Wohin hat mich die welke Zeit verschlagen?
Gespensterstimmen hör ich einsam klagen:
„Weißt du denn nicht mehr wer du bist?
Der Krug ist längst zerbrochen, der dich trug!
Gebeugt stehst du im derben Zufall. Ob er ist,
ob es die Anschlagskette war? Vermutet
hast du ja immer, daß dich jemand schlug -
und nun scheinst du im Kern verblutet?“

Die Augenhöhlen deiner Zukunft blicken
(die dich in jedes Bockshorn eitel schicken)
schon auf den Weg, den du als keiner gehst,
der nur durch seine Absicht etwas schuf -
wo du im Sturm des wilden Lebens stehst.
Und du begreifst nicht: dieser arge Gang
durch deine Augenblicke ist dir der Beruf
und sein Gebot ist dir der ewig innere Zwang!

Denn wo man sich nur ständig ernst begattet
und seinen kleinen Geist damit beschattet,
da siehst du schon in langen Reihen,
wie seelenlos Skelette aufmarschieren,
die Schatten um sich werfend, Eide sprechen.
Du willst erwachen, möchtest eben schreien:
„Wo ist das dumme Böse nicht zu spüren?“
Wie kannst du diesen Fluch zerbrechen?

Aus Grüften ist kein frohes Wiederkehren,
kein Lust empfinden und kein Spaß vermehren.
Da ist Vergangenheit – das kalte Todeseis!
Und der reale Zugang dorthin ist verwehrt!
Erkennst du dich nicht mehr in dieser Welt?
Trotzdem liegt darin immer der Beweis,
daß es dich gibt, gegeben hat – entehrt!
Du wirkst verändert! Wirkst du auch entstellt?

Vielleicht hast du im Untergang gefunden
was für dich vorbereitet war: die Stunden,
die dich vom Nichts in einen Zustand führen,
der zuerst ungeboren blieb, weil unbrauchbar?
Nun sollst du hier ein Bündel schnüren,
es durch das fremde Ödland schleppen,
das ekelhaft verstockt ist, aber leider wahr?
Was soll das ein? Ein originelles Leben?!

Es ist die Nacht, die ausgebreitet vor dir liegt,
wo nur dein Einsatz einen Ratschluss biegt,
der fehlerhaft gemacht war, um zu zeigen,
daß nichts gelingen kann, was ganz banal,
sich durch ein blindes Wohlbefinden schlängelt.
Es braucht viel mehr als zügelloses Schweigen,
auf einem Tugendpfad, der glatt und schmal
dort ist, wo sich die trübe Masse drängelt.

Vor dir, im Grau der dämlichen Bereiche,
gehst du dir stets voraus als treue Leiche,
die einmal wirklich ist und einmal fahler Schein.
Welchem Anblick sollst du Glauben schenken?
Bekenne dich zu dem, was in dir Bände spricht!
„Du sollst, mit Kinderaugen, der Entdecker sein,
von Dingen die nicht da sind, sollst bedenken -
daß sie erst entstehen durch ein neues Licht!“
(digitale Kunst)

Welten mit und ohne Gewicht

© Alf Glocker


© Alf Glocker


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Beschreibung des Autors zu "Welten mit und ohne Gewicht"

Bildtitel
Anima im Niemandsland




Kommentare zu "Welten mit und ohne Gewicht"

Re: Welten mit und ohne Gewicht

Autor: axel c. englert   Datum: 27.06.2016 10:38 Uhr

Kommentar: Beides hier hat schön Gewicht:
Super-Bild - starkes Gedicht!

LG Axel

Re: Welten mit und ohne Gewicht

Autor: Deine Schwiegermutter   Datum: 27.06.2016 18:14 Uhr

Kommentar: Der Krug ist längst zerbrochen, der dich trug!

Was für einen phantastischen Klang allein diese Zeile hat!

würdest du über Grashalme und mümelnde Hasen schreiben,
würden dich viele hier als Jenny lieb heißen,
aber so, sind deine Myriaden Geschichten unsichtbare
Wunderlichter.



LG. Waldeck

Re: Welten mit und ohne Gewicht

Autor: possum   Datum: 28.06.2016 2:51 Uhr

Kommentar: In deinen Künsten halt ich gern
du bist ein wahrer feiner Stern! LG!

Re: Welten mit und ohne Gewicht

Autor: Alf Glocker   Datum: 28.06.2016 6:41 Uhr

Kommentar: Vielen Dank liebe Freunde
fühle mich sehr geehrt...

LG Alf

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