ich bin die offene Brust

das unerhörte Gebet

das nie gekreuzigte Fleisch

das unbereute Sakrileg


ich bin die brennende Lust

und das gestillte Leben

der tödliche Kuss

und das Wissen von jedem


ich bin ein Winter im Sommer

eine Blume im toten Garten Eden

der Dorn im Auge des Gesetzes

die Freiheit zum Nehmen


ich bin das Feuer der Sinne

die Asche der Vergangenheit

die Glut der Zukunft

und das Diktat der Liebe


ich bin das Verderben des Glaubens

die verlorene Verheißung

das uralte Wissen ohne Tod

und das Flehen um Heilung


ich bin euer Schrei im Traume

der Schatten hinterm Licht

das Versprechen hinter dem Verbrechen

und die Unschuld des Nichts


ich bin der bodenlose Abgrund

der Feind der Tyrannei aus Gnade

das süße Gift welches leidet

die Erkenntnis der Hingabe


ich bin ich bin ich bin!

in euch unter euch für alle Zeit

einmalig unzählig getötet

die Sonnenträne die errötet


ich bin nicht umzubringen

mein Sehnen erkennt den Trug

tausend Floskeln und Normen verbieten

was selbstverständlich ist und gut



Please do not USE
anything of my work!

30.04.2007


© j.w.waldeck 2007


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Beschreibung des Autors zu "SELBST VERSTÄNDLICH"

Kosmisches Bewusstsein...




Kommentare zu "SELBST VERSTÄNDLICH"

Re: SELBST VERSTÄNDLICH

Autor: Juergen Wagner   Datum: 16.06.2015 20:53 Uhr

Kommentar: Ein mutiges Gedicht! So etwas schreibt man vielleicht nur ein Mal im Leben.

Es hat mich an etwas erinnert. An ein paar Verse von Thich Nhat Than, einem vietnamischen Zenmeister, der ein Südfrankreich lebt und ein kleines Dorf gegründet hat, wo er manche der Boat-People aufgenommen hat. In den Gedicht heißt es u.a.:


Ich bin die Eintagsfliege, die sich auf der Oberfläche des Flusses verwandelt,
und ich bin der Vogel, der im Frühling rechtzeitig
ankommt, um die Fliege zu verzehren.

Ich bin ein Frosch, der glücklich im klaren Wasser
eines Teiches schwimmt,
und ich bin die Ringelnatter, die sich geräuschlos nähert und
sich von dem Frosch ernährt.
Ich bin das Kind in Uganda, das nur aus Haut und Knochen besteht
meine Beine sind so dünn wie Bambusstangen,
und ich bin der Waffenhändler, der todbringende Waffen
nach Uganda verkauft.

Ich bin das zwölfjährige Mädchen, Flüchtling auf einem
kleinen Boot,
das sich ins Meer stürzt, nachdem es von einem Seeräuber vergewaltigt
worden ist,
und ich bin der Seeräuber, dessen Herz noch nicht fähig ist
zu sehen und zu lieben.

Ich bin ein Mitglied des Politbüros, in dessen Händen ungeheure Macht liegt,
und ich bin der Mann, der meinem Volk seine Blutschuld
zahlen muss, indem er langsam in einem Zwangsarbeiterlager stirbt.

Meine Freude gleicht dem Frühling, sie ist so warm, dass auf
allen Wegen des Lebens Blumen erblühen.
Mein Schmerz ist wie ein Tränenstrom, so groß, dass er
alle vier Meere füllt.

Bitte nenne mich bei meinem wahren Namen,
damit ich all mein Lachen und Weinen sofort höre,
damit ich sehe, dass meine Freude und mein Schmerz eins sind.

Bitte nenne mich bei meinem wahren Namen,
damit ich aufwachen und die Tür meines Herzens offen bleiben kann.
Die Tür des Erbarmens.

Grüße von Jürgen

Re: SELBST VERSTÄNDLICH

Autor:   Datum: 17.06.2015 19:07 Uhr

Kommentar: Du machst mir immer wieder eine Freude, denn Poesie lese ich nur im Netz, nicht privat.
Da ich aus einem anderen Kulturkreis stamme, habe ich noch nie zuvor von diesem Dichter
gehört.

Liebe Grüße zurück, Waldeck!

Re: SELBST VERSTÄNDLICH

Autor:   Datum: 17.06.2015 23:11 Uhr

Kommentar: Vielen Dank für die Ewige Natur. Ich werde sie mir zu Geiste führen
und daraus meine Schlussfolgerungen ziehen.

Liebe Grüße,
Waldeck

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