Fürwahr ihr ewig geschiedenen Geister
Die ihr träge im Fluss des Lebens treibt
Und nur der animalische Erhaltungstrieb
Euch noch mit der Oberfläche verbindet
Sodaß ihr nicht zum dunklen Grunde sinkt
Der mithin alleinige Grundlage eurer Existenz
Im Gesamtgefüge allen Seins auf Erden ist!
Blind strebt ihr der Nacht entgegen
Und schnappt nach jenen helfenden Händen
Die aus Mitleid euch hinausführen wollen!
So also ertrinkt ihr am steten Überfluss
Eines all zu tristen Lebensalltags
Der bis in die letzte Sekunde hinein
Von unnützen Annehmlichkeiten erfüllt
Einem kargen alten Kerker gleicht!
Doch ihr ja nichts anderes gewohnt seid!
Platons Höhle umgibt euch Ihr Irren!
Irre ich hier oder sag mir einer besseres?
Schlechteres ja das vermögt ihr gerade noch
Aus euren Mündern in die Welt zu hauchen
Gegen jene die euch von Herzen belächeln
Weil sie denn schlauer sind als ich
Der noch immer an das Erwachen glaubet!
Schlafend stellt ihr euch, ihr leidigen!
Nicht hören wollt ihr beizeiten
So also nachzeiten fühlen!
Wenn zum Grunde des Totenflusses gesunken
Euer klägliches Abbild eines kläglichen Lebens!
Und aus heiseren Kehlen ein letzter Schrei
In Luftblasen gefangen empor steigt
Sich an der Oberfläche frei kämpft
Nur um den dahintreibenden Gesinnten
Eine wehmütige Warnung zu sein!
Wieviele Blasen und Warnungen wabern
Wieviele schon waren ungehört überhört
Auf taube Ohren gestoßen?
Hinein und hindurch müssten sie stoßen!
Hinweg fegen all das kranke Ungeziefer
Das sich zwischen den Gedanken festsetzt
Und wie die Parasiten den Wirt zerfressen!
Ein sonniger Tag wäre diese Befreiung
Die begleitet von Vogelzwitschern
In den Hain und zum wahren Baum führet!
Erkenntnis!
Doch…
Würdet ihr noch dieses heilige Sinnbild
Mit geschärften Äxten zu Fall bringen
Daraus ihr dann Betten zimmert
Um hernach in trägen Schlummer zu gleiten
Ob der Zerstörung Anstrengung!
So also seht ihr, ihr ewig Schlafenden
Zum Scheitern ist mein Versuch verurteilt
Euch ins Erwachen und ins Leben zu führen!
Treibet, schlafet, sterbet!
Es sei mir nun gleichgültig!


© F.B.


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Beschreibung des Autors zu "Fürwahr ihr ewig geschiedenen"

Man stelle sich einen antiken Philosophen in wallender weißer Toga vor, der in brütender Tageshitze vor versammelte Menschenmenge tritt und ihr seine Ansprache in die Geisteswelt schleudert! :)




Kommentare zu "Fürwahr ihr ewig geschiedenen"

Re: Fürwahr ihr ewig geschiedenen

Autor: Uwe   Datum: 09.01.2015 10:10 Uhr

Kommentar: Mann o Mann! Homo o Ingenuus!
Mir nahm es beim Lesen des Textes die Luft, so dicht ist der Geist darin, die Worte genau und stark, das Anliegen eine hohes!
Und für deinen Text braucht es keineswegs der Utensilien aus dem Altertum, er ist aktuell, brisant, klug, ausgewogen, ich bin voller Staunen und Freude, trotz deiner Bitternis. Ja, man kann bitter werden, "treibet, schlafet, sterbet...", aber wer Durchblick und Sprachgewalt hat wie du, darf es nicht Punkt)
Danke.
Uwe

Re: Fürwahr ihr ewig geschiedenen

Autor: Homo_Ingenuus   Datum: 11.01.2015 17:59 Uhr

Kommentar: Danke Uwe ;)
Solches Lob hört man gerne. Schön, daß das heraufbeschworene Bild berührt und sich verdichtet.
Aktualität, ja, durchaus. Nur wird er auch verstanden? Ich habe ab und an die Befürchtung, des Menschen Trägheit und tiefer Schlummer könnte man nicht einmal mehr mit dem "Horn von Jericho" erschüttern, um einen Abstecher in die Theologie-Historie zu machen...
Deshalb: Treibet, schlafet, sterbet...

Harte Worte mitunter, aber ehrlich :)

Re: Fürwahr ihr ewig geschiedenen

Autor: Hirschwald   Datum: 17.08.2015 0:30 Uhr

Kommentar: Treibet, schlafet, sterbet...
meinetwegen nur dich du!
DU scheinst wach, ne helle Birne, am doch so dunklem Horizont.
Leuchte heller, das jeder höre, was deine Stimme zu uns trägt.
Ich lache vor Trauer und weine vor Freud.
Du mein Kind, hast meinen Tag erhellt.
Drum höre nie auf zu schreiben und beginn achbald zu schreien.
Vielleicht hörn nicht nur wir.
Vielleicht sind da noch andere draußen.
Vielleicht ja sogar hier.

Mit dem ersten aller Buchstaben schloß ich das Kapitel, des Schweigens und begann zu schrein.

Hochachtungsvoll und tief verneigt
Joscha und auch Hirschwald

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