
ENDE
 
 (c)Heiwahoe



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3. Marlenes Geburtstagsgeschenk
 
 
In einem kleinen bayerischen Dorf lebte einmal eine ganz normale Familie in einem schönen Eigenheim mit Vater, Mutter und zwei Kinder. Die Kinder waren Marlene und Franz, wobei Marlene die älteste Tochter war und kurz vor ihrem sechsten Geburtstag stand. Franz war das jüngste Kind in der Familie und war erst kürzlich drei Jahre alt geworden.
 
Der Vater ging tagsüber arbeiten und die Mutter kümmerte sich um den Haushalt. Auch Marlene musste mit anpacken und passte oft auf ihren kleinen Bruder Franz auf, damit sich ihre Mutter auf die vielfältigen Aufgaben im Haus konzentrieren konnte.
 
Da Marlene bald Geburtstag hatte, wünschte sie sich einen dieser hochmodernen Teddybären, die nicht nur sprechen, sondern auch essen, trinken und auf Klo gehen konnten. In Wirklichkeit waren es Teddybären-Androiden, die sich, als sie auf den Markt kamen, als echte Verkaufsrenner entpuppten, weil sie fast wie echte, kuschelige Bären aussahen, die von Kindern sogar geritten werden konnten.
 
Marlenes Vater bestellte bei Amazon drei Tage vor ihrem Geburtstag eines dieser neuartigen Spielzeuge, das prompt zwei Tage später bereits von einem Paketdienst geliefert wurde. Die Mutter nahm den schweren Karton entgegen und stellte ihn im Keller hinter einem Regal mit Vorhang ab, damit Marlene ihr Geschenk nicht sehen konnte. Es sollte ja eine Überraschung werden.
 
In der Nacht, als alle schliefen, wachte Marlene plötzlich von einem schmatzenden Geräusch im Haus auf, das aus dem Kinderzimmer von nebenan zu kommen schien. Marlene verließ ihr Bett, schlich sich rüber zur Kinderzimmertür ihres Bruders, öffnete sie vorsichtig und schaltete das Licht ein. Dann erschrak sie bis ins Knochenmark. Das ganze Zimmer war überall mit Blut beschmiert und ihr großer Teddybär, der eigentlich ihr Geburtstagsgeschenk werden sollte, saß mitten auf dem Bett ihres kleinen Bruders, hielt noch die restlichen Eingeweide von Franz in seinen Klauen und grinste sie dabei mit finsterem Blick an.
 
Noch im gleichen Moment stürzte er auf Marlene zu. Starr vor Schreck konnte sich das Mädchen nicht bewegen, als der kuschelige Plüschbär sie ansprang und in den Hals biss. Blut spritzte nach allen Seiten, dann fiel Marlene rücklings krachend auf den harten Fußboden, wo sie zuckend mit weit geöffneten Augen liegen blieb. Mittlerweile war der Plüschbär direkt über sie und riss ihr große Fleischstücke aus dem sich aufbäumenden Körper. Marlene wollte noch schreien, bekam aber keine Wort mehr über ihre blutleer gewordenen Lippen. Dann wurde sie bewusstlos und starb.
 
Was Marlene bis dahin nicht wissen konnte, war die schreckliche Tatsache, dass ihr kuscheliges Geburtstagsgeschenk offenbar mit einer Fehlfunktion geliefert worden ist und auch schon vorher Vater und Mutter getötet hatte, die hässlich zerstückelt in einer riesigen Blutlache ihres französischen Bettes lagen.
 
 
ENDE
 
 (c)Heiwahoe



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4. Kokolino, der mutige Affe
 
Kokolino, der Affe, lebte in einem wunderschönen Dschungel mit vielen Kokosnusspalmen. Er war überall bekannt für seine Schnelligkeit im Denken, wegen seines Mutes und vor allen Dingen für seine Freundlichkeit, anderen in der Not zu helfen.
 
Eines Tages kletterte Kokolino wieder einmal auf eine hohe Palme, an der viele reife Kokosnüsse hingen, um sie zu pflücken. Plötzlich nahm er ein seltsames Geräusch wahr, das von einem nahen Baum kam.
 
Kokolino wollte wissen, was da vor sich ging und kletterte zu dem Baum hinüber, von dem das komische Geräusch herrührte.
 
Dann sah er eine Gruppe anderer Affen, die einen kleinen und hilflosen Papagei ärgerten, der noch nicht ganz richtig fliegen konnte.
 
Kokolino war sofort klar, dass er hier eingreifen musste, um dem armen kleinen Papagei zu helfen. Schnell fasste er einen Plan.
 
Er sammelte mehrere Kokosnüsse, die er in ein großes Palmenblatt einwickelte und mitnahm. Als er bei den frechen Affen ankam, warf er eine Kokosnuss nach der anderen auf ihre Köpfe. Die bösen Affen wussten zuerst nicht, wie ihnen geschah, aber vom plötzlichen Angriff überrascht, machten sie sich schnell auf und davon.
 
Der kleine Papagei war Kokolino mehr als nur dankbar für seine Hilfe und fing an, extra für ihn ein kleines Lied zu singen, das ihm seine Eltern im Nest beigebracht haben, die früher mal bei den Menschen in einem Käfig lebten, bis man sie wieder frei gelassen hatte. Der kleine Papagei erzählte seine Geschichte mit Kokolino allen anderen Papageien, die es bis in den letzten Winkel des Dschungels weiter erzählten.
 
Von dem Tag an war Kokolino ein großer Held unter den Tieren des Dschungels geworden, die ihn alle für seine Freundlichkeit, die Bereitschaft zu helfen und für seinen großen Mut bewunderten.
 
ENDE
 
(c)Heiwahoe



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5. Porky, das Trüffelschwein
 

 Schon bei seiner Geburt war Porky anders als die anderen Ferkel. Aus seinen Augen blitzte ein verwegener Blick und seine Borsten sträubten sich jedes Mal beim Anblick der offenen Stalltür, wenn er die weite Landschaft, den blauen Himmel und die fernen, mit Schnee bedeckten Berge am leuchtenden Horizont sah.
 
Bei jeder sich bietenden Gelegenheit schlich dann Porky heimlich aus dem Stall nach draußen auf den großen Hof, um sich neugierig umzusehen. Während sich seine übrigen Geschwister ängstlich und hungrig um die Zitzen der Mutter scharten, ärgerte Porky meistens den Hofhund Bello mit seinem Gequieke und reizte den Schäferhund manchmal soweit, dass dieser laut bellend aufsprang und Zähne fletschend nach dem frechen Schweinchen schnappte, um es zu beißen.
 
Das machte Porky aber nichts aus, denn er bekam schnell heraus, dass Bello nur so gefährlich wie seine Kette lang war. Er stellte sich frech vor dem wütenden Schäferhund hochnäsig auf, gerade soweit, dass er ihn nicht erreichen konnte.
 
Nach solchen Ereignissen marschierte Porky meist mit einem herrischen Grunzen hinüber zu den Hühnern auf dem Hof und machte sich über ihr komisches Gegacker lustig. Es kam auch schon mal vor, dass er den frechen Hahn laut quiekend verfolgte und ihn bis in den Hühnerstall hinein jagte, wo dann immer die Federn flogen.
 
So ging das die ganze Zeit, bis aus dem kleinen Ferkel ein richtiges Jungschwein geworden war.
 
Aber der Hof des Bauern Wiesenmüller wurde für Porky bald zu klein. Er wollte mehr von der weiten Welt sehen und riss eines Tages einfach aus.
 
Eine ganze Woche lang trieb er sich auf fremden Wiesen und Feldern herum und landet schließlich bei einer Rotte Wildschweinen in einem nah gelegenen Wald, denen er sich partout anschließen wollte. Die aber wollten Porky nicht, weil er einfach nicht zu ihnen gehörte. Darüber hinaus glänzte seine Haut in so einer komischen rosaroten Farbe, die keiner mochte, auch deswegen, weil Porky damit überall nur auffiel und sie möglicherweise damit sogar in Gefahr brachte, wie sie dachten.
 
Also zog Porky weiter, bis er auf einmal vor einem Fuchs stand, der ihn fressen wollte. Doch Porky war mittlerweile zu einem starken Schwein geworden und wusste sich zu wehren. Der Fuchs machte sich alsbald aus dem Staub, auch deshalb, weil plötzlich ein Jäger mit einem Gewehr auf der Bildfläche erschien und die beiden Kampfhähne schnell auseinander trieb. Der Fuchs hatte den jungen Porky während der Auseinandersetzung an den Vorderläufen verletzt, sodass dieser humpelte und nicht schnell genug weglaufen konnte. Der Jäger hatte leichtes Spiel, fing Porky schnell ein und brachte ihn alsbald zum Bauern Wiesenmüller zurück, den er gut kannte.
 
Als der Bauer von dem Kampf seines tollkühnen Schweines mit einem Fuchs hörte, war dieser auf Porky sogar irgendwie stolz gewesen. Doch was sollte er mit diesem Schlingel tun? Vielleicht einsperren oder gar schlachten? Aber der alte Wiesenmüller war ein echter Tierfreund. Für ihn waren seine Tiere nicht nur eine Ware. Deshalb wollte er Porky schonen.
 
"Einen freien Geist darf man nicht einsperren" dachte er so für sich und was für Menschen richtig ist, kann für ein Schwein dieser Sorte auch nicht verkehrt sein.
 
Obwohl der Bauer zur Zeit große finanzielle Sorgen hatte und wegen mehrerer Missernten kurz vor der Pleite stand, wollte er Porky trotzdem behalten.
 
Ein paar Tage später bemerkte der Alte, wie Porky ständig mit seiner Schnauze im Boden eines kleinen Wäldchens herum wühlte und plötzlich mehrere wertvolle Trüffel freilegte. Erstaunt über diesen Vorgang nahm er Porky mit in die umliegenden Wälder, wo dieser in kurzer Zeit eine große Menge dieser Edelpilze fand, die den Bauer Wiesenmüller bald reich und wohlhabend machten.
 
Sechs Monate später konnte man Porkys Foto in allen Zeitungen des Landes bewundern - als "Trüffelschwein" des Jahres wurde er berühmt.
 
Bauer Wiesenmüller, der die Freiheit des Schweines niemals einschränkte, fuhr Jahr für Jahr eine gigantische Trüffelernte ein, denn überall, wo es Trüffel gab, fand Porky sei auch.
 
Seit der Zeit musste sich der alte Bauer nie wieder Sorgen um seinen Hof machen.

 
Porky lebt heute noch auf dem Hof von Bauer Wiesenmüller und ist das erfolgreichste Trüffelschwein im ganzen Land.

 
ENDE
 
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6. Kliff, der Seehund
 
 
 
Der junge Seehund Kliff lebte mit vielen anderen Heulern zusammen am steinigen Ufer eines großen Meeres.
 
Kliff war aber ein neugieriger Seehund und sehr abenteuerlustig, der den blauen Ozean liebte, den er gerne erforschen würde. Seine Mutter musste immer auf ihn aufpassen, dass er sich nicht heimlich auf und davon machte.
 
Eines Tages, als Kliff endlich ein großer und starker Seehund geworden war, verabschiedete er sich von seiner Mutter und schwamm hinaus auf das weite Meer. Er wollte endlich alle möglichen Abenteuer erleben.
 
Als er schon eine sehr lange Strecke in der ruhigen See hinter sich gebracht hatte, entdeckte er plötzlich eine große Inseln mit einem wunderschönen Sandstrand, der zum Verweilen einlud. Kliff schwamm mit kräftigen Flossenschlägen dorthin, suchte sich ein sonniges Plätzchen aus, machte es sich bequem und war bald eingeschlafen. Das lange Schwimmen im Wasser hatte ihn müde gemacht.
 
Irgendwann wurde Kliff durch ein lautes Grummeln wach, das ihn zutiefst erschreckte. Der ganze Strand bebte auf einmal und ein heftiger Ascheregen ging hernieder.
 
Zuerst wusste Kliff nicht sofort, was eigentlich los war, aber er spürte instinktiv, dass er in große Gefahr geraten war. Er versuchte vom Strand wegzukommen und schwamm ganz schnell hinaus aufs offene Meer. Nach einer Weile hielt er inne und blickte zurück zur Insel, über der jetzt eine dicke, schwarze Rauchwolke stand, die den ganzen Himmel verdunkelte. Ein Vulkan war ausgebrochen, der jetzt eine gewaltige, rotglühende Lavafontäne ausspuckte, die sich bald über den ganze Strand verteilte, auch dort, wo Kliff geschlafen hatte.
 
„Da habe ich ja noch einmal großes Glück gehabt“, murmelte Kliff zitternd in sich hinein, der jetzt auf einmal eine tiefe Sehnsucht nach den steinigen Ufern seiner Heimat bekam und wieder dorthin wollte, wo seine große Familie der Seehunde lebte. Der Drang nach Abenteuer war ihm jedenfalls gründlich vergangen.
 
ENDE
 
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7. Planet der kleinen Kreaturen
 
 
Durch die unendlichen Weiten des Alls flog ein gewaltiges Raumschiff geräuschlos dahin. Auf der Brücke befand sich ein junger Astronaut namens Titan, der die ganze Zeit neugierig auf die Monitore starrte und sich fragte, welche Geheimnisse er und seine Crew noch aufdecken würden auf ihrer interstellaren Reise.
 
So nahm das Schiff seinen einsamen Weg durchs Universum und die gesamte Besatzung hielt ständig Ausschau nach irgendwelchen lebensfreundlichen Planeten.
 
Plötzlich schlugen die Langstreckensensoren an und meldeten ein seltsames Objekt in der Ferne, das aussah wie eine blaue Murmel. Der Astronaut Titan, der auch Kapitän des Raumschiffes war, erkannte sofort, dass es ein Planet war, der Leben beherbergte, weil alle eingehenden Daten darauf hindeuteten und sogar Bilder lieferten, dass seine Oberfläche mit Kontinenten und Wasser bedeckt war.
 
Kapitän Titan änderte umgehend den Kurs und gab Befehl, den Planeten zu erkunden. Dann zogen er und ein paar ausgesuchte Crewmitglieder ihre Raumanzüge an, nahmen ein Beiboot und flogen damit runter auf die Oberfläche der neu entdeckten Welt. Unten angekommen traten sie in die Luftschleuse und begannen sofort damit, alles in ihrer Nähe genauestens zu untersuchen.
 
Auf einmal bemerkten sie eine winzige, menschenähnliche Lebensform, die überall wie die Ameisen herumliefen und die Neuankömmlinge argwöhnisch, aber neugierig beobachteten.
 
Manche versteckten sich sogar vor ihnen, zumindest versuchten sie es, was ihnen auch gelang, weil sie so klein waren. Offenbar hatten diese Minikreaturen Angst vor den fremden Raumfahrern, die ihnen wie Riesen vorkommen mussten.
 
Kapitän Titan konnte es nicht glauben, dass es eine Welt mit so kleinen Bewohnern gab. Er bemerkte auch die Angst dieser Wesen und schaltete deshalb seinen Translator ein, der in der Lage dazu war, seine Sprache in die der kleinen Wesen direkt zu übersetzen.
 
Dann sagte er mit deutlich lauter Stimme: „Wir kommen in Frieden und freuen uns, euch kennen zu lernen. Wir möchten, dass ihr unsere Freunde werdet. Wir kommen aus dem All und suchen schon seit langer Zeit nach bewohnten Welten. Endlich haben wir eine gefunden. Das ist faszinierend für uns. Wir sind wirklich überwältigt, dass wir endlich neues Leben im Universum entdeckt haben. Wir sind also nicht allein. Das ist wunderbar!“
 
Jetzt traten plötzlich die kleinen Wesen überall aus ihren Verstecken hervor und begrüßten die fremden Raumfahrer aus dem All ebenfalls mit großer Freundlichkeit, auch deshalb, weil sie genau so aussahen wie sie, nur waren die Fremden viel, viel größer als sie selbst. Komischerweise hatten sie auf einmal auch keine Angst mehr vor ihnen und das Vertrauen war schnell aufgebaut.
 
Im weiteren Verlauf zeigten sie freizügig ihre eigene Welt, die Kapitän Titan und seine Mannschaft in großes Erstaunen versetzte, da diese winzigen Wesen bereits über eine unglaubliche Technologie verfügten und eine sehr hohe Kultur entwickelt hatten. Sie kannten auch keine Kriege mehr und brachten sich auch nicht gegenseitig um. Diese schrecklichen Zeiten lagen schon lange hinter ihnen, wie sie sagten. Vielmehr lebten sie jetzt alle in Harmonie mit ihrer empfindlichen Umwelt zusammen, die sie fast wie einen Gott verehrten. Außerdem waren ihre Städte wunderschön futuristisch und voller Grün. So etwas hatte Kapitän Titan und seine Mannschaft noch nie gesehen.
 
Dann war die Zeit gekommen, dass der Kapitän mit seinen Crewmitgliedern zurück zum Raumschiff mussten, das oben im Orbit des Planeten auf sie wartete.
 
Schweren Herzens und überaus freundlich verabschiedeten sie sich schließlich von den kleinen Wesen, die sich selbst als Menschen bezeichneten. Der Kapitän und seine gesamte Mannschaft freuten sich schon darauf, eines Tages wiederkommen zu dürfen. Dann stiegen sie ihn ihr Beiboot, starteten es und waren mit blinkenden Lichtern bald hinter einer dichten Wolkendecke verschwunden.
 
 
ENDE
 
 (c)Heiwahoe



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8. Der Schneider und die alte Frau
 
 
 
In einem kleinen Dorf lebte einmal ein Mann namens Joseph, der ein fleißiger Schneider war, aber durch das viele Sitzen schon einen ganz krummen Buckel bekommen hatte. Er wohnte in einem einfachen Haus, das etwas abseits des kleinen Dorfmarktplatzes in einer schmalen, verwinkelten Seitengasse stand.
 
Eines Tages klopfte jemand an die hölzerne Eingangstür zu seiner Werkstatt. Als der Schneider aufmachte, stand vor ihm eine alte und kränklich aussehende Frau, die ihn um ein wenig Essen und eine einfache Unterkunft für die kommende Nacht bat. Sie sagte auch, dass sie schon überall die Leute im Dorf gefragt hätte, aber von allen Bewohnern abgewiesen worden ist. Sie wollten wohl mit ihr nichts zu tun haben.
 
Als Joseph die alte Frau sah, bekam er Mitleid mit ihr und lud sie zu sich in sein bescheidenes Zuhause ein, gab ihr zu essen und zu trinken und wies ihr ein warmes Bett für die Nacht zu.
 
Die alte Frau war äußerst dankbar für seine Freundlichkeit und sagte plötzlich zum Schneider, dass er bestimmt für seine Barmherzigkeit den gerechten Lohn bekommen würde. Dann legte sie sich zum Schlafen hin, da sie vom vielen Herumlaufen im Dorf doch sehr müde geworden war.
 
***
 
Draußen war es mittlerweile schon wieder hell geworden und der Schneider lag immer noch in seinem Bett, was für ihn sehr ungewöhnlich war, da man ihn eigentlich als Frühaufsteher kannte. Als er das Bett verließ, bemerkte er zu seinem großen Erstaunen, dass sein Rücken nicht mehr krumm, sondern wieder ganz gerade geworden war. Erstaunt über dieses Wunder zog er sich schnell an, verließ sein kleines Schlafzimmer und schaute nach der alten Frau, die er am Abend zuvor in sein Haus untergebracht hatte. Aber sie war seltsamerweise nicht mehr da.
 
Der Schneider wunderte sich zwar darüber, dachte aber nicht weiter darüber nach, denn er fühlte sich plötzlich wie neugeboren, was ihn alles andere vergessen ließ. Er konnte sich wieder frei bewegen, wie in jungen Tagen. Etwas später ging er in sein Arbeitszimmer, wo er auf seinem Tisch ein Blatt Papier fand, worauf geschrieben stand:
 
„Lieber Joseph! Ihr Menschen seid immer und überall von Engeln umgeben. Sie begleiten und führen euch auf allen Lebenswegen. Manchmal kommen wir auch in einer anderen Gestalt zu euch, um das Gute unter euch zu suchen. Oft werden wir enttäuscht, aber es gibt sie noch, die barmherzigen Menschen. Du bist so einer von ihnen und hattest Mitleid mit mir, der ich als alte Frau zu dir kam. Für dein gutes Wesen habe ich dich belohnt und dir wieder zu einem geraden, gesunden Rücken verholfen. Wir Engel haben die Macht und unsere Energie ist grenzenlos, um allen guten Menschen auf dieser Welt zur Seite zu stehen, die sich als würdig erweisen.
 
Sicherlich willst du wissen, wer ich wirklich bin? Ich bin einer der sieben Erzengel und heiße Raphael. Ich bin der Engel der Heilung. Aber ich erfülle auch noch andere Rollen, die weit über die Heilung hinausgehen. Ich versuche, den Menschen Freude und Glück zu bringen, damit sie alle im Licht leben können, auch in dunklen Zeiten. Ich habe dich heimlich gesegnet, als ich vor deinem Bett stand und du tief im Schlaf versunken warst. Du wirst es bald merken, denn alles wird sich bei dir zum Guten wenden. Das Glück wird dein täglicher Begleiter sein, bis an dein Lebensende.
 
Bleibe so, wie du bist und vergiss mich nicht.“
 
Erzengel Raphael
 
ENDE
 
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9. Das frei erfundene Leben auf einem bayrischen Dorf
 
 
Alles Nonsens oder was?
 
Servus beinand!
 
Ignatz Pinselmayer ist ein allseits bekannte Dorfdepp, den man in ganz Bayern kennt (oder auch nicht). Er sitzt wieder einmal mit der Milchkuh Mary, die seine große Liebe ist, in der Dachrinne seines Hauses und strickt mit ihr an einem Benzinpullover.
 
Plötzlich kommt der kugelrunde Bürgermeister des Dorfes vorbei, schaut zu den beiden hoch und ruft: „Heute gibt es Freibier für alle, ihr bekloppten Hühner, weil der Tiger Ferdinand Geburtstag hat. Wir treffen uns alle an der Würstchenbude, wo es auch Sesamkrümel mit Nasenrammerl gibt. Ihr seid alle eingeladen!“
 
„Mal sehen, Bürgermeister Großzipfelklatscher. Wir müssen noch schnell den Benzinpullover fertig stricken, den wir dem Tiger Ferdinand schenken wollen. Es dauert aber nicht mehr lange.“
 
„Ist schon Karaoke, ihr Suppenhühner. Ich muss jetzt wieder gehen“, rief der Bürgermeister und verschwand in Richtung Würstchenbude, die sich gleich hinter der runden Ecke befand.
 
Mary, die Milchkuh fragt ihren Freund Pinselmayer plötzlich: „Hast du auch gerade den Elefanten Benjamin Arschkacke hier vorbei fliegen sehen? Darf der überhaupt schon rauchen?“
 
„Wieso nicht? Der fliegt doch durch eine Einbahnstraße, die wohl nichts dagegen hat, wie ich weiß. Die raucht doch selber, wie ein Schlot.“
 
„Ach so! Das wusste ich nicht, Pinselmayer", wobei Mary einen richtig lauten Kuhfurz rausließ, den sie schon lange loswerden wollte.
 
„Aha, das tat jetzt gut! Der hat seine Miete nicht bezahlt.“ frohlockte die Milchkuh Mary und strickte stur weiter am Benzinpullover.
 
Unten hechelte in diesem Augenblick gerade ein einsamer Bulldog vorbei, der kurz stehen blieb und das vierrädrige Rennrad vom Dorfpfarrer Altweiberstecher klaute, der schon eine Weile im Sonnenstudie seine blasse Haut bräunen ließ, der jetzt wohl zu Fuß zurück in seinen Gebetstempel galoppieren musste.
 
Im nah gelegen Wald grinste hämisch das Arschgeweih, das alles mit angesehen hatte und rief dem kläffenden Bulldog hinterher: „Das gibt Tabula rasa, du Möter! Ich werd's dem Pfaffenkopp schon sagen, was du für eine schawulige Bulldogge bist. - Hahaha!“
 
Dem Sterz von Rhodos gefiel die komische Situation ganz gar nicht, der ebenfalls auf dem Weg zur Würstchenbude war, wo es kostenlosen Schnaps gab. Seine Bekannte, der Grauschleier von Ernas Unterhose, meldete sich ebenfalls zu Wort und rief dem Arschgeweih zu: „Wer was klaut, der wird selig!“ Dann verschwanden beide im Duett lachend hinter der runden Ecke.
 
„Am Ende wird alles gut!“ sagte die Metzgerin Kleopetra, die sich noch schnell das nächste Huhn schnappte und es mit einem stumpfen Hackebeil den Kopf abschlug, mehrmals blind hintereinander, weil ihr das Blut des Flattermannes in die Augen gespritzt war und deshalb nichts mehr sehen konnte.
 
„Ach, Pfiat eich God!“, kann ich da nur noch sagen (als Zugereister – Ausprache: [zuàgroàsdà] ).
 
 
ENDE
 
(c)Heiwahoe






10. Der schelmische Zwerg und der mächtige König
 
 
 
Vor langer Zeit lebte mal ein mächtiger König, der immer nur ein ernstes Gesicht machte und nie lachte. Egal, was man auch tat, nichts schien bei ihm zu fruchten, um ihn zum Lachen zu bringen.
 
Eines schönen Tages kam ein schelmischer Zwerg in den Palast des Königs, der von sich behauptete, er könne den König bestimmt mit einem Trick zum Lachen bringen.
 
Gesagt, getan.
 
Der Zwerg wartete, bis der König ein Bad im nah gelegenen See nahm. Dann schlich er sich von hinten an ihn heran und kitzelte mit einem langen Grashalm die Eier des nackten Herrschers.
 
Der König war von dem kitzligen Gefühl an seinem Hoden so überrascht, dass er sich ein lautes Lachen nicht mehr verkneifen konnte.
 
Der ganze Hofstaat war darüber sehr erstaunt und brach schließlich in große Begeisterung aus, weil es ein mickriger Zwerg geschafft hatte, den mächtigen Herrscher zum Lachen gebracht zu haben.
 
Der König befahl seit dem Vorfall, dass der schelmische Zwerg an seinem Hof bleiben musste, um ihn hin und wieder seine Eier mit einer langen Gänsefeder zu kitzeln, damit er lachen konnte und nicht mehr so ernst in die Welt blicken musste.
 
ENDE
 
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