An der Landstraße fand ich ein junges Reh
Und der Anblick des toten Tieres tat mir weh.
Das junge Leben gnadenlos vernichtet,
Von schnellem Fortschritt hingerichtet,
Liegt es zerfahren im Straßengraben.
Über ihm da kreisen die Raben.

In freier Wildbahn lebte es anmutig und grazil,
Doch auf freier Fahrbahn nützte das nicht viel.
Schönheit auf solch grausame Weise entleibt,
Dass es einem die Tränen in die Augen treibt.
Und was einst lebte verwest unbegraben.
Um die Reste streiten die Raben.

Es starb angsterfüllt von grellem Licht geblendet,
Traurig, wenn die Moderne das Leben so beendet.
Wo sich noch Natürliches und Echtes aufbäumt,
Wird es vom Menschendrang aus dem Weg geräumt
Und ich muss den Sinn davon hinterfragen.
Um mich kreisen die Raben.

Vielleicht sind wir ja auch wie Raben.
Wir hofften auf Liebe in früheren Tagen,
Doch die Wirklichkeit wird zum Leichenfeste.
Wir zanken um toter Liebe blutige Reste,
Oder vielleicht gab es sie ja auch nie.
Lang lebe die Melancholie.


© Karsten Stapelfeldt


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Kommentare zu "Das Reh"

Re: Das Reh

Autor: noé   Datum: 18.03.2014 13:03 Uhr

Kommentar: Ein beeindruckender Text, Karsten. Das wiederkehrende Motiv der Raben kommt gut!
noé

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