Seit ein paar vielen Jahren nehmen bei uns die Krokodile über Hand und Fuß! Deshalb habe ich mir auch eines zugelegt, zugestanden, mich einem ausgesetzt, um es zu lieben...denn Liebe ist DAS Zauberwort unserer Zeit...der Zeit der Krokodile. Alle wollen eben geliebt werden – auch Krokodile, denn Krokodile können weinen!

Mein Krokodil ist für mich so liebenswert als wäre es mein eigenes Kind. Zugegeben, ich habe es nur adoptiert weil es eine grauenhafte Kindheit hatte und aus einem grauenhaften Land kommt, wo Krokodile einfach nichts mehr zu fressen finden, denn dort gibt es einfach viel zu viele Krokodile. Da kann ja nichts übrigbleiben.

Es hat sozusagen eine ganz eigene, dramatische Geschichte! Das macht es für mich noch liebenswerter. Und deshalb habe ich mir vorgenommen ihm ganz viel zu verzeihen und ihm zu helfen wo ich nur kann. Natürlich muss ich vorsichtig sein – umarmen sollte ich es lieber nicht, obwohl mir das schon Spaß machen würde...

Sein kalter, schuppiger Geist wirkt ja neuerdings sehr anziehend, vor allem auf meine Artgenossinnen, die Krokodile immer anziehender finden. Mich irritiert dagegen schon eher seine Schnappatmung. Abgesehen von seinen Krokodilstränen hat es diese seltsame Eigenart nach allem schnappen zu müssen was sich um es herum bewegt und nicht wie ein Krokodil aussieht.

Kürzlich kam der Nachbar vorbei und schnapp – weg war er! Das habe ich meinem Kroko zunächts ja noch wohlwollend nachgesehen. Der Nachbar war eh ein ekliger Typ, der immer von krokodilfreien Zonen gesprochen hat. Er wollte beispielsweie unser ganzes Land krokodilfrei halten. Wo gibts denn sowas?! Krokodile haben schließlich das gleiche Recht überall dort zu leben wo sie wollen! Nicht nur wir nicht!

Allerdings muss ich jetzt, glaube ich, doch Maßnahmen ergreifen, die zur Eindämmung seiner fröhlichen Aktivitäten führen. Es schnappt mit seinem großen Großmaul leider immer wieder nach allerlei Lebewesen. Es gehen jetzt schon eine Frau am Badestrand, ein unbeaufsichtigtes Kind und ein Polizist auf sein Konto. Das kann einfach nicht so weitergehen, denke ich wenigstens...

Zwar hat man mich schon zu beruhigen versucht und gesagt "Das arme Krokodil kann doch nicht anders, es hängt dem Krokodilsglauben an, wo es einen Krokodilsgott gibt, der einfach nicht wahrhaben möchte, daß es noch etwas anderes als Krokodile gibt", aber so richtig befriedigt mich das nicht. Ich werde es einmal, versuchshalber, in psychiatrische Behandlung geben...

Aber das ist gar nicht so einfach wie es sich anliest. Da muss man schon aufpassen. Warum? Nun, ich habe es schon einmal zaghaft versucht, aber der 1. Arzt, in dessen Obhut ich mein liebes Tierchen bringen wollte hat mir auf den Kopf zugesagt: "Wissen sie eigentlich was sie sich da zugelegt haben?! Es handelt sich um ein KROKODIL! Krokodile schnappen nach allem das nicht wie ein Krokodil aussieht!"

Natürlich hat mich das nicht besonders beeindruckt. Ich bin wieder mit meinem Krokodil nach Hause gegangen und habe es dort vorsichtshalber im Keller verstaut. Ich war furchtbar grausam! Doch nach ein paar Anläufen ist es mir schließlich doch gelungen einen verantwortungsvollen Therapeuten aufzutreiben, der sogar Beziehungen zur Regierung hat.

Der hat nur gemeint: "Die Aggressivität ihres Schutzbefohlenen (von einem Krokodil hat er nichts erwähnt) wird sich legen, wenn mehr Krokodile bei uns wohnen als wir beaufsichtigen können. Dann übernehmen die Krokodile die Herrschaft im Lande und ihr harmloses 'Wurstschnappen' wird belanglos sein. Bis dahin werde ich ihm eine geeignete Versorgung angedeihen lassen!"

Es soll sich bis zur Machtübernahme seiner Mitkrokodile noch ein wenig zurückhalten und behaupten es wisse nicht warum es andauernd zuschnappen müsse, es vermute aber, daß dies aus Liebe geschieht. Und was soll ich sagen?! - genau das habe ich immer vermutet. Niemand auf der großen, weiten Welt schnappt gerne nach allem was sich bewegt und nicht wie Krokodil aussieht...außer ein Krokodil vielleicht. Aber das kommt auf die Sichtweise an...es gibt eben viel (zu viele)e Wahrheiten.

Ich und mein Krokodil

© Alf Glocker


© Alf Glocker


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