Es ist dunkel hier drinnen, tiefschwarz, weil kein Lichtstrahl von außen herrein gelangt. Nicht ein einziger kann sich den Weg durch das dicke Holz bahnenhinter dem ich liege. Ich sehne mich nach den Schritten, jene welche mich für kurze Zeit befreien, mich das Licht und die Wärme auf meiner harten, kalten Haut spüren lassen. Und nach meiner Melodie. Der Melodie die erklingt, wenn sich der Deckel hebt und ich mich langsam aufrichte. Schon viel zu lange waren diese Schritte nicht mehr zu hören. Mein Kopf ist schwer vom langen Liegen und meine Beine schmerzen. Könnte ich sprechen, ich würde rufen und fragen wo er bleibt, warum er schon so lange nicht mehr da war, mich hier alleine gelassen hat in dieser dunklen Kiste. Er wollte mich nicht mehr alleine lassen, das hat er mir gesagt, an dem Tag als er mich das erste Mal die Welt draussen sehen ließ. Und jetzt? Wo ist er? Die schnellen Schritte draussen auf dem schönen alten Holzboden. Ein alter Boden in diesem alten Zimme, die Wände zierten einst rosafarbene Tapeten, doch diese sind schon lange heruntergefallen. Auch die Schränke könnte man nicht mehr benutzen. Lange, sehr lange, stand ich in einem dieser Schränke, wohl vergessen als die Familie auszog. Er sagte mir, er mag dieses Haus, weil es so still und unberührt ist. Völlig verstaubt hat er mich dort gefunden, in dem weißen Schrank, an dem die Farbe schon abplatzt, dem mit den schönen Ornamenten, den er mir beim ersten Mal zeigte. Es tut gut endlich jemanden zu haben mit dem man reden kann. Ich höre ihm gern zu, doch nun ist er schon zu lange nicht mehr hier gewesen. Manchmal knarzt das Holz weiter unten im Haus und kurz denke ich, dass er kommen würde, doch warscheinlich ist es nur die alte Tür über die er sich immer beschwert. Kalt ist es auch, hier in meiner Kiste und heute fühlt es sich feucht an. Diese Tage mag ich am wenigsten, da fällt es mir besonders schwer alleine zu sein,doch bald würde es wieder wärmer werden,vielleicht die Sonne durch das große Fenster scheinen und ein heller Lichtstrahl die Feuchtigkeit aus dem Holz ziehen. Es wäre wieder mühsam mich aufzurichten, doch sobald die Melodie, meine Musik, erklingt würde ich beginnen zu Tanzen. Einen Spiegel gibt es auch, so kann ich mich beim Tanzen beobachten, ich habe große Augen und meine Haare sind zusammengebunden. Mein blaues Kleid weht im Wind wenn ich mich drehe. In diesen Momenten bin ich frei und glücklich. So erdrückend ist die Dunkelheit in der ich gefangen bin, nicht tanze und die Melodie nicht hören kann. Es gibt so viel was ich noch sehen möchte, hinter dem Fenster. "Nimm mich mit!" möchte ich ihm gerne sagen, doch ich kann nicht. Es bleibt einem viel Zeit zum Nachdenken, wenn man in einer dunklen Kiste liegt, alleine, und niht heraus kann. Die Tür knarrt schon wieder leise. Sie scheint weit entfernt zu sein, sie ist leiser als die Schritte die ich höre. Die Schritte wenn er wiederkommt. Tap- tap- tap und wieder knarrt das Holz. Ich muss an ihn denken. Tap- Tap- tap-. Sind das Schritte? Hoffnung und Freude durchfluten mich, er kommt wieder, er besucht mich, hat mich nicht vergessen. Ich kann es kaum erwarten, dass sich nun endlich der Schlüssel dreht und der Deckel sich öffnet. Viel zu lange schon warte ich auf diesen Augenblick. Die Schritte verstummen neben mir und es wackelt etwas, kitzelt, als sich langsam der Schlüssel dreht und das Schloss einrastet. Der Deckel springt auf und das Licht blendet mich, viel zu hell denke ich mir, doch während ich mich aufrichte wird es besser. Ich sehe ihn, seine tiefen warmen Augen und das herzliche Lächeln wenn ich beginne zu tanzen. Die leise Melodie erklingt, stockend beginne ich mich zu bewegen und mein Kleid fliegt. Pures Glück überkommt mich, ich bin frei. Die Sonne prickelt auf der Haut, ein leichter Windhauch streift mich. Runde für Runde drehe ich mich und genieße den Moment. Ein Moment puren Glückes wenn ich frei bin und er vor mir sitzt. All das macht diesen Moment perfekt, ich werde ihn auskosten und für immer tief in mir halten.


© jobo1996


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