Eine ghultastische Wiederauferstehung

© EINsamer wANDERER

Ghule.
Niederste der Niedersten in der Hierarchie des Untodes.
Werden sie verlacht von jedermann, während ihre Hände in der Friedhofserde nach den Särgen der Verstorbenen scharen.
Doch dies war nicht immer so.
Lasst euch von mir, Ghulerix – der sich selbst als untot sehender Erzähler, der sich noch bester Gesundheit erfreut – die Geschichte des Gottghules Gawrila erzählen:
Niemand weiß genau, woher dieses Wesen kam, noch was es wirklich war.
War es wirklich ein Ghul? War es ein Gott? Ein Gott von einem Ghul oder ein Ghul von einem Gott?
Niemand weiß es so genau.
Eben jener Gawrila versammelte sämtliche Friedhofsscharer der Dämonenwelt um sich, um eben jenen Planeten zu erobern.
Ungezügelt und gefürchtet streiften seine Artgenossen durch die Lande und verbreiteten Chaos und Schrecken.
Endlich wurden die Niederen nicht mehr verlacht und verspottet. Nun waren sie die Ge-fürchteten.
Doch eine namenlose Hexe hielt ihren Anführer mit den Heerscharen ihrer Dämonen auf und sperrte seinen Körper in einen silbernen Sarg. Sein Geist wurde ins Nichts verbannt, wo der Wahnsinn sich seiner annehmen sollte.
Der Körper wurde auf einem Friedhof an einem unbekannten Ort verscharrt, wo Gawrila nie wieder Schaden anrichten sollte.
Nun wurden die Ghule erneut verlacht und erniedrigt.
Mal wieder.
Wütend knurrend beugten sie sich erneut in ihrer ihr verhassten Rolle.
Mal wieder.
Seitdem sucht jeder Ghul nach dem einen Friedhof auf dem Gawrila versteckt liegt. Sie schaben und graben Tag und Nacht danach.
Unentwegt.
Unermüdlich.
Doch dann kam ein Ghul in dem Friedhof eines kleinen Untotendorfes und die Geschichte von Gawrila wurde fortgeführt.
Mal wieder.
Doch dieses Mal würden keine Heerscharen gegen ihn ins Feld ziehen.
Sondern nur zwei Hexen…

Krachend fiel die alte hölzerne Tür zu Boden, geborsten in den Angeln.
Ungeachtet des Lärms oder der Randale, trat eine junge Frau mit langen schwarzen Haa-ren herein, während sie von den anwesenden Skeletten in ihren altmodischen Bauerntrachten ängstlich aus den toten Höhlen angestarrt wurde.
Die Hexe trug ausschließlich schwarze Kleidung. Hose, starke Stiefel mit Stahlkappen, eine kurzärmlige Weste mit einem roten A in einem Kreis auf dem Rücken und ein schwarzes T-Shirt auf dem im Bauchnabelbereich `0% Bock auf Arbeit´ stand, während im Brustbereich `100% Bock auf Party´ zu lesen war. Auf ihrem Rücken befand sich ein schlankes Lang-schwert in einer dunklen Lederscheide. Am Griff war ein blauer Stein befestigt, in dem ein runenverzierter Druidenfuß befestigt war.
Neben dem Teenager schritt ein ausgehungerter sechsäugiger Hund mit pechschwarzem Fell. Die Augäpfel des Hundedämons waren blutrot und stierten aggressiv in die Runde, ob-wohl der ausgemergelte Straßenköter nicht bedrohlich wirkte.
Doch bei einem Dämon konnte man da nie sicher sein. Ihre Macht ließ sich nur selten durch das Äußere erschließen, auch wenn der Dämon des Herzens stets einer Hexe Macht symbolisierte. Anhand der Erscheinung ließ sie sich jedoch nur schwerlich ausmachen.
Stumm schritt das Mädchen auf einen freien Tisch zu, ließ sich genervt stöhnend auf ei-nem der freien Stühle nieder und schlug die Beine lautstark auf den Tisch.
Genüsslich zog sich Raven, die rebellischste Schülerin der Dämonehexenschule eine Ziga-rette der Marke Skullys an. (Raven=Diese Verantwortungslosigkeit in Person wird mal Lehrerin!)
Unterdessen schritt eine ältere Frau mit wettergegerbter Haut in Tarnuniform und – bis auf eine schwarze Tolle – ergrautem Haar herein.
Mit einer missbilligenden Miene sah sie Raven an und versuchte mit ihrem strengen stahl-grauen Blick den Zögling zu erwürgen.
Besonders auffällig war das rechte Auge der Frau, an dem sich Narben in Form eines Fa-denkreuzes befanden.
Salma (=achtet auf ihre Jacke!) verschränkte die Arme streng hinter ihrem Rücken und drückte das Kreuz durch. »Was glaubst du, was du da tust, junges Fräulein?«, fragte die Leh-rerin mit unerbittlicher Strenge.
Raven zuckte mit den Schultern. »Chillen«, antwortete die junge Frau mit der Kippe im Mund, deren Qualm inzwischen einen Totenkopf formte.
Salmas Stimme schnitt durch die Luft und ließ alle Anwesenden das nicht mehr vorhan-dene Blut in den Adern gefrieren. »Wir sind aber nicht hier, um uns zu vergnügen!«
»Für diesen Ghul verpasse ich so oder so meine Lieblingssendung. Warum also die Eile? Der läuft uns eh nicht weg.«
Ein Skelett in zerrissener Bauerntracht erhob sich von seinem Platz. »Soll das heißen, ihr seid wegen des Ghuls hier?«
»So ist es«, bestätigte Salma. »Wir sind im Auftrag der Dämonenhexenschule hier, um ihn zu beseitigen. Das heißt, meine Schülerin wird es tun. Ich bin nämlich nur hier, um sie zu prü-fen und werde das Ganze daher eher beobachten und dementsprechend beurteilen. Sollte sie jedoch in Gefahr geraten,«, den folgenden Zwischensatz knurrte sie zwischen ihren zusam-mengebissenen Zähnen hervor, »was so ziemlich immer der Fall ist, werde ich sie dement-sprechend unterstützen. Aber solange sie nicht wiederholen muss…«, Salma ließ den Satz unvollendet im Raum stehen, als sage er alles.
»Und wenn schon. Dann bleib ich eben halt wieder mal sitzen«, meinte Raven entnervt.
»Das wäre dann schon dein drittes Mal!«
Wieder zuckte die junge Hexe nur lustlos mit den Schultern, während sie den Kopf ihres Dämons Killar tätschelte.
Salma rieb sich frustriert das Nasenbein und murmelte die Frage, was sie nur bei Raven falsch gemacht hatte.
Unterdessen entspannten sich die Untoten sichtlich und trugen ihre Aussagen zu den Schandtaten des Zieles dieser Mission vor. »Gut, dass ihr Hexen hier seid! Dieser Ghul hat unsagbaren Schaden angerichtet! Bei der Witwe Müller hat er die Dachschindeln geklaut!«
»Er hat die Hausaufgaben meiner Kinder gefressen! Zumindest behaupten sie das!«
»Wegen ihm habe ich eine Bindehautentzündung!«, tönte eines der Skelette, dessen Au-gen schon vor Jahrhunderten vertrocknet waren.
»Ist das alles? Und wegen so etwas lasse ich Devil May Cry sausen?« Raven war wenig beeindruckt.
Auch wenn ihre Noten nicht besonders waren, so überzeugte sie doch jeden mit ihren Fer-tigkeiten.
»Dieser Auftrag ist schließlich auch für jemanden gedacht, der schon zwei Mal die Klasse wiederholt hat! Und auf den man nur hoffen kann, dass er versetzt wird! Du könntest schon längst auf eigenen Beinen stehen, wenn du dir etwas mehr Mühe geben würdest! Also ver-sprich mir, dass du es dieses Mal nicht versauen wirst!«
Raven überhörte die harschen Worte einfach. Sie schaute ausschließlich zur Decke, um nicht in die Augen von Salma zu schauen.
Plötzlich zog eine Kugel haarscharf an ihrem Ohr vorbei und fraß sich in die Holzwand hinter ihr.
Raven versuchte vor Schreck keine Miene zu verziehen, was ihr aber nur mittelmäßig ge-lang.
Salma hatte nämlich in eine der endlosen Taschen ihrer Jacke gegriffen und eine fünf Mil-limeter herausgeholt, die nun rauchend auf die junge Schülerin zeigte. »Ich erwarte eine Ant-wort!«
»Ja.«
»Ja, was?«
»Ja, Ma´am«, maulte Raven.
Nun wandte sich Salma an die knöcherne Menge, die sich verschreckt gegen die Wände drückte.
Mal wieder.
Die ältere Hexe richtete den immer noch rauchenden Lauf zur Decke, als sie fragte: »Wo geht es hier zum nächsten Friedhof?«

Ghule liebten von Natur aus Friedhöfe. Hier fanden sie immer was zu fressen. Aasfresser wa-ren jedoch unter den Untoten nicht gerne gesehen, wie jeder weiß.
Es galt als armselig und verabscheuungswürdig für einen wandelnden Toten nichts Le-bendes, Schreiendes zu verspeisen. Viele bezeichneten die Ghule deshalb abwertend als die Hartz-IV-Empfänger des Untodes.
Gawrila hatte seinen Mitghulen jedoch stolz beigebracht und noch etliche seiner fana-tischsten Anhänger suchten ihn, um die alten Zeiten erneut auferstehen zu lassen.
So auch der alteingesessene Ghul Flubert, der sich gerne in die Trachten französischen Adels des siebzehnten Jahrhunderts kleidete, um zu zeigen, dass er ein Untoter von Welt war und sich nach der neusten Mode des einundzwanzigsten Jahrhunderts zu kleiden wusste.
Flubert grub wie es sich für einen Vertreter seiner Art geziemte im modernden Dreck eines Friedhofes, obwohl dies sein altehrwürdiges Gewand mitsamt der meterhohen weißen und parfümierten Perücke verschmutzte.
Mal wieder.
Seine toten Augen leuchteten vor Freude, als er endlich fand, was er suchte.
Einen Knochen.
Manche Ghule konnten aus den Knochen der Toten ihre Magie beziehen und somit ihre eigene Kraft für kurze Zeit steigern.
»Endlich«, sagte er voller Vorfreude mit seiner quietschigen Stimme.
»Hey, du!«, brüllte Raven.
Flubert drehte sich um und sah sie mit Salma zusammen am Friedhofstor stehen.
Der Ghul konnte sich denken, weshalb sie hier waren. Diese Hexen durften unter keinen Umständen die großartige Auferstehung verhindern!
Mit einer ausholenden Geste rief Flubert: »Kümmert euch um sie! Wir haben keine Zeit für nerv tötende Hexen.«
Dann machte er sich aus dem Staub.
Er blickte noch nicht einmal zurück, wie sich die zahllosen beschworenen Toten aus ihren Gräbern erhoben, um die Hexen zu vernichten, denn der Fluch würde nicht lange anhalten.
Flubert bezweifelte dennoch, dass es zwei einzelne Frauen – ob nun magisch begabt oder nicht – es mit einer solchen Anzahl untoter Körper aufnehmen konnten.
Unterdessen floh der Ghul in die Kirche, wo der silberne Sarg auf dem Altar lag.
Als Flubert vor ihm stand, sprach er magische Formeln und entzog nebenbei dem Knochen seine Energien, um seine eigene magische Kraft zu steigern. Der Knochen verwandelte sich in seiner kalten Hand zu Staub.
Die Formel tat ihr übriges und öffnete den Sarg, dessen Magie über die lange Zeit schwach und veraltet war. Heutzutage konnte man solche „Old-School-Zauber“ in Nullkom-manichts lösen, während sie zu ihrer Entstehungszeit praktisch unmöglich zu brechen waren.
Schließlich machte es klick und der Sarg öffnete zischend und dampfend seinen Deckel.
Gawrila öffnete seit einer endloslangen Zeit seine pupillenlosen pissgelben Augen, um die Weltherrschaft an sich zu reißen.
Mal wieder.

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Als Flubert floh, drehte Raven sich zu ihrer Lehrerin um, aber die war verschwunden. So wie die junge Hexe sie kannte, hatte sie sich auf einen erhöhten Punkt zurückgezogen und würde ihr mit einem schweren Scharfschützengewehr Deckung geben.
Raven sprang lässig über den Zaun des Friedhofes, zog ihr Schwert und sprintete mit einer Heidenfreude auf die Horde zu.
Wie Butter schnitt die scharfe Klinge durch das verrottende Fleisch der wandelnden Ka-daver.
Einige Zombies rissen die Grabsteine aus der Erde und warfen sie nach der Hexe.
Raven durchschnitt gerade einen der besagten Steine auf dem `Hier könnte ihre Werbung stehen´ geschrieben stand, als ein Zombie sie von hinten packte und sie meterweit durch die Luft schleuderte.
Krachend prallte sie zu Boden neben zwei Grabsteinen auf denen einmal `Er wusste zu viel´ und `Er wusste zu wenig´ zu lesen war.
»Okay, dann eben auf die harte Tour«, knurrte der Teenager.
Ein diabolisches Lächeln umspielte ihre Lippen. Endlich kann ich meinen neuen Trick einsetzen.
Mit Zeige- und Mittelfinger fuhr sie über die Klinge ihres Schwertes, aus welchem jetzt schwarzer Rauch entstieg. »Dämonische Bessessenheit!«
In der Klinge war auf einmal der Dämonenhund Killar zu sehen, wie er bellend und knur-rend die Untoten herausforderte.
Mit einer rasenden Geschwindigkeit sprintete Raven auf ihre Gegner zu.
Ihr Arm verschwamm als er mit der Klinge Fleisch und Sehnen surrend durchschnitt.
Mit der `dämonischen Besessenheit´ konnte Raven ihren Dämon in eine Waffe bannen und damit ihre eigene Kampfkraft enorm erhöhen, was die Untoten schmerzhaft zu spüren bekamen.
Den letzten Kadaver kickte Raven mit Leichtigkeit gegen einen Grabstein auf dem `Er starb wie er lebte – gar nicht´ zu lesen stand.
Der Untote riss die Gedenktafel mit sich und landete schlussendlich gegen den Unter-schenkel eines circa drei Meter großen Untoten.
Er war adipös und die verrotteten Gedärme hingen aus seinem voluminösen Wanst heraus. Zudem besaß er groteskerweise zwei Köpfe. Einen normalen und einen kleinen verkrüppelten. Beide wurden beständig von Fliegen umschwirrt.
Laut brüllend und eine Keule wild um sich schwingend stapfte der hünenhafte Fleisch-klops auf Raven zu, wobei er den anderen Untoten unter sich zu blutigem Brei zerquetschte. Mit jedem Schritt hinterließ sein Fuß eine blutige Spur mit Fleischfetzen und Knochensplit-tern.
Raven warf ihre Klinge auf den Riesen.
Wirbelnd sauste das Schwert auf den Untoten zu. Wie eine Säge fraß sich die rotierende Klinge in das tote Fleisch. Durch die hohe Geschwindigkeit blieb der riesige Fleischklops bewegungslos stehen und konnte nichts weiter tun, als tatenlos zuzusehen wie er in zwei Hälf-ten zersägt wurde.
Raven unterdessen umrundete den Gegner, zog im Lauf zwei Dolche und griff den gewal-tigen Untoten von hinten an. Die Dolche fuhren wie Butter durch das Fleisch.
Schließlich hörte ihr Gegner auf zu stöhnen und war schließlich tot.
Mal wieder.
Lässig steckte die Hexe ihre Dolche weg, um darauf in einer flüssigen Bewegung nach dem Schwert zu greifen, welches wirbelnd aus dem Rücken des Toten stieß.
Sie verstaute es auf dem Rücken und wandte sich der Kirche zu, in die Flubert geflohen war.
Ein seltsamer Klang ließ sie jedoch inne halten.
Misstrauisch drehte die Hexe den Kopf um, doch da war nichts als ein Haufen Leichen. Schulterzuckend wandte sie sich wieder zum Gehen.
Sie war gerade mal ein paar Schritte gelaufen, als ein reißendes Geräusch hinter ihr ertönte und ein weiterer Untoter aus dem toten Leib des adipösen Zombies – im wahrsten Sinne des Wortes – entsprang.
Er stieß mit ungeheurer Geschwindigkeit auf Raven mit einem Fleischerbeil und einem wilden Grinsen auf dem Lippen hinab.
Die Hexe überlegte einen Moment, wie sie aus dieser Situation heil herauskommen könnte.
Doch es gab keinen Ausweg. Egal was sie hätte tun können, es war bereits zu spät.
Ein plötzlicher Knall.
Der Flug des Ghules endete und er fiel wie ein toter Sack voller Maden, der er auch letzt-lich war, zu Boden und verstarb.
Mal wieder.
»Pass gefälligst auf deine Deckung auf, Kleine! So ein Schlachtfeld ist kein Kinderspiel-platz wo du Zeit zum Weinen bekommst, wenn dich einer der bösen Jungs haut.«
Salma schulterte ohne sichtbare Mühe ein zweimeterlanges Scharfschützengewehr mit gelber sich langsam abblätternder Lackierung, während sie mit knirschenden Schritten auf ihren Schützling zuging. Ohne ein weiteres Wort verstaute sie diese ellenlange Waffe in eine ihrer endlosen kleinen Westentaschen.

In der Kirche fand unterdessen ein Gottesdienst zu Ehren des Gottghules statt.
Es war eine konventionelle Kirche die dem Untot geweiht war (inzwischen jedoch als Hauptquartier der Sekte umfunktioniert worden war) und deren Buntglasfenster deshalb den grimmigen Sensenmann in verschiedenen Lebenssituationen zeigten. Wie Gevatter Tod sich zum Beispiel eine Kugel in den knöchernen Schädel jagte, erhängt von der Decke baumelte, sich in die eigenen Sense stürzte oder beim Rasen mähen.
Gebieterisch und mit einer theatralischen Stimme las Flubert aus dem Buch der Wahrheit vor, welches die Bibel ihrer kleinen Sekte darstellte. Er las gerade eine der heiteren Geschich-ten von Flausch und Fluff vor. »Zu recht preist du mir Gawrila, sagte Fluff, denn wahrlich, Er bedachte dich mit gar vorzüglichem Gesichtssinn! Doch mich dünkt, es war nicht die Wahr-heit, die du schautest. Verrate mir also: Sind da nicht auch jene, die zwar ghulig scheinen wol-len, ohne es aber wirklich zu sein? – Ei freilich, sagte Flausch. Doch wie, oh Herrlicher, ver-mag ich diese beiden zu unterscheiden?«
Unterdessen saßen zwei bekiffte Teenager-Ghule auf einer der hinteren Bänke und unter-hielten sich leise miteinander. Ihren Stimmen nach war das Zugedöhntsein bei ihnen inzwi-schen keine Seltenheit mehr.
Mehr Zuhörer besaß die Religion nicht.
Noch nicht.
»Was soll der ganze Scheiß hier eigentlich?«
»Keine Ahnung. Mein Alter meinte noch, dass es voll dufte hier gewesen sein soll.«
»Dufte?«
»Ja, ich weiß, voll Retro.«
»Aber was labert der da vorne für eine gequirlte Wichse? Ich meine, hallo! Fluff und Flausch! Und was hat das Ganze mit Eso- … Eso-? … Eso-, du weißt schon, was ich meine.«
»Esothorik?«
»Ja, man!«
»Keine Ahnung. Tu aber so, als würdest du voll krass drauf abfahren, sonst gibt es be-stimmt kein Geld nachher.«
»Oh ja!«
Plötzlich krachte die Tür aus den Angeln und hätte Flubert um ein Haar die ellenlange Pe-rücke vom Kopf gerissen.
Das durch die Luft segelnde Objekt zerstörte dafür aber ein Buntglasfenster welches einen kleinen Jungen in einer orangen Jacke zeigte. Das Gesicht unkenntlich gemacht durch eine zusammengesurrte Kapuze und unter der Abbildung stand nichts weiter als ein Name. Kenny.
Aus dem Staub des Geschehens traten Raven und Salma.
»Los, ihr beiden Faulpelze! Ran da!«, schrie der Gawrila-Anhänger sofort.
Damit verschwand er in die tieferen Ebenen.
Stöhnend erhoben sich die einzigen Ghule im Raum von ihren Plätzen.
»Zuerst dachte ich, dass das hier eine richtig chillige Revolte würde. Niemand versucht uns aufzuhalten und wir erobern die Welt, während wir gemütlich kiffen.«
»Welches Ende vom Schwert sollte man gleich noch mal nicht anfassen?«
»Die Klinge?«
»Aua!«
»Was isʼn?«
»Du sagtest doch, dass der Griff nicht weh tut!«
»Du hast aber die Klinge angefasst.«
»Das sollte ich doch auch!«
»Nein, du solltest den Griff anfassen.«
»Ach so.«
»Ich glaube, ich bleibe noch ein Weilchen hier und gucke deinem krassen Blut beim Trop-fen zu. Ist dir schon mal aufgefallen, wie viele Farben da drin sind? Voll krass. Ich hoffe, dass dauert hier noch ein paar Monate, bis das sich wieder schließt.«
Der andere Ghul stimmte mit ein. Die Hexen hatten sie ganz vergessen.
Andersherum war es jedoch genauso. Während ihres Gespräches waren die beiden Frauen an den Lakaien vorbeigegangen, ohne sie weiter zu beachten.

»Das war ja schon fast ZU einfach«, meinte Raven, während sie mit ihrer Lehrerin durch die Katakomben rannte.
»Freu dich nicht zu früh. Noch ist es nicht vorbei.«
Schließlich erreichten die beiden einen großen Saal aus dunklem Stein, in dessen Wände die Köpfe von Untoten zu sehen waren, wie sie Gevatter Tod inklusive seines schwarzen Ge-wandes verschlagen. Die Decke wurde von Säulen aus den Knochen der Toten getragen. Dort thronte der Gottghul Gawrila (= Er fand die Wahrheit auf dem Krabbeltisch bei Aldi.)
Der untersetzte, glatzköpfige Gott kleidete sich vorzugsweise in eine Offiziersuniform und einer Mütze auf der sich ein roter Botton mit einem großen G darauf befand.
»Verzeiht, Meister, dass euch dieses Gewürm belästigt. Diese trotteligen Handlanger wer-den dafür bezahlen«, quietschte Fluberts Stimme durch den Raum.
»Blöde währt am längsten«, meinte der Gott monoton.
»Also soll ich sie nicht bestrafen?«
»Aus Ressentiments Mund klingt alles wie eine Anklage.«
»Hä?«, fragte Flubert verwirrt, der erst jetzt zu merken schien, dass der große Gottghul während seiner langen Gefangenschaft wahnsinnig geworden war und nun nur noch irgendei-nen philosophischen Non-Sense von sich geben konnte, der sich dafür jedoch gut als „die Wahrheit“ verkaufen ließe, wenn man die richtige Marketing-Abteilung besaß.
Unterdessen wandte sich Salma an ihre Schülerin. »Gut, Raven. Jetzt kannst du dich be-weisen. Entweder du tötest den Handlanger oder den Boss. Ich übernehme dann den ande-ren.«
»Boss«, war alles was die Hexe sagte.
Innerhalb einer Sekunde war der Kampf zwischen Flubert und Salma zu Ende, da der Ghul gar nicht schnell genug reagieren konnte, um ihrer Kugel auszuweichen.
Stumm fiel der Diener zu Boden, während seine Perücke unnatürlich laut krachend und Melodram auf dem Boden landete.
Salma räumte das Schlachtfeld, um den Zweikampf zwischen Raven und dem Gottghul von der Wand aus zu beobachten. Dabei verstaute sie ihre Waffe wieder in eine der Westenta-schen.
»Nur noch du und ich, Fettsack.«
Schneller als man es seiner untersetzten Erscheinung zugetraut hätte, bewegte sich der Gott auf Raven zu.
Blitzschnell zog die Hexe ihr Schwert und schlug Gawrila den Kopf ab, aber dennoch musste sie der angreifenden Hand ausweichen, da der Körper nicht rechtzeitig zum Stehen kam.
Nur mit knapper Not konnte sie der Schockwelle ausweichen, die den Saal in zwei teilte.
Wenn ich nicht aufpasse, bin ich geliefert, dachte die junge Hexe.
Als sie wieder auf dem festen Boden landete, fuhr sie mit den Zeige- und Mittelfinger über die Klinge.
»Dämonische Besessenheit«, murmelte sie.
Wieder stieg schwarzer Rauch aus dem Schwert und Killar war in der Klinge zu sehen.
Mit einem Hieb ihres Schwertes verursachte sie eine Schockwelle, die die Kirche erneut in zwei Teile spaltete.
Der Gott wich jedoch einen Schritt zur Seite aus.
Böse Grinsend griff Gawrilla hinter seinen Rücken und zog eine Peitsche hervor.
Sie war nichts weiter als ein Wurm, mit einem ovalen Maul voller schiefer Zähne, die wie Grabsteine aussahen und auf denen Runen eingeritzt waren.
»Es geht immer nur um Drogen, und Musik.«
»Na wenn du es sagst, Alter.«
Blitzschnell überbrückte Raven die Entfernung zu ihrem Gegner.
Doch dieser schwang seine Wurmpeitsche nach ihr, die auf einmal viel dicker und länger war, und schlug die junge Hexe gegen die nächste Wand.
Benommen erhob sich Raven wieder und stürmte erneut auf Gawrila zu.
Dieses Mal stieß er jedoch die Peitsche wie eine Klinge nach vorne und der Wurm war plötzlich so groß wie eine Eisenbahn und sauste auf die verdutzte Raven zu.
Ohne große Mühe, schob der Gottghul die Hexe vor sich her, obwohl sie mit beiden Bei-nen einen festen Stand besaß und das Schwert schützend vor sich hielt.
Dennoch wurde Raven mit Leichtigkeit gegen die Wand gedrückt.
Mal wieder.
Die Augen glasig und der Bewusstlosigkeit nahe, blieb die Hexe in der Wand stecken.
Mit einem Mal fing sie sich jedoch.
Sie beschwor eine klebrig-schwarze Masse in ihrer Hand herauf und drückte diese in den harten Steinboden.
Dann sprach sie leise eine Zauberformel und ließ die Runen auf ihrem Schwert kurz schwarz aufleuchten.
Dann spurtete sie wieder los.
Dieses Mal war der Wurm wieder erheblich größer.
Der Kopf Gawrilas – der auf dem Boden lag – lächelte siegessicher.
Doch der Angriff wechselte unerwartet die Richtung und ging über Raven hinweg, genau auf die schwarze Masse zu, die inzwischen die Figur eines lächerlich aussehenden schwarzen Katers war, der leicht hin und her wiegte.
Der Zauber `schwarze Katze´ erstellte einen Strohmann, der sämtliche Angriffe abfing und den Beschwörer damit schützte. Jedoch konnte dieser Zauber nicht länger als einem Angriff standhalten, weshalb die jetzige Attacke von Raven sitzen musste.
Sie war kurz davor, den Gottghul in zwei Hälften zu teilen, änderte jedoch im letzen Mo-ment ihre Taktik und stieß dem Gott die Klinge direkt ins Herz.
Ihre Hände lösten sich vom Griff und Raven vollführte komplexe Handzeichen.
Nachdem sie fertig war, passierte einen kurzen Augenblick lang gar nichts.
Dann leuchteten erneut die Runen auf, es öffnete sich ein schwarzes Portal im Herzen des Gottes und sog den Körper mit samt dem abgetrennten Schädel in eine andere Welt.
Danach schloss es sich wieder mit ein paar Handzeichen.
Keuchend und schnaufend vor Anstrengung blickte die junge Hexe zu ihrer Lehrerin.
»Und? Hab ich bestanden?«

The End


© EINsamer wANDERER


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Beschreibung des Autors zu "Eine ghultastische Wiederauferstehung"

Hier eine Commission für dasghul

Dieser wollte gerne eine Spezial-Episode der Trümmertruppe in der Ghule drin vorkommen sollte.
Da die Storyline an sich noch nicht soweit für ein Special wäre und ich derzeit etwas anderweitiges für diese Reihe geplant habe, wollte ich in die Vergangenheit reisen, bevor die Trümmertruppe überhaupt erst entstand. Dennoch gehört diese kleine Geschichte hier in gewisser Weise zu der eigentlichen Hauptstory. Auch wenn ich noch nicht verraten möchte, wieso weshalb warum.
Wer Kapitel 3 gelesen hat weiß zum Beispiel, dass Salma eigentlich vollkommen graue Haare hat, weshalb ich sie hier mit einer schwarzen Tolle versehen habe.

Ansonsten möchte ich noch erwähnen, dass ich original Zitate aus den Gebilden von dasGhul genommen habe, da ich mir keinen besseren Weg vorstellen konnte seine Sprache richtig darzustellen.

Das war es dann auch von mir. Ich hoffe ihr hattet eure Freude daran.
Seht euch auch noch einmal die eigentliche Storyline an: (Coming Soon)

Sämtliche Rechte (bis auf Gawrilla)liegen bei mir. Das Kopieren oder Veröffentlichen unter eigenen Namen ist illegal!




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