Mein allererstes Mal

Man muss die Zeit um ein paar Jahrzehnte zurückdrehen, um zu verstehen wie und was geschehen ist. Damals hatte das Wort “geil“ noch eine andere Bedeutung und wurde auch nur hinter vorgehaltener Hand geflüstert. Kondome wurden nur unter dem Ladentisch verkauft. Insgesamt war die damalige Zeit ziemlich prüde oder besser tat zumindest so. Allerdings war alles sozusagen in der Wandlung. Die Technik zum Beispiel schritt unaufhörlich voran. So weit so gut, es tat sich was und ich wollte mithalten.

An das Jahr erinnere ich mich nicht mehr so genau, es muss Anfang der Siebziger im letzten Jahrhundert gewesen sein. Es war klar, irgendwann musste es ja sein. Insgeheim versuchte ich es mir immer vorzustellen, wie es sein würde. Im Kopf ging ich es immer wieder durch, soweit meine Fantasie langte. Doch genau genommen war es unvorstellbar. Eine gewisse Nervosität überkam mich bei dem Gedanken daran. Gut, andere haben es auch schon gemacht, sie haben es alle überstanden. Was sollte auch schief gehen, außerdem ist es was ganz Normales.
Es stellte sich die Frage, ob es ratsam wäre, das Ganze zu planen. Andererseits hasste ich derartige Planungen. Spontanität ist doch etwas viel Schöneres und könnte dem noch einen gewissen Kick geben.

Dann kam unversehens der Tag X. Nichts ahnend saß ich im Büro, als plötzlich das Telefon mich laut schrillend aus meinen Gedanken riss. Mein Chef, Herr Gier, rief mich in sein Büro. Ein super Typ. Einer von der Sorte, der jedes weibliche Wesen zum Schmelzen bringt. Schlagartig wurde mir klar das mein Warten ein Ende hatte. Jetzt ist es so weit. Bei ihm konnte ich mir ganz sicher sein, das er über meine Unbeholfenheit hinwegsehen würde. Er ist ein Mensch der nicht nur blendend aussieht sondern auch anregend und hilfsbereit ist.
Leicht nervös und mit schweißigen Händen stand ich auf zupfte meinen Rock zurecht und bewegte mich langsam in das Zimmer meines Vorgesetzten. Meine Spannung stieg ins Unermessliche. Egal wie sehr ich mir das Gehirn zermarterte, ich konnte mir den Vorgang einfach nicht vorstellen.
Vorsichtig klopfte ich an seine Tür und trat ein. Mein Blick war auf den Boden gerichtet.
„Kommen Sie herein Fräulein Jungmaid“, bat er mich, „ sind Sie nicht auch der Meinung, dass wir ein gutes Team sind. Sollen wir es zusammen versuchen? Was meinen Sie?“
„Ja natürlich, ich bin ganz Ihrer Meinung“, gab ich leicht stotternd zurück. Insgeheim überlegte ich, ob ich richtig angezogen war. Meine Knie zitterten ein wenig. Ich war meiner Zeit weit voraus und trug zu meinem kurzen Rock Strümpfe mit Naht, die an Strapsen befestigt waren und selbstverständlich hochhackige Schuhe. Meine Figur war tadellos, daran gab es nie etwas zu deuteln. Meine Bluse gab einen großzügigen Blick auf mein Dekoltee frei. So stöckelte ich nun zum Schreibtisch von Herrn Gier. Leicht stöhnend erhob er sich. Eine Locke seines dunklen Haares fiel ihm in sein markantes Gesicht. Seine von langen dunklen Wimpern umrahmten Augen strahlten mich erwartungsvoll an. Sein sinnlicher Mund lächelte.
„Ich habe schon alles zurechtgelegt. Ist es Ihnen so recht?“, fragte er und wies in die andere Ecke des Zimmers, in der sich die Besprechungsecke, bestehend aus einem Ecksofa, Couchtisch und einem Sideboard, befand. Ich nickte nur. Was hätte ich auch sonst tun sollen?
„Kommen Sie nur“, sagte er mit seiner einfühlsamen Stimme, indem er mich hinüberdirigierte. Sein warmer Atem traf auf meinen Hals, ich atmete tief durch. Ein leichter Schauer lief durch meinen Körper.
„Lassen Sie mich mal alles ansehen, man muss schließlich wissen, womit man es zu tun hat“, meinte er, indem er an seiner Krawatte herumfingerte.
„Ja, lassen Sie uns erst alles anschauen, dann werden wir es gemeinsam versuchen. Aber bitte, fast ist es mir ein wenig peinlich, es ist für mich das erste Mal. Wenn Sie dafür ein wenig Verständnis hätten“, hauchte ich nervös. Ich bin für Ehrlichkeit.
„Für mich ist es auch nichts Alltägliches! Machen Sie sich keine Gedanken.“
Und da war es, dieses Ding. Unbeschreiblich, irgendwie imposant. Obwohl, ich hatte es mir anders vorgestellt, nicht ganz so steif, eventuell auch in einer anderen Farbe.
„Nur zu, Sie dürfen es ruhig anfassen! Es beißt nicht!“, forderte er mich auf.
Vorsichtig, ganz vorsichtig näherten sich meine Finger dem Teil. Sanft ganz sanft strichen meine Fingerkuppen darüber. Fühlte sich gut an, fast angenehm stellte ich fest. Diese Feststellung machte mich mutiger. Jetzt wollte ich die Sache in die Hand nehmen. Warum auch noch zögern. Plötzlich begriff ich, dass es etwas Wunderbares, ein unbeschreibliches Gefühl sein würde. Noch einmal atmete ich tief und schwer durch, dann schritt ich entschlossen zur Tat.
„Nun geben Sie es mir schon, lassen Sie es hinter uns bringen! Das Ding sollte endlich mal benutzt werden!“, gab ich ganz klar von mir.
„Ja das ist die richtige Einstellung! Also legen wir los! Nur zu Fräulein Jungmaid!“
Auf einmal ging fast alles wie von selbst. Es war so als hätte ich es schon hundert Mal gemacht. Es war unglaublich. So einfach. Nie hätte ich mir vorstellen können, dass eine für mich bis dahin komplizierte Angelegenheit so problemlos ist. Die Töne die durch den Raum klangen erfüllten uns mit Zufriedenheit. Ja sogar mit Dankbarkeit. Uns beiden war bewusst das soeben etwas Unfassbares passierte. Es war einfach nicht vorstellbar, dass so etwas möglich ist. Dennoch erfüllte es uns ein wenig mit Glückseligkeit.
„Unglaublich Fräulein Jungmaid!“, meinte er, „können Sie sich wirklich vorstellen, dass dieses Fax in wenigen Minuten in Japan ist?“
„Nein, aber ist das nicht wunderschön?“


© IDee


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Beschreibung des Autors zu "Mein allererstes Mal"

Fräulein Jungmaid erinnert sich an ihr erstes Mal ...

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