Vorwort

Schon immer faszinierte die Menschen Märchen, Erzählungen und Geschichten von fernen, unbekannten Welten, von Riesen und Zwergen, von guten und bösen Zauberern, von Elfen und verwunschenen Prinzessinnen, von Drachen und Helden im geheimnisvollen Anderswo.

Wir wissen auch von Geistern und Gespenstern, unheimlichen Erscheinungen, von Wundern gegen die Naturgesetze, von Begegnungen mit anderen in fantastischen Welten und außerirdischen Wesen, die auf fremden Planeten leben oder die Erde des Menschen schon mal besucht haben.

Seltsam verknüpft scheinen dabei Irdisches und Himmlisches zu sein. Manche Menschen fühlen sich als Wiedergeborene, wussten (oder wissen) von ihren früheren Existenzen. Weise Menschen überlieferten der Nachwelt oft Okkultes und sprachen von Ahnungen, vom sog. Zweiten Gesicht, Wahrträume, Imagination und von übersinnlichen Kräften, die Materie beeinflussen und verändern können (z. B. durch Zauberei usw.).

Sind das alles nur absurde Fantastereien und Spinnereien schizophren ausgeprägter Gehirne?

Denn in unserer heutigen Zeit muss man sich schon manchmal die Frage stellen, ob für Wunder, Rätsel und Geheimnisse, also dem Mystischen schlechthin, überhaupt noch Platz ist.

Leider ist es so, dass gerade der moderne Mensch nicht müde wird, ganz besonders immer wieder sowohl seine „Nüchternheit“ als auch seinen „Realitätssinn“ zu betonen.

In Wahrheit versucht er aber nur damit von seinem eigenen „Irrsinn“ abzulenken, den er sich heute selber schafft (siehe Konsumwahn, Umweltzerstörung, Krankheiten wie Aids oder Krebs, Hunger, Kriege, Religionswahn, Glaubensterrorismus, Massenmorde u. v. a. m.).

Sicherlich ehrt Skepsis und Zweifel den Menschen, aber nur solange beides nicht blind macht.

Die Frage sei daher erlaubt, ob nur das der Wissenschaft Fassbare – oder meinetwegen „das dem gesunden Menschenverstand Fassbare“ – existiert oder existieren darf.

Ich dagegen behaupte, dass auch das „Unfassbare“ von „möglicher Existenz“ ist, denn es besteht immerhin die Chance, dass das „Unfassbare“ nur das vorläufig „Noch-nicht-zu-Fassende“ ist, das seiner (wissenschaftlichen) Entdeckung harrt.
Wie kommt es eigentlich trotzdem dazu, dass das, was nicht mit unseren (irdisch angepassten) Sinnen zu fassen ist, uns dennoch so zu fesseln vermag?
Wissenschaftler versichern uns immer wieder, dass Festkörperphysik, Mikrobiologie oder philologische Analysen aufregend seien; warum aber „erregt“ dann die moderne Wissenschaft die meisten Menschen so wenig?
Dagegen sind sie von einer „Prophezeiung aus dunkler Zeit“ fasziniert, während sie eine präkognitive Aussage kalt lässt.

Anscheinend faszinieren eben nüchterne Betrachtungen nicht, weil strenge Wissenschaftlichkeit kein Transzendentes zulässt. Die Wissenschaft hat es ausschließlich mit Gegebenheiten, also Daten, zu tun, die (mehr oder weniger) „beweisbar“ sind.

Meiner Meinung nach ist das Interesse am Unfassbaren gewiss nicht bedenklich, sondern absolut menschlich. Denn wahr ist auch, dass alle nicht zu erklärenden Phänomene, von denen immer wieder berichtet und erzählt wird, stets durch etwas „Menschliches“ verbunden sind.


Aus dem unendlichen Spektrum, das der Mensch wahrnehmen kann, ja aus dem unendlichen Spektrum dessen, was er sich auszudenken vermag, hat der Mensch eben die Erscheinungen des Unfassbaren herausgegriffen und sich von ihnen in ihren Bann ziehen lassen. So gesehen besitzt das Unfassbare allemal eine „seelische Wirklichkeit“, die eng verbunden ist mit der Welt des Allerkleinsten, der sog. Quantenwelt, in der meiner Ansicht nach „alles Denk- und Vorstellbare“ wahr werden kann.

Carl Jung hat einmal treffend gesagt, dass „unser Weltbild nur dann der Wirklichkeit entspricht, wenn auch das Unwahrscheinliche (Unfassbare) darin seinen Platz hat“.

Und da ist noch etwas.

Erst durch die Wahrscheinlichkeit des Unfassbaren kann sich der Mensch die Möglichkeit des Abenteuers verschaffen.


Der Autor Heiwahoe
 
***
 
Die Geschichte beginnt hier.
 
Es geschah kurz vor Ende des Zweiten Weltkrieges.

Ein versprengter deutscher Wehrmachtsoffizier torkelt im Morgengrauen halb bewusstlos auf eine deutsche MG-Stellung zu. Direkt vor ihr bricht er erschöpft zusammen. Seine Uniform ist großflächig Brand versengt, stark durchnässt und hängt ihm teilweise in losen Fetzen herunter.

Trotzdem hat er großes Glück gehabt. Die wachsamen Soldaten in dem Schützengraben schießen nicht gleich, sondern erkennen ihn als deutschen Offizier, ziehen ihn behutsam zu sich herunter und bringen ihn umgehend zu ihrem Kompaniechef, der gerade in seinem gut befestigten, mehrräumigen Unterstand das obligatorische morgendliche Frühstück zu sich nimmt. Der Hauptmann kümmert sich sofort um den verletzten Mann und befiehlt schleunigst einige seiner Sanitäter herbei, die den Notfall übernehmen.

Beim Säubern des völlig verdreckten Gesichts des einsamen Rückkehrers stellt es sich dann schnell heraus, dass es sich um einen jungen Leutnant ihrer eigenen Kompanie handelt, der seit dem letzten verheerenden Angriff der alliierten Truppen als vermisst galt. Man war davon ausgegangen, dass er und seine Männer entweder den Kampf nicht überlebt hätten oder in Gefangenschaft geraten waren.
Der Offizier wurde ärztlich versorgt. Dann lies man ihn erst einmal richtig ausschlafen. Außerdem waren seine Verletzungen doch nicht so schlimm gewesen, wie man anfangs vermutete.

Am nächsten Tag war er dann auch schon wieder voll ansprechbar und hatte sich soweit erholt, dass er der anwesenden Truppenführung Bericht erstatten konnte, was mit ihm und seinen Männern geschehen war.

Folgendes gab der junge Leutnant zu Protokoll.

„Mir wurden zwei Trupps mit einem Panzerspähwagen zugeordnet. Meine Gruppe rückte am späten Nachmittag wie befohlen gegen eine feindliche Artilleriestellung vor, die unsere Späher kurz zuvor in der Nähe eines Dorfes getarnt liegend ausgemacht hatten. Ich gab meinen Männern den Befehl zum Angriff. Seltsamerweise trafen wir jedoch auf keine Gegenwehr und eroberten die unbemannten Geschütze im Handstreich. Noch mysteriöser wurde es, als wir danach ins dahinter liegende Dorf kamen. Überall lagen fürchterlich zugerichtete Leichen herum – auch zivile. Viele von ihnen waren bis zur Unkenntlichkeit verbrannt. Wir dachten zuerst an ein Massaker, konnten uns aber nicht schlüssig erklären, wer zu solchen Grausamkeiten fähig war. In dieser Gegend gab es auch keine Partisanen. Das war jedem bekannt. Die ganze Sache kam mir auch deshalb irgendwie unheimlich und mysteriös vor, da es in diesem Gebiet bisher noch keine Kampfhandlungen gegeben hatte. Unsere beiden Trupps marschierten vorsichtig weiter, immer über Funk in Verbindung bleibend. Wir durchsuchten die nähere Umgebung des Dorfes. Dann stießen meine Männer endlich auf einen kleinen Lastwagenkonvoi der Amerikaner, der noch mit laufenden Motoren auf einer Brücke stand. Wir schlichen uns heran und stürmten schussbereit los. Aber auch hier gab es keine Gegenwehr. Wir wunderten uns abermals darüber und durchsuchten jedes einzelne Fahrzeug. Was wir vorfanden, ließ uns das Blut in den Adern gefrieren. Alle Soldaten lagen tot und grässlich verbrannt entweder auf der Straße oder in gleicher Weise verstümmelt auf den Ladeflächen ihrer LKW’s. Beim näheren Hinsehen bemerkte ich, dass die Toten auf der Straße ausnahmslos in der gleichen Richtung lagen, als seien sie in Panik alle gleichzeitig vor etwas geflohen. Unter dem Eindruck der Ereignisse gab ich schließlich Befehl zum Rückzug. Ich ließ Sammeln und durchzählen. Beide Trupps waren vollständig. Wir wollten gerade abmarschieren, als vor uns aus dem kahlen Boden neben der Straße etwas aufstieg, das wie feiner Nebel aussah und schnell größer wurde. Schließlich kam die milchig weiße Wolke langsam auf uns zu. Dann begann der Nebel, oder was es auch immer gewesen sein könnte, von innen heraus pulsierend zu leuchten, und zwar in allen Farben des Spektrums. Er stieg immer höher und höher, bis er sich plötzlich in mehrere kleine Wolkengebilde aufteilte, die mehr als acht oder zehn Meter groß waren. Schließlich hielten die einzelnen Erscheinungen direkt auf uns zu. Ich warnte meine Leute noch und schrie, sie sollten abhauen. Alle gerieten in Panik, als es in den Nebeln zu blitzen begann. Dann kam es zu einem heillosen Durcheinander. Immer näher schwebten die Gebilde heran, dann schossen kleine Lichtstrahlen aus ihnen hervor, die einige von uns mitten im Laufen trafen. Bei jedem Treffer gab es eine helle Explosion und die Flüchtenden standen danach lichterloh in Flammen. Ich selbst sprang in meiner Todesangst instinktiv von der Brücke herunter in den Fluss, als plötzlich neben mir der nackte Betonpfeiler von mehreren dieser nadelförmigen Energiestrahlen getroffen wurde. Von ihnen ging eine fürchterliche Hitze aus. Meine Uniform fing sofort Feuer. Der Sprung ins Wasser rettete mir das Leben. Ich ließ mich von der heftigen Strömung abtreiben und konnte einen Kilometer weiter unten an einer seichten Stelle den Fluss wieder verlassen. Dann schlug ich mich bis zu unserer Stellung durch. Den Rest kennen sie ja.“
 
„Na, wunderbar“, sagte der anwesende Kommandeur mit hochrotem Gesicht, „da haben Sie uns aber eine tolle Geschichte erzählt. Das ist ja das reinste Horrormärchen. Nebelwolken, die schießen können. Das ich nicht lache! Vielleicht werden wir jetzt noch von Außerirdischen angegriffen oder die Amerikaner verfügen über eine neue Wunderwaffe, die wir noch nicht kennen. Das haut ja den stärksten Bullen um. Wie auch immer, ich kann das Protokoll so auf gar keinen Fall weiterreichen. Da müssen Sie sich schon etwas anderes einfallen lassen, Herr Leutnant!“

Daraufhin verließ der Kommandeur verärgert den Raum. Die übrigen Anwesenden folgten ihm Kopf schüttelnd, machten ihre Witze und lachten über die Aussage des jungen Leutnants, der später in ein Lazarett verlegt wurde.

Drei Tage später flogen amerikanische Luftwaffenverbände schwere Angriffe auf die dort liegenden Stellungen der deutschen Wehrmacht. Ganz besonderes Augenmerk schienen sie dabei auf das Dorf und seine nähere Umgebung gelegt zu haben, denn alles wurde dem Erdboden gleich gemacht.

Absicht oder Zufall?

Nach der Bombardierung rückten die alliierten Truppen auf breiter Front vor und überrannten die deutsche Kampflinie.

Auf einer Straße stießen nach Beendigung der Kämpfe einige GI’s auf ein Krad mit Beiwagen. In der Ledertasche des toten Kradmelders befanden sich einige militärische Dokumente, darunter auch das Protokoll des jungen Leutnants.

Ohne zu wissen, was sie da entdeckt hatten, gaben die amerikanischen Soldaten alle erbeuteten Schriftstücke an ihre nächste Befehlsstelle weiter. Irgendwann landeten sie dann im Hauptquartier der Amerikaner in Reims, wo man jedes Dokument sorgfältig auswertete.

Seit der Zeit war das Protokoll des deutschen Wehrmachtsoffiziers plötzlich verschwunden.

Aber es existierte noch eine Zweitschrift, die der Protokollführer dem Hauptmann der Kompanie überlassen hatte, der am Ende des Krieges auf verschlungenen und abenteuerlichen Wegen zurück nach Hause in seine Heimat fand ohne in Gefangenschaft zu geraten. Die Abschrift des Protokolls übergab er später einem alten Kriegskameraden, der beruflich bereits in den 60er Jahren zum Redakteur einer großen deutschen Wochenzeitung aufgestiegen war.

Als dieser hochbetagt starb, ging das gesamte Erbe an seinen einzigen Sohn über. Der fand die mittlerweile vergilbte Abschrift des Protokolls im Kellersafe seines Vaters.

Irgendwann, in geselliger Weinrunde, erzählte er mir davon. Ich interessierte mich dafür und besuchte ihn später wegen dieser Sache in seinem Haus am Starnberger See in der Nähe von München, wo er mir das besagte Dokument unterbreitete. Mir lief bei jeder Zeile, die ich las, jedes Mal ein eiskalter Schauer über den Rücken.
So entstand diese (unglaubliche) Geschichte.
 
 
 
 
ENDE


(c)Heiwahoe


© Heiwahoe


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