Mein Stock vermisst nun seine Rinde.
Geflogen ist die Stund' im Winde.
So blicke ich auf mich herab.
Die alte Haut – frisch ertappt.
Eine Neue lässt stets auf sich warten.
Ich grabe um – den schönen Garten.
Durchwühle auch die tiefsten Stellen,
doch denke nur an's Bäume fällen.

Jetzt muss ich doch das Holze hacken.
Höre schon das laute Knacken.
Das Holz kommt in den Rucksack rein.
Talabwärts - in's Altersheim.
Die stumpfe Klinge lass' ich schleifen.
Möcht' schon nach dem Stocke greifen
Mit all meiner letzten Kraft,
kann ich sagen – es ist geschafft.

Mit Kräften wie noch nie zuvor,
reiß' ich meinen Stock empor.
Der Neue ist so jung geworden.
Der alte weg – Er ist gestorben.
Von wegen ich sei alt und brüchig!
Alt und jung – so bin ich glücklich!
Die Pflegekraft huscht schnell hinein,
durchbricht den Stock mit ihrem Bein.

Ein letzter Blick auf's Abendlicht.
Ruhig gestellt - da Sie mich sticht.
Alles dunkel – Tür geschmissen.
Zeit ist da – um zu vermissen.
Wenn mein junger Stock doch sei,
gespalten mit dem Hackebeil!
Ach ,ich brauch' doch nicht's erhoffen.
Meine Zeit ist angebrochen!


© Marlon Müller


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Mein erstes Gedicht.

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