Erwachsen zieh ich durch die Welt,
die Zeit der Jugend hinter mir.
Noch ist's nicht schlecht um mich bestellt,
solang' ich nicht den Verstand verlier.

Bei einem Spaziergang durch das Grüne,
ward ich verloren in Gedanken.
Weil die Natur so herrlich blüht,
vergaß ich Job, Geld, Stress und Banken.

Ich wollt mich setzen, um zu ruhen,
und trat an einen Fluss heran.
Als Kind wollt ich so vieles tun,
und doch blieb vieles ungetan.

Große, gut zerhackte Bäume,
legten ein kleines Lager bloß.
Und einer meiner Kindheitsträume,
war der Traum von einem Floß.

Der Ort von Arbeitern verlassen,
lag diese Lichtung hier im Wald.
Durch Insolvenz zurückgelassen,
statt Äxten nur noch Stille hallt.

Die doch gebrochen wurd von Vögeln,
mit ihrem eifrigen Gesang,
der oft kann jeden Tag veredeln,
was vielen Worten nie gelang.

Ich nahm mir also was ich brauchte,
und machte mich sogleich ans Werk.
Worauf ich dann mein Bötchen taufte,
hatt' ich schon lange vorgemerkt.

Isabelle, so soll sie heißen,
Wie die, die ich nie kennen lernte.
Mit ihr gemeinsam will ich reisen,
ins Nahe und ins weit Entfernte.

In den Fluss ließ ich sie nieder,
und legte bald darauf auch ab.
Ich streckte alle meine Glieder
im Sonnenschein der mich umgab.

Ich ließ mich von der Strömung treiben,
und betrachtete die Natur,
um Mutter Erde zu beneiden.
Wie schafft sie all die Wunder nur?

Grüne Auen, bunte Sträucher,
saftig jedes Baumes Frucht.
Der Tiere Anblick, hocherfreute,
macht den Augenschmaus zur Sucht.

Der Wald jedoch wurd' immer lichter,
und aus den Wiesen werden Felder,
wo Mais und Korn steht, immer dichter,
und Bauern niederhauen die Wälder.

Die Stämme kamen in den Fluss,
und wurden meine Weggefährten.
Der Wald den Feldern weichen muss,
weil sonst nichts kann geerntet werden.

Und die, die kamen aus dem Wald,
und keine Stämme mit sich schleppten,
machten ein Rudel Dammwild kalt,
um sich vorm Hungertod zu retten.

Die Furt wird eng, die Strömung schneller,
und der Fluss wird zum Kanal.
Der Baustil, individueller,
wird der Natur zum Mahndenkmal.

An Wasserrädern gehts vorbei,
an denen, die die Körner mahlen.
Doch sind auch Sägemühlen dabei,
die für die Stämme teuer zahlen.

Und meine nassen Weggefährten,
werden nun dem Fluss entnommen.
Doch nur Maschinen waren am Werk.
Mich hat niemand wahrgenommen.

Nur mit viel Müh' entkam ich ihm,
dem Fließband und dem Sägeblatt.
Musst' mich des Stromes Fluss entziehen,
ein Schilfmeer mich gerettet hat.

Lang hört man noch das schreien der Stämme,
der erst vergellt, wenn sie entzwei.
Dahin waren all ihre Träume.
Ihr Leben endgültig vorbei.

Und es trübt des Himmels blau,
schwarzer Rauch am Horizont.
Des Wassers Spiegel färbt sich grau.
Vor mir eine Backsteinfront.

Der Kanal läuft durch die Stadt,
links und rechts nur Häuserschluchten.
Doch da nicht jeder Platz hier hat,
kann Unheil hier noch besser fruchten.

Das Grün hat jedoch kein Gebiet.
Stein und Straßen halten's nieder.
Doch egal wie sehr man sich bemüht,
das Unkraut, das kommt immer wieder.

Doch die Stille wird gestört,
von rechts aus einem Straßenschacht.
Ein Kinderlachen wie man hört,
was die Stadt viel bunter macht.

Dreie spielen auf der Straße.
Ich spüre in mir Wehleid brennen.
Sie spielen nicht im grünen Grase,
da sie nichts als Steine kennen.

Dies Wissen wird ihnen noch gegeben,
jedoch nur in der Theorie.
Im Frieden der Natur zu leben,
das lernt man in der Schule nie.

Alle drei am Boden malen
mit Kreide den grauen Gehsteig bunt.
Sieht man in die Gesichter strahlend,
wird jede Seele schnell gesund.

Mit einem Lächeln auf den Lippen,
lass ich mich vom Strome trieben.
Fast wollte ich mein Floße bitten,
noch eine Weile dort zu bleiben.

Doch immer weiter fährt mein Floß.
Ich fühl mich so entsetzlich klein,
denn alle Häuser sind so groß,
doch das scheint jedem egal zu sein.

Immer voller werden die Gassen,
jeder fragt wie's jedem geht.
Der Freude hinterher zu hasten,
scheint hier die Hauptaktivität.

Straßencafé's, gut gefüllt,
mit Leuten, die sich unterhalten,
doch jedes Kompliment verhüllt,
was sie in Wahrheit von sich halten.

Und alle, die mich angesehen,
drehten sich gleich wieder um.
Mit der Nase in der Höhe,
geben sie Verachtung kund.

Und aus den Häusern werden Riesen,
die der Sonne Strahlen fressen.
Und durch das fehlen von eben diesen,
haben die Leut' das Glück vergessen.

Immer tiefer in die Stadt,
es schwindet so der goldene Glanz,
Jeder hat das Leben satt,
keiner sieht mehr eine Chance.

Gesichter, grau bis anthrazit,
so wie der Putz an den Fassaden.
Die einzig' Farben, die man sieht,
sind Leuchtreklamen vor jedem Laden.

Immer schneller, immer schneller,
laufen Bürger, als auch Fluss.
Die Stimmung ist sogleich im Keller,
bei allem was man schaffen muss.

Das Wasser färbt sich langsam schwarz,
auch die Luft, vom Rauch getrübt.
Doch leider gibt es keinen Arzt,
der kostenlos sein Amt verübt.

Denn Geld, Betrug und Wirtschaftslist,
hält hier als Landessprache her.
Doch dass das Geld nicht essbar ist,
merken sie erst hinterher.

Von dieser Droge angetrieben,
folgen sie wie blind den Firmen,
deren sie ihre Seelen verschrieben,
um sich vor Armut abzuschirmen.

Doch nur der Chef macht hier Profit.
Der Rest bleibt einfach nur am Leben.
Der Boss zahlt das, was keiner sieht
und hat ansonsten nichts zu geben.

Kann mittlerweile kaum noch atmen,
es geht ins Industriegebiet.
Der Dreck scheint langsam auszuarten.
Wenn ich nur wüsst' was hier passiert.

Das Wasser in dem Fluss verdickt sich,
die Menschen werden zu Maschinen.
Die Luft, so unerträglich stickig.
Nur Selbstmord kann hier Geld verdienen.

Die Arbeiter sind leere Hüllen.
Der Wille liegt gebrochen da.
Tun ihre Pflichten treu erfüllen,
obgleich sie sehen ihr Ende nahen.

Ich konnte es nicht mehr ertragen.
Ich machte meine Augen zu,
und doch quälen mich all die Fragen.
Warum das Ganze?! und Wozu?!
.
.
.
.
.
.
.
.
Ich tat die Augen wieder auf,
die Stadt lag zum Glück hinter mir.
Fluss und Zeit nehmen ihren Lauf,
und so wie sie, laufen auch wir.

Vor mir lag nun eine Wüste,
durch die der Fluss sich weiter zog,
und so die Leere mit versüßte,
die einem diese Steppe bot.

Ein kahler Baum bot sich mir dar,
an dem ich gleich mein Floß vertaut',
doch als ich ausgestiegen war,
ward schon ein Hafen dort gebaut.


© Patrick Malmström


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Kommentare zu "Zyklus Stadt I"

Re: Zyklus Stadt I

Autor: ulli nass   Datum: 11.06.2015 11:43 Uhr

Kommentar: das finde ich sehr beachtlich,gratuliere.
ulli

Re: Zyklus Stadt I

Autor: Mark Gosdek   Datum: 14.06.2015 7:37 Uhr

Kommentar: ein sehr tiefgreifendes Werk. Gefällt mir gut. Mark

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