Zu spät

© EINsamer wANDERER

„Warnung!“, tönt eine künstliche Stimme durch die versteckten Lautsprecher der Station. „Ausfall der Schwerelosigkeit.“
Das hat mir gerade noch gefehlt. Welcher Idiot hat denn die Schwerkraft ausgeschaltet?
Mit typischen Schwimmbewegungen gleite ich durch den Raum. Über mir befindet sich irgend so ein Irrer der fröhlich vor sich hin lacht. Die manische Lache – die für andere wohl unheimlich wäre – raubt mir eher den letzten Nerv, als dass sie mir Angst einjagen würde.
Eine Erschütterung bringt den ganzen Raum zum Beben. Die Stahlträger krachen mit mehrfacher Anziehungskraft auf den Boden. Einer davon zerquetscht den Irren zu einer blutigen Pampe. Es reißen sich mehrere Löcher in der Hülle und zeigen den kalten Weltraum der mit dem gleichgültigen Funkeln der Sterne dekoriert ist.
„Warnung! Druckausfall! Warnung!“
Irgendjemand hatte wohl die Schwerkraft wieder einschalten wollen, aber es dabei irgendwie geschafft, dass die Schwerkraft sich nur auf einige Stellen begrenzte. Aber die Konzentration war viel zu stark eingestellt, wodurch die Konstruktion die Belastung einfach nicht mehr halten konnte. So stürzte es ein. Und nun befanden sich einige große Löcher in der Hülle. Wenn ich nicht schnell mache, erfriere ich, ersticke oder werde von meinem eigenen Körpergewicht zerquetscht.
Wie ein Schwimmer bei den olympischen Spielen bewege ich mich zielstrebig auf die Tür zu. Immer das Ziel im Auge behaltend.
Dort angekommen, ziehe an der Tür die sich zischend und dampfablassend öffnet.
Ich erkenne sofort die Rettungskapseln. Während ich mich eilig daran mache die Kapsel startklar zu machen, ertönt Crons Stimme erneut auf der Station.
„Wisst ihr was? Ich habe es mir anders überlegt. Ihr Typen seid für meinen Geschmack einfach viel zu langsam. Ich mache es mal interessanter. Wir befinden uns in der Umlaufbahn von Y-7. Ich weiß, nicht gerade ein toller Name für einen unbewohnten Planeten, ohne besondere Ressourcen. Wie dem auch sei … Ich habe nun beschlossen, diese Station in den Gravitationsbereich des Planeten zu steuern und sie dort abstürzen zu lassen.“
Alles vibriert und ruckelt. Mit jedem Moment wird es schlimmer. Zum Glück muss ich diese Scheiße hier nicht mitmachen, denke ich mir.
Rasch schnalle ich mich an. Es geht hier nur noch um Sekunden. Dann wäre es zu spät und die Kapsel würde samt der Station in den Tod gerissen werden.
Es wäre vermutlich ein interessanter Kampf zwischen Cron und mir geworden, aber ich hänge zu sehr an meinem Leben um bei diesem Spiel mitzuspielen.
Ich drücke den roten Knopf, der an der Decke ist und lasse die Kapsel in den Weltraum schießen.
Von der kleinen Luke aus, sehe ich wie die Station zu einem rotglühenden Feuerball wird, der auf den schlammbraunen Planeten krachen wird.
Ich wähne mich in Sicherheit.
Leider ist das ein Irrtum.
Ein piependes Geräusch, das ständig schneller und eindringlicher wird, lässt mich meinen Fehler erkennen. Es gehört zu einer Sprengkapsel die dieser Bastard montiert hat. Sobald ich mich zu weit von der Station entferne, detoniert sie.
Ich sehe mein Leben noch einmal an mir vorbeiziehen. Die Aufzucht im Labor. Das harte Training. Eine anschließende Flucht mit dreizehn Jahren die heute ihr Ende findet. Ich fühle mich seltsam ruhig. Eine geradezu unheimliche Ruhe ergreift von mir Besitz.
Ich denke nach, suche einen Ausweg. Wenn ich nur …
Die Kapsel explodiert. Es gibt keinen Knall. Einzig ein paar der verkohlten Überreste zeugen noch vom Feuer, das sofort in der Leere erstickt. Unterdessen verglüht die Station in der Atmosphäre.

The End


© EINsamer wANDERER


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Beschreibung des Autors zu "Zu spät"

Schlusswort:
Ja ich weiß, dass ich das Ende dieses Mal wieder ziemlich hingeschmiert habe. Es ist einfach so. Si-Fi ist einfach ein schwieriges Metier für mich. Es gehört mit zum Schreiben, dass man Dinge vermasselt, um so seine Grenzen kennenzulernen und um sie dann später ausloten zu können.
Und wenn ich ein Projekt aufgebe, ziehe ich es trotzdem durch. Das Endergebnis ist zwar nicht so schön, aber es hinterlässt nicht einmal im Ansatz den faden Nachgeschmack einer unvollendeten Arbeit. Also mache ich lieber weiter.
Ich hoffe, ihr hattet trotzdem Spaß damit und wünsche euch noch einen schönen Tag.

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