Prolog 3 - Rekrutierung des fremdartigen Schamanen

© EINsamer wANDERER

Knarrend wälzten sich die Räder des Wagens aus dem Schlammloch, bevor sie ein paar Meter weiter Halt machten. Urkrosh bemühte sich seine Konzentration aufrechtzuerhalten. Aber die Spannung darüber, in einem neuen Dorf angekommen zu sein, machte das Meditieren fast unmöglich. Wieder ein kleines Bauerndorf in diesem seltsamen Land. Wieder ein Tag voller Erniedrigungen. Aber es war das Recht der Ahnen und Geister ihn zu verdammen. Schließlich hatte er sein Totem verloren. Und gefangen in einem Wanderzirkus von Ort zu Ort zu reisen, erschien für den Orkschamanen die angemessene Strafe zu sein.
Er saß in einem halbvermoderten Karren. Dicke Gitterstäbe und Ketten aus Gusseisen an Fuß- und Handgelenken hielten ihn. Überall lag schimmliges Stroh umher. In einigen dunklen Ecken quickten Ratten, mit denen sich Urkrosh bereits angefreundet hatte, aufgeregt umher.
Einiges Stimmengewirr umrundete Urkroshs Käfig. Anscheinend wurde sein Gefängnis von einer Anzahl neugierigen Menschen beäugt. Den Stimmen nach zu urteilen, hatten sie nur wenige Sommer gesehen. Es mussten also die Jungen der Menschen sein.
Der Zirkusdirektor versuchte zuerst die Kinder zu vertreiben, doch als das Gewirr von Stimmen sich vervielfachte, gab er nach.
>>Ich verstehe Sie ja, aber vor unserer Darbietung kann ich das Tuch leider nicht entfernen, sonst bringt es Unglück<<, versuchte er die Spannung weiter nach oben zu treiben und tat nach einigen Momenten so, als wenn er sich erweichen lassen würde. Mit einem Ruck wurde der schmutzige von Löchern übersäte Vorhang heruntergezogen. >>Sehen sie her! Der grässliche Ork!<<
Der Zirkus befand sich in einem kleinen, dreckigen Dorf. Es war mehr eine kreisförmige Ansammlung von heruntergekommenen Holzhütten mit Strohdächern in einem kargen Wald voller dunkler Bäume, aus denen anscheinend nicht nur das Holz für den Hausbau genutzt wurde. An den hölzernen Pfählen waren Ziegen und Hunde gebunden. In Pferchen wurden Schweine gehalten. Das Gackern von umherlaufenden Hühnern war zu hören. Urkrosh glaubte sogar den Geruch von gefangenen Hasen zu riechen.
Die Menge rosahäutiger Wesen machte erstaunt einen Schritt zurück, nur um dann tuschelnd näherzutreten.
Urkrosh hatte Probleme zu sehen. Seine dunkelbraunen Schweinsäuglein waren die Helligkeit der Wüste gewöhnt und nicht das Zwillich eines wolkenverhangenen Himmels.
Für einen Ork war Urkrosh ungemein klein, ebenso wie seine gelblichverfärbten Hauer, welche in seinem Volk ein Zeichen für Männlichkeit waren. Leider ähnelten sie mehr denen der Frauen, weshalb der Schamane in seinen Klan einiges hatte erdulden müssen. Auch mit beeindruckenden Muskeln konnte sein entblößter Oberkörper nicht dienen. Dafür war er flink und konnte klettern wie kein Zweiter. Aber dass hatte niemanden außer dem Häuptling beeindruckt. Der hatte ihn aus der Wildnis geholt und in den Klan eingegliedert. Vorher hatte Urkrosh nichts über sein Volk gewusst und hatte sie aus Angst gemieden. Schnell hatte man Urkroshs Verbundenheit mit der Natur erkannt. Weshalb man ihn zu dem alten Schamanen des Stammes geschickt hatte, um ihn zu lehren wie man mit den Geistern der Natur umzugehen habe und wie man mit den Ahnen in Kontakt trat. Die anderen Alternativen wären das Futtersammeln und Großziehen der Säuglinge gewesen oder der Pfad des Kriegers. Aber Urkrosh war kein Weibchen und für einen Krieger war er zu schmächtig. Keiner hätte ihn ernstgenommen oder seine Autorität akzeptiert, egal wie sehr er sich auch angestrengt hätte oder wie viele Schädel er dafür gebrochen hätte.
Die grüne Haut des jungen Ork war mit den weißen Zeichen übersät, die ihn als Schüler eines Schamanen auswiesen. Den Zeichen konnte man alles über Urkrosh entnehmen, was man wissen wollte. Welchem Klan er angehörte, wer sein Meister war, dass er seine Kindheit allein in der Wildnis verbracht hatte. Die Tinte war nur mit einer Speziellen Mixtur veränderbar. Sollte Urkrosh jemals zu einem wirklichen Schamanen aufsteigen würde man einige Zeichen umändern. Wenn er besondere Taten vollbracht hatte, würden zusätzliche Zeichen hinzukommen. Je mehr Tätowierungen, desto größer der Ruhm.
Der helle Wolfspelz, den Urkrosh anhatte, spendete ihm Schutz und Wärme. Einst hatte es seinem treuen Freund und Gefährten dem Wüstenwolf Torpku gehört, den er hatte opfern müssen, damit er zu seinem Schutzgeist aufsteigen konnte. Der Geist seines Freundes lag still neben ihn, den pelzigen Kopf auf den Schoß des Orks. Außer einer dunklen Stoffhose trug Urkrosh nichts weiter an seinem Leibe.
Der Zirkusdirektor bedachte die staunende Meute mit einem fiesen Lächeln. Einst mochten ihm die Kleider gepasst haben, aber die lange Zeit der Armut hatte seine einstige voluminöse Gestalt geschmälert. Ebenso der Kleidung konnte man das Nagen am Hungertuch ansehen. Sie war löchrig, schmutzig und verwaschen. Das einstige Rot war inzwischen mehr ein dunkles Braun. Dafür funkelten die Augen des Menschen vor Hinterlist und Skrupellosigkeit. Als Trophäe über den Kampf mit dem gefangenen Ork hatte er sich dessen hölzernen Kampfstab auf den Rücken geschnallt.
Einige Kinder rannten auf den Käfig zu und steckten ihre kleinen Pfoten durch die Gitter und versuchten Urkrosh zu berühren. Ungehalten über diese kleinen Wesen, schnaubte der Schamane verächtlich. Schreiend liefen die kleinen Menschen davon und verbargen sich hinter ihren Eltern.
>>Seien sie vorsichtig! Dieses Wesen hat meinem Bruder mit einem Happs den Kopf abgebissen und anschließend seine Frau und Kinder in Fetzen gerissen!<<, erzählte der Direktor übertrieben theatralisch, während im Hintergrund die mürrisch dreinschauenden Akteure mit ihrer schlechten Gesichtsbemalung und zerlumpter Kleidung die durchlöcherten Zelte aufbauten. Einige nutzten die Gunst der Stunde und schlitzten mit ihren Messern einige halbvolle Beutel auf, um sie zu entleeren.
Während die Eltern um ihr hart erarbeitetes Geld erleichtert wurden, hingen die Kinder förmlich an den Lippen des Direktors. Neugierig beugten sie sich mit großen Kulleraugen nach vorne, nur um von ihren Eltern zurückgehalten zu werden.
Natürlich hatte Urkrosh niemanden den Kopf abgebissen oder jemanden zerfetzt. Der Zirkusleiter hatte ihn bewusstlos auf einer verlassenen Straße gefunden und gefangen genommen. Seitdem zog er von Ort zu Ort und je weiter sie reisten, desto gewaltiger wurden die Lügengeschichten, die er über den Ork erzählte.
Der Geist von Torpku hechelte ihn aufmunternd an. Was heute aber nicht so recht half. Der Ork wollte frei sein. Er war in dieses schlammige und kalte Land gekommen, weil die Geister ihn in Visionen dazu aufgefordert hatten her zu kommen. Irgendetwas Großes braute sich am Firmament zusammen; etwas das die Geister in Unruhe ja sogar in Panik versetzte und der junge Ork war ein wichtiger Teil davon. Aber kaum, dass er in dem Land der Menschen angekommen war, griffen ihn Wegelagerer an. Obwohl er sie alle getötet hatte, war ihm sein Totem gestohlen worden. Darüber war er so erbost gewesen, dass er einen Rauschanfall bekam und anschließend vor Erschöpfung zusammengebrochen war. Später erwachte er gefangen in diesem Käfig.
Urkroshs Totem enthielt seine Seele. Und ohne Seele würde ihn sein Klan sofort töten, wenn er heimkäme. Auch konnte er so keinen Kontakt mehr mit dem Reich der Geister halten. Seine Mission war somit zum Scheitern verurteilt.
In der Menge machte der Ork einen seltsamen Fremden aus. Er war alt und gebrechlich. Sein Bart lang und weiß. Der Hut war spitz. Aber er hatte eine mächtige Ausstrahlung, wie sie ein normaler Mensch gar nicht hätte haben können. Er hatte schon gehört, wie die Magier im östlichen Land gewohnt waren sich zu kleiden. Aber hier, in der Mitte der Welt waren sie verhasst und gefürchtet. Im Süden, dem Land der Orks, wurden sie geduldet, waren dort aber auch nicht gern gesehen. Noch nie hatte Urkrosh einen Zauberer mit eigenen Augen gesehen. Was einen Magier wohl in ein so kleines Dorf verschlug? Urkrosh legte grüblerisch die Stirn in Falten, während er weitere Demütigungen in Form von Lügengeschichten ertrug.

So schnell, wie die Menschen gekommen waren, verschwanden sie auch wieder. Urkrosh ließ man unbeachtet in seinem Käfig zurück, mit nicht weniger als ein paar Krumen verschimmelten Brotes und etwas verdrecktem Wasser. Doch Urkrosh rührte es nicht an, denn die silberne Scheibe stand voll am Firmament im Zentrum des großen Bären. Für jeden Schamanen war solange untersagt zu essen, bis der Mond wieder abnahm. Es sollte die Seele reinigen und die Verbindung zu den Geistern stärken. Je schwächer Urkroshs Körper war, desto näher befand er sich dem Reich der Toten. Vielleicht würden ihn die Meditationen in dieser Nacht helfen, eine Lösung auf sein Verlangen zu finden. Torpku sah nach draußen, durch den Vorhang.
>>Was siehst du, mein Freund?<<, bellte der Schamane fragend in seiner Muttersprache.
>>Ruhe, du Hurensohn! Kann man nicht mal eine Nacht lang schlafen, ohne dass du gleich den Mond anheulst?!<<, schrie einer der Zirkusleute.
Urkrosh achtete nicht weiter auf die feinen Stimmchen der Rosahäutigen. Doch seine Frage wurde von etwas anderem beantwortet, als von seinem Schutzgeist. Der Vorhang wurde leise heruntergezogen. Der Zauberer hielt ihn in der Hand.
Er schlug hart gegen seine Brust. >>Freund!<<, grunzte er in der Sprache der Orks.
Urkrosh war überrascht jemanden zu finden, der kein Ork war, jedoch wusste, sich wie einer zu benehmen.
>>Ich spreche Sprache Eure<<, sagte Urkrosh, bemüht ohne ein Grunzen mit einfließen zu lassen.
Die Sprache der Menschen war schwer, da sie keine Gebärden und Laute hatten, die ihre Worte begleiteten. Stattdessen hatten sie mehrere Wörter mit derselben Bedeutung und obwohl der Sinn einig war, gab es dennoch Abstufungen zwischen den Wörtern. So konnte ein Wort einen Menschen verärgern, obwohl ein anderer Ausdruck ihn hätte erfreuen können. Das war viel zu kompliziert für den jungen Ork. Er verstand es einfach nicht, wie so vieles in diesem fremden Land.
Der Zauberer zeigte mit beiden Händen auf sich selbst. >>Liam<< Dann streckte er mit fragender Miene die Hände zu dem Ork im Käfig. >>Hm?<< Er wollte wohl seinen Namen wissen.
>>Urkrosh<<, antwortete er.
>>Warum hier?<<, fragte Liam. Er schien seine Sätze wohl einfach halten zu wollen, um den Ork nicht unnötig zu verwirren. Anscheinend war er schon einigen Orks begegnet. Urkrosh hatte noch nie von einem Menschen gehört, der sich für sein Volk interessiert hätte, die meisten sahen sie als Ungeheuer an. Aber sein Wissen konnte nicht unermesslich sein, sonst hätte er Urkroshs Namen einfach von seinen Zeichen ablesen können.
>>Totem weg. Seele weg<<, knurrte Urkrosh verdrießlich. Ihm war es überaus peinlich.
>>Wo weg?<<
>>Osten von hier. Großes Wasser<<, war alles was der Ork sagen konnte. Die Sprache der Orks kannte viel zu wenige Bezeichnungen für Wasser, da es schon seit je her in der trockenen Wüste lebte.
>>Warum gekommen in Land?<<, fragte der Zauberer weiter nach.
>>Geister befohlen<<, jaulte der Schamane, da er seinen Stolz nicht zu verbergen mochte.
Der Alte lachte. >>Freut mich, freut mich. Ich werde Euer Totem finden. Versprochen.<<
Urkrosh gab ein dankbares Knurren von sich.

Am nächsten Morgen wachte Urkrosh ohne Torpku auf. Der Geisterwolf war verschwunden. Sofort geriet der Schamane in Panik. Seinen Schutzgeist zu verlieren, war fast so schlimm, wie sein Totem zu verlieren. Was hatte er nur falsch gemacht?
Was seine Irritation noch steigerte, war der Direktor, wie er mit Urkroshs Mahlzeit ankam. >>Hier! Dein Fressen!<<, er warf die Schüssel angewidert in den kleinen Käfig. >>Und bei meiner nächsten Vorstellung tust du wenigstens so, als ob du bedrohlich wärst, verstanden?!<< Der Zirkusleiter zog einen Knochen hervor und hielt ihn wedelnd vor Urkrosh hin. >>Es soll dein Schaden nicht sein.<<
Der Schamane wusste nicht, ob er den Menschen für seine Erbärmlichkeit verachten oder für das Selbige bemitleiden sollte. Also entschied er sich still zu sein und keine Bewegungen von sich zu geben.
Schließlich kam Torpku in den Käfig spaziert und sendete telepathisch eine Botschaft an den Schamanen. Es waren keine Wörter im eigentlichen Sinne, sondern Bilder.
Bilder von dem Direktor, wie er Urkrosh Totem betrachtete und dabei hämisch lachte. >>In der nächst größeren Stadt werde ich dieses Ding verkaufen.<<
Diese Bilder weckten eine sehr große Wut in dem Ork. Rasend richtete er sich auf und zerrte an seinen Ketten. Geifer tropfte von seinem Mund. Die Augen wurden weiß und es legte sich ein roter Schleier über Urkroshs Blick. Der Ork war im Turoksh. Im Kampfrausch. Ein Zustand, wegen dem die Orks mehr als gefürchtet wurden.
Jeder Ork konnte in diesen Rausch verfallen. Er nahm in der Ideologie der Orks eine zentrale Rolle ein. Ob nun im Kampf, bei der Paarung oder bei den Initiationsritus, der Rausch zeigte die Macht der eigenen Emotionen.
Der Zirkusdirektor schien es miss zu verstehen. >>Ja, genau. Sowas meine ich.<<
Doch der Ork stemmte sich mit all seiner Kraft gegen die Ketten.
>>Das reicht!<<, versuchte der Direktor dem rasenden Schamanen Einhalt zu gebieten. Er hob die Hand zum Schlag, machte den jungen Ork aber nur noch wütender.
Knallend zersprangen die Ketten. Eisenteile flogen durch die Luft. Der Direktor wurde mit einem Mal sehr bleich im Gesicht. Er fiel nach hinten und krabbelte weiter, um mehr Abstand zu Urkroshs Käfig zu bekommen. Brüllend bog der Ork die Gitterstäbe beiseite. Mit einem Satz sprang er aus seinem Käfig, vor die Füße seines Kerkermeisters.
Die Menschen, die durch sein Toben auf den Marktplatz geeilt waren, verstreuten sich schnell in alle Himmelsrichtungen.
Sie interessierten den Ork wenig. Er nahm den Direktor seinen Kampfstab ab, den er sich als Trophäe auf den Rücken geschnallt hatte. In das harte Holz waren geschnitzte Knochen an den Enden eingearbeitet worden. Die spitzen Enden waren zum Teil durch den regelmäßigen Gebrauch stumpf und zum Teil abgebrochen. Knurrend machte sich der Ork auf den Weg zum Wagen des Direktors. Dort zerschlug er mit seinem Stab eine mit eisenverstärkte Truhe. Mit einem brutalen Stoß öffnete der Schamane die Truhe und entnahm ihr sein ein ellengroßes Totem, welches er sich sogleich auf den Rücken packte.
Sein hölzernes Totem war der bemalte Kopf eines Geiers, worauf der Kopf eines Wolfes und einer Echse saß. Oben auf war eine ledrige Haut gespannt, was aus dem hohlen Totem zugleich eine kleine Trommel machte.
Draußen erwarteten Urkrosh bereits mehrere mit Mistgabeln und Fackeln bewaffnete Bauern, sowie einige Akteure des Zirkus. Manche von ihnen waren nicht geschminkt. Und dabei erkannte der Ork die Räuber wieder, die ihn angegriffen hatten. Es war also alles ein perfider Plan gewesen, um eine lohnende Attraktion in die gierigen Hände zu bekommen.
Wütend wirbelte der Schamane den Kampfstab über seinen Kopf und schleuderte die Menschen wie Strohpuppen beiseite. Mit einem Stoß rammte Urkrosh den Stab in die Erde. Er zog ihn sogleich mit einem gewaltigen Brocken Erde am Ende aus dem Dreck heraus. Die Mutter Erde war schon immer Urkroshs bester Freund gewesen. Mit einem Schlag schleuderte er den Brocken gegen ein Haus, dabei wurde einer der Dorfbewohner am Kopf getroffen, woraufhin seine Fackel durch die Luft segelte und eines der Strohdächer in Flammen aufging. Drinnen schrie ein Neugeborenes vor Angst. Durch das Schreien des Kindes erwachte der Ork aus seiner Wut. Mit schnellen Schritten bewegte er sich auf das Haus zu. Er sprang auf die Menschen rauf und lief von Schulter zu Schulter. Von einem Körper zum Nächsten. Ohne an die Gefahren zu denken, sprang er ins brennende Dach, welches auch prompt unter seinem Gewicht nachgab.
>>Urkrosh, denk daran. Die Natur ist dein Freund und nicht dein Feind<<, hörte er die Stimme seines Lehrmeisters im Hinterkopf.
Ascheaufwirbelnd landete der Ork im Auge in der kleinen Hütte. Das brennende Stroh steckte auch den Rest des Hauses in Brand. Doch den Schamanen kümmerte es nicht. Statt nach vorne zur Krippe des Säuglings zu stürmen, fiel er auf die Knie und hob anbetend die Arme auf und ab. Mit einem sonoren Kehlgesang, bat er das Feuer zu weichen. Der Schamane bat es um Gnade für das Junges. Doch das Feuer war gierig und sah nicht ein zu weichen. Aber in der Natur gab es für alles ein Gegengewicht, also rief Urkrosh die Geister der Luft und des Wassers an, sich zu erbarmen. Sie waren eher bereit zu zuhören als das Feuer und erlaubten Urkroshs Bitte nach Regen, der auch prompt einsetzte und die Flammen löschte. Der Schamane holte den Säugling aus seiner Krippe, bevor das Dach gänzlich einstürzte und brachte ihn aus den nassen Ruinen nach draußen. Kaum, dass er die verkohlte Hütte verlassen hatte, rannten auch schon weitere Bauern auf ihn zu, mit verloschenen Fackeln, nassen Heugabeln und jetzt auch mit ebenso nassen Hunden. Urkrosh rannte, so schnell ihn seine Füße tragen konnten, um den wütenden Mob zu entkommen.

Der Ork suchte Schutz in einer kleinen Höhle, die vom Zahn der Zeit in den Fels geschlagen war. Der Regen half ihn bei der Flucht. Die Hunde konnten seine Witterung nicht aufnehmen und seine Spuren waren vom fallenden Wasser schon längst verwischt worden. Urkrosh rieb sich frösteln an den Oberarmen.
Dieses Land gefiel ihm ganz und gar nicht. Es war so anders. So kalt und doch voller Leben. Was für ihn erstaunlich war. Wie konnten es die hier ansässigen Tiere nur aushalten? Früher hatte er immer gedacht, dass die Nässe kein Leben bergen konnte. Es war so nass und kalt. Man konnte in ihm nicht atmen, aber dennoch wimmelte es hier vor genauso vielen Leben wie in der Heimat. Genau wie in den Wüsten mit ihren Felsen, in denen er fast sein ganzes Leben alleine verbracht hatte.
Urkroshs Schutzgeist, der die ganze Zeit über ruhig an seiner Seite gelegen hatte, richtete sich auf.
>>Torpku?<<, grunzte der Ork fragend.
>>Ach, hier bist du<<, sagte eine bekannte Stimme. Es war Liam. Der Zauberer hatte ihn irgendwie aufspüren können.
Torpku rannte bellend um den Zauberer herum und sah hechelnd zu ihm auf.
>>Ja, ja. Ist ja gut. Ich habe dich auch vermisst<< Urkrosh sah ungläubig zu, wie Liam seinen Schutzgeist streichelte. Er konnte ihn nicht nur sehen, sondern auch berühren.
Ein Instinkt riet dem Schamanen Liam zu folgen. Es konnte kein Zufall sein, dass die beiden sich getroffen hatten. Vielleicht konnte der Zauberer ihm beim Meistern seiner geheimnisvollen Aufgabe helfen.
Der Ork richtete sich zu voller Größe auf. >>Ich folgen Euch<<, er hob dabei die geballte Faust, was bei den Orks bedeutete, dass sich jemand als Gefährte anbot.
>>Ausgezeichnet<<, antwortete Liam lächelnd. >>Wir haben viel zu tun. Die Anderen warten bereits auf uns.<<


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