Der verlorene Horizont oder der verlorene Freund (Anam Cara)

Du hast mir, damals, Hilton sehr ans Herz gelegt und er traf es auch, voll in die Mitte. Deine Bücherliste, ich habe vieles davon gelesen, auch dein eigenes Buch (es steht noch immer samt Widmung bei mir im Bücherregal). Wie romantisch alles ist, wenn man jung ist. Wie himmelblau doch die Augen in die noch nicht voll erforschte Welt blicken ? Rosarote Gefühle, ausgelöst durch Worte in einer fremden Sprache. Nur wir haben sie verstanden, dachte ich, denke ich ? Du schienst mir irgendwie zart und verletzlich ? und doch ? im Grunde deiner Natur bist du kein Wesen der Gefühlswelt. Wissen, Verstand, Organisation und eine grosse Portion Ehrgeiz, ja, ich finde das passt zu dir ? Schlagworte ? vielleicht empfand ich dich auch ein klein wenig als Streber und das meine ich jetzt nicht böse. Wir haben uns getroffen, in dieser Stadt, die ich schon am Rande kannte. Stichwort ?Buchenhain?, es hat mir sehr gut gefallen. Erinnerungen an den Osten, den Westen, an Ruinen und deine breit gefächerten Kenntnisse über dieses Thema, dass uns von Anfang an verband ? du hast sehr viel gewusst, ich habe das an dir bewundert. Und dann der Abend, ich weiss es noch genau. Nie hätte ich gedacht, dass du soviel Bier trinken kannst. Und deine Gefühle, ja, da waren wohl doch welche, die hatte ich schmerzlich verletzt. Du warst traurig und glaube mir, ich war es auch ? Mein Freund, von dem ich dachte, dass wir, du und ich vielleicht mehr wären als nur ? und da war ja auch nichts, nichts ausser unsere Briefe und unsere Worte in der Sprache einer anderen Welt, in der Sprache anderer Menschen ? anders ? das wollten wir wohl sein, und waren es dennoch nicht. Leider. John O? Donohue hatte es so wunderbar beschrieben, das, was hätte sein können. Doch unser Mensch-sein, unsere banale Denkweise, die wohl doch nicht so hochstehend und fortgeschritten war, wie wir dachten ? irgendein ganz un-zen-mässiges egozentrisches Besitzverhalten hat ein Seelenband zerrissen, das eines hätte sein und bleiben können ? du scheinst entrückt, entwichen, mein Freund, nicht so fern und doch so weit ? verloren hinter dem Horizont ?

? aber eines sollst du noch wissen, die Münze, die du mir damals geschenkt hast, sie ist sehr alt und ich denke ziemlich wertvoll, sie wandert mit mir, immer, und erinnert mich an eine Zeit, die erfüllt war ? (wenn ich mehr Gefühle zeigen könnte, dann würde ich sagen, erfüllt von dir ? ) Auch wenn ich dich verloren habe, Cara, so möchte ich dir dennoch für alles danken.


© Daniela Affolter-Mangold


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