Herr Goldammer sitzt neben mir. Er hat sich extra einen Babysitter bestellt. Irgendwie müssen sie es witzig gefunden haben, sonst wären sie nicht alle gekommen. Martin erhebt sich. Nicht so einfach bei seinem Gewicht. Seine Frau sieht links an ihm hoch. Er schlägt den Löffel ans Glas, räuspert sich kurz und erhebt seine tiefe Stimme. "Wir haben uns heute zu einem besonderen Anlass zusammengefunden:," so seine Worte. Er kann sich ein Grinsen nicht verkneifen. "Unser Schützling hat die Grenze zur Professionalität überschritten." Frau Dr. Schmidt prostet mir anerkennend zu. "Ich bin kein Mann großer Worte," - "Eher ein Zuhörer jener, denke ich. "...Herzlich willkommen im Berufsleben." Alle trinken. Eigentlich war es nur eine wahnwitzige Idee, auf die wir im Suff gekommen sind. Dass tatsächlich auch meine eigenen ehemaligen Psychologen kommen, hätte keiner gedacht. Anne, ein zwei gute Freunde, vielleicht der Professor und Wein hätten's auch getan. Dass es eine so große Runde wurde...
Frau Schmidt stellt das Glas ab. Sie ist offensichtlich stark betrunken. Fragt mich nach meiner Persönlichkeitsstörung, wie ich sie verwunden habe." "Ich bin noch jung, haben sie gesagt." erinnere ich sie. Ihre Hand fährt in den Nacken. Sie schiebt sich eine Strähne hinter den Hals, macht einen Schritt auf mich zu. - Ihre Zungenspitze ist warm...
Die gerahmte Approbations-Urkunde fällt mit lautem Scheppern auf den Boden. Glas splittert und kurz herrscht allgemeine Verwirrung. Alex lacht als erster. Anne legt das Babyphon zur Seite. "Is schon gut," ruft sie durch die langsam wieder aufflammenden Gespräche. - Und Dido. Warum Dido denke ich.
Sie macht einen Schritt zurück. Ich würdige ihre Offenheit mit einem Blick. Sie nickt mir zu. Wirkt ein wenig verstört. "Es ist alles gesagt," sage ich. Sie nimmt ihre Tasche vom Schuhschrank, drängt sich durch die Menschentraube zu ihrer Jacke und verschwindet durch die frisch gestrichene Praxistür.
Es war ein ganz bestimmter Ton:
Stimmt man uns da auf etwas ein …?!
Der VERTEIDIGUNGS-Minister sprach davon,
wir müssten wieder KRIEGSfähig sein!
Mich traf es wie ein harter Schlag:
Rhetorik [ ... ]
Beschwingtheit überkommt mich
beim Blick in ferne Landschaften.
Ich wappne mich gegen böse Blicke
und verletzende Worte.
Ich versuche mich vor Verhöhnungen
und [ ... ]
Ich weiß nicht, ob diese Worte irgendjemand liest,
Ob sie irgendjemand hört oder sieht.
Aber sie liegen mir auf dem Herzen
Und deswegen diese Nachricht an die Welt [ ... ]