Kommentar:Ein mutiges Gedicht! So etwas schreibt man vielleicht nur ein Mal im Leben.
Es hat mich an etwas erinnert. An ein paar Verse von Thich Nhat Than, einem vietnamischen Zenmeister, der ein Südfrankreich lebt und ein kleines Dorf gegründet hat, wo er manche der Boat-People aufgenommen hat. In den Gedicht heißt es u.a.:
Ich bin die Eintagsfliege, die sich auf der Oberfläche des Flusses verwandelt,
und ich bin der Vogel, der im Frühling rechtzeitig
ankommt, um die Fliege zu verzehren.
Ich bin ein Frosch, der glücklich im klaren Wasser
eines Teiches schwimmt,
und ich bin die Ringelnatter, die sich geräuschlos nähert und
sich von dem Frosch ernährt.
Ich bin das Kind in Uganda, das nur aus Haut und Knochen besteht
meine Beine sind so dünn wie Bambusstangen,
und ich bin der Waffenhändler, der todbringende Waffen
nach Uganda verkauft.
Ich bin das zwölfjährige Mädchen, Flüchtling auf einem
kleinen Boot,
das sich ins Meer stürzt, nachdem es von einem Seeräuber vergewaltigt
worden ist,
und ich bin der Seeräuber, dessen Herz noch nicht fähig ist
zu sehen und zu lieben.
Ich bin ein Mitglied des Politbüros, in dessen Händen ungeheure Macht liegt,
und ich bin der Mann, der meinem Volk seine Blutschuld
zahlen muss, indem er langsam in einem Zwangsarbeiterlager stirbt.
Meine Freude gleicht dem Frühling, sie ist so warm, dass auf
allen Wegen des Lebens Blumen erblühen.
Mein Schmerz ist wie ein Tränenstrom, so groß, dass er
alle vier Meere füllt.
Bitte nenne mich bei meinem wahren Namen,
damit ich all mein Lachen und Weinen sofort höre,
damit ich sehe, dass meine Freude und mein Schmerz eins sind.
Bitte nenne mich bei meinem wahren Namen,
damit ich aufwachen und die Tür meines Herzens offen bleiben kann.
Die Tür des Erbarmens.
Grüße von Jürgen
Re: SELBST VERSTÄNDLICH
Autor: Datum: 17.06.2015 19:07 Uhr
Kommentar:Du machst mir immer wieder eine Freude, denn Poesie lese ich nur im Netz, nicht privat.
Da ich aus einem anderen Kulturkreis stamme, habe ich noch nie zuvor von diesem Dichter
gehört.
Liebe Grüße zurück, Waldeck!
Re: SELBST VERSTÄNDLICH
Autor: Datum: 17.06.2015 23:11 Uhr
Kommentar:Vielen Dank für die Ewige Natur. Ich werde sie mir zu Geiste führen
und daraus meine Schlussfolgerungen ziehen.
Liebe Grüße,
Waldeck
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