Du kannst dich jetzt hier zu mir setzen,
befreien mich aus diesen Netzen,
die meine Tage zeitlos binden,
sich um Verstand und Taten winden,
dass nichts von beidem Fortschritt bringt;
während mein Wille haltlos ringt.

Er ringt im Kreis. Das Netz wird eng.
Nur manchmal macht es plötzlich „peng!“,
dann reißt ein Strick, mein Atem: frei!
Kurz nur, ganz kurz, dann wieder Blei,
das meine Glieder müde macht,
doch der Bewegungsdrang bleibt wach!

Wohin? Weshalb? Mit Wem? Wie? Wann?
Die Antwort mir erst spät entsprang:
Mit mir. Ins Leben. Jetzt. Durch Dich.
Damit ich weiß, wovon man spricht,
wenn Zukunft sich ins Jetzt verrückt,
wenn's Leben pocht, es pocht aus Glück,
aus Freiheit, Mut, Reiz und Gefahr.
All das scheint mir zum greifen nah.

Doch wenn ich greif' mit meiner Hand,
meldet sich plötzlich mein Verstand,
der jetzt kurz aus dem Schlaf erwacht
und hämisch ruft: „Du bist zu schwach.
Noch sind die Hände dir gebunden.
Krall' mit den Nägeln keine Wunden
in deiner Hände leere Flächen!“
Jetzt spür' ich's: Leere, dann das Stechen.

„Es ist ganz recht.“ sagt mein Verstand
„Noch brauchst Du um Dich Netz und Band.
Denn ohne sie stürzt Du zu schnell.“
Ich will bloß Ruh' am Trommelfell!
„Ja.“ sage ich. Und wünsche mir,
Du wärst jetzt nahe, näher, hier.
Du würdest mich aus Stricken winden,
die Fläche meiner Hand verbinden,
die deine mir zum Halt anbieten!
Und reisend lern' wir neue Riten.


© Caroline


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