Schwarz
ist die Farbe der Pfarrer.
Sie steht für
Trauer und Verzicht.

Wahrlich, ich sage euch:
Hättet ihr doch nur verzichtet
auf die Prügel und Erniedrigungen
im Namen des Herrn,
und hättet ihr doch getrauert
um die Kinderseelen,
deren Willen ihr gebrochen.

Schwarz
wie die Katakombenkeller,
in die ihr wehrlose Kinder gesperrt.
"Lasset die Kindlein zu mir kommen
und wehret ihnen nicht,
denn solchen gehört das Reich Gottes."


Violett
ist die Farbe der Bischöfe,
die Farbe der Macht.
Sie steht für
Buße, Besonnenheit und maßvolles Verhalten.

Wahrlich, ich sage euch:
So tut endlich Buße
für eure Misshandlungen,
für eure Besonnenheit,
mit der ihr Kinder gedemütigt und verletzt,
mächtig maßvoll in Einzelhaft,
besinnungslos in den Besinnungszimmern.

Violett
wie die Hämatome
auf den geschundenen Kinderkörpern.
"Wer das Reich Gottes nicht empfängt wie ein Kind,
der wird nicht hinein kommen."


Rot
ist die Farbe der Kardinäle.
Sie steht für Feuer und Blut.

Wahrlich, ich sage euch:
Wie Feuer brannten die Striemen
der Schlagstöcke auf den nackten Kinderrücken,
und blutende Wunden haben euch noch nie geschreckt,
denn Blut ist euch vertraut.
Es labt euch bei der Eucharistie.
Doch würdet ihr nur einen einzigen
eigenen Tropfen geben
für euren Glauben?

Rot
wie das Blut
der missbrauchten Kinder
auf den weißen Kacheln der Duschkabinen.
"Wer sich selbst erniedrigt und wird wie ein Kind,
der ist der Größte im Himmelreich."


Weiß schließlich
ist die Farbe des Papstes,
die Farbe des Lichts.
Sie steht für Reinheit und Unschuld.

Wahrlich, ich sage dir:
Auf dem Fels der Verachtung,
Lüge und Gewalt
ist sie gebaut, deine Kirche.
Sie erleuchtet nicht, sie verdunkelt.
Nein, du bist nicht unschuldig!
Unschuldig sind allein die Kinder,
die ihr genötigt und gequält.
Deine Soutane allein, sie ist rein,
doch deine Seele ist es nicht.

Weiß wie die Unschuld,
die ihr den Kindern geraubt.
Jesus spricht:
"Wer ein Kind aufnimmt in meinem Namen,
der nimmt mich auf."
Ich aber sage euch:
"Wer ein Kind misshandelt in seinem Namen,
der misshandelt den Herrn."


© Pedda/gog 07.03.2013


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Beschreibung des Autors zu "Schläge im Namen des Herrn - oder: Die liturgische Farbenlehre"

P.S. Dieses "Gedicht" basiert auf dem Buch gleichen Titels von Peter Wensierski (Feb. 2006) und dem ZDF-Film "Und alle haben geschwiegen" vom 4.3.2013. Sie thematisieren das Schicksal von tausenden von Heimkindern, die in den 50er, 60er Jahren, teilweise bis in die 70er Jahre systematisch seelisch und körperlich von Kirchenvertretern misshandelt und als billige Arbeitskräfte ausgebeutet wurden. Und das nicht in einem totalitären Staat, sondern in der BRD und anderen west-europäischen Ländern. 80 % der Kinderheime waren konfessionell.

Die Heime arbeiteten eng mit den Jugendämtern (damals -welch ein Hohn- "Fürsorge" genannt) zusammen, die teilweise regelrecht Jagd machten auf Kinder und Jugendliche (bis 21 Jahre), die angeblich einen unsittlichen Lebenswandel führten. Oft reichten Denunziationen, z.B. von Nachbarn, für eine Einweisung aus. Die Gründe hießen damals: Umhertreiben, Verlogenheit, Leistungsschwäche, Arbeitsbummelei, Hören von Rock 'n' Roll und Beatmusik, oder einfach sogenannte "Kinderfehler" wie Bettnässen, Stottern oder Nägelkauen.

Die Heim-"Insassen" trugen oft Nummern und wurden auch damit angeredet. 10-12 Std. Arbeit für ca. DM 0,50 - 1,00 pro Tag waren die Regel. Man durfte nicht miteinander sprechen, sonst wurde der "Lohn" gekürzt, oder ganz gestrichen. Schläge und andere Misshandlungen waren an der Tagesordnung bis hin zu wahren Foltermethoden, wie Einzelhaft in sogenannten Besinnungszimmern oder das Beten kniend auf Holzscheiten, denn unser Herr Jesus hat ja schließlich auch gelitten.

Durch all diese Maßnahmen sollten die Kinder zu guten Christen und nützlichen Mitgliedern der Gesellschaft erzogen werden. Erst die "Heimkampagne" der APO um Leute wie Baader, Ensslin, Proll und Meinhof (die später in der RAF traurige Berühmtheit erlangten) sowie die 68er Studentenbewegungen brachten eine erste Wende und erst das o.g. Buch brachte dieses große Unrecht wieder ins Bewußtsein. Die Kirchen haben zumindest den Missbrauchsopfern inzwischen eine finanzielle Entschädigung zugesagt, eine offizielle Entschuldigung der Kirchen, z.B. des Papstes, steht meines Wissens aus und die Täter wurden auch nicht verurteilt oder zur Rechenschaft gezogen. Lediglich während der Karfreitagsliturgie 2010 wurden 3 Fürbitten in den Messen in 21 Bistümern verlesen: 1. für die Ofer: "... Herr, richte sie auf, heile ihre Wunden und stärke ihren Glauben." 2. für die Schuldigen: "... gib ihnen Einsicht und Reue, die Bereitschaft zur Umkehr und den festen Willen, vergangene Untaten gut zu machen." 3. für den Beistand des Heiligen Geistes für alle Christen, "damit sie auf dem Weg deiner Gebote bleiben, dem Bösen widerstehen und entschiedener das Gute tun."
- Amen-

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Kommentare zu "Schläge im Namen des Herrn - oder: Die liturgische Farbenlehre"

Re: Schläge im Namen des Herrn - oder: Die liturgische Farbenlehre

Autor: Alex Anders   Datum: 07.03.2013 16:57 Uhr

Kommentar: Hallo Pedda,
da schlachtest du wieder einmal eine heilige Kuh. Wer deiner Argumentation widerspricht, der hat keine Ahnung oder genauer: Der will sie nicht haben! Zum Thema "religiöse Verklärung" hätte ich auch was, brauche aber noch etwas Mut um es zu veröffentlichen. Na, mal sehen. Gruß, Alex

Re: Schläge im Namen des Herrn - oder: Die liturgische Farbenlehre

Autor: Karwatzki,Wolfgang   Datum: 08.03.2013 0:12 Uhr

Kommentar: Hallo Padda,
Hut ab,
ein weiteres brillantes Meisterwerk von dir, das mich seltsamerweise weniger betroffen macht,sondern irgenwie tröstlich erfasst,deine Zeilen zu lesen.
Wie dein Thema mich seit meiner Internatszeit extrem berührt, weisst du und habe ich auch hier schon veröffentlicht, z.B. in
" Katholische Kekse" und "Giftige Galle".
Weiter will ich jetzt nicht kommentieren.

Gruß
Wolfgang

Re: Schläge im Namen des Herrn - oder: Die liturgische Farbenlehre

Autor: Pedda   Datum: 08.03.2013 10:34 Uhr

Kommentar: @ Alex: Ja, das Thema lag mir schon seit geraumer Zeit am Herzen. Als ich dann am Montag den Film sah, gab mir das nochmal einen Schub, nur die Umsetzung fand ich sehr schwer. Die Farbenidee war schnell geboren, aber es wollte sich (bei diesem Thema wohl auch kein Wunder) kein Reim einstellen. Dann eben ohne Reim. Ob es wirlich ein Gedicht ist, weiß ich gar nicht, denn es gibt auch nur wenig Gestaltungselemente, die es eindeutig zu diesem machen würden. Egal. Es musste einfach aus mir raus und hier isses.
@ Wolfgang: Habe schon beim Schreiben an deine Einstellung zu diesem Thema gedacht, deine beiden zitierten Werke noch im Hinterkopf. Danke für das Meisterwerk, aber ich weiß nicht, dazu fehlt noch einiges. Mir ist es im Nachhinein zu kopflastig, denn die Gefühle der missbrauchten Kinder kommen nicht zum Ausdruck. Na ja, man kann nicht alles haben. Du könntest das Thema sicherlich besser angehen, wir wissen warum. Gruß Pedda

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