Ich öffne die Garage, bin jedes Mal überwältigt. Schreite majestätisch an ihm entlang, streiche dabei über sein Verdeck. Diese paar Schritte, wo man sich wünscht, dass sie ewig dauern mögen. Erwartungsvoll drücke ich am Autoschlüssel den Knopf der Zentralverriegelung und lasse die Geräusche und Lichtspiele auf mich wirken, mit denen er mir sagen will: Komm steig ein, ich bin dein.
Behutsam öffne ich die Fahrertür und gleite genüsslich in den Ledersitz. Ich ziehe die Tür an mich ran, die satt und sicher wie eine Tresortür ins Schloss fällt. Im folgenden Augenblick lasse ich die Freiheit der Einengung des Innenraums auf mich wirken. Diese wenigen Zentimeter, die den Asphalt von meinem Hintern trennen und mir ein Kribbeln im Selbigen verursachen, das man sich nicht mit einem Sitzkissen verschandeln sollte.
Dann das Standardritual: Zündschlüssel rein, anschnallen, Zündung an, Fuß auf die Bremse, starten, Dach öffnen … Moment, Standardritual? … Niemals! Bevor ich den Zündschlüssel drehe, genieße ich dieses Gefühl, dass man mit niemandem tauschen möchte.
Starten, das mache ich mit links. Ja, der Gott dieser Autos war wohl Linkshänder. Der Bolide erwacht zum Leben. Doch, das meine ich wörtlich. Aus dem Haufen starrer und beweglicher Teile wird zusammen mit dem Fahrer eine Einheit. Wir kommunizieren, wir geben uns gegenseitig Signale, sprechen dieselbe Sprache, erfahren das Fahren.
Was soll euer Kopfschütteln? Ich kann die auch nicht verstehen, die in diese großen, kalten Gebäude gehen und auf Knien um jemanden herumrutschen, der schon 2000 Jahre am Kreuz hängt.
Mit dem Zeigefinger der rechten Hand betätige ich diesen raffinierten Zugtaster. Das Verdeck öffnet sich feierlich und verschwindet mitsamt der Heckscheibe aus Glas in der Versenkung.
Der Motor klingt mit offenem Verdeck noch brillanter. Ich liebe seinen Leerlauf. Dieses gierige, unruhige Gemurmel mit trotzdem exakter Drehzahl; das dezente, horizontale Boxen seines gleichnamigen Motors. Ich tippe nur kurz auf das Gaspedal. Er rotzt das ganze Kondenswasser hinten raus und meint mit seiner heiseren Stimme: Alter, ich bin bereit.
Wir fahren los. Ja, ich fahre mein Auto, die meisten bewegen ihres nur. Es ist ein erhabenes Gefühl, von unten auf die Welt hinabzublicken. In diesem Auto schaut man nicht nach anderen Autos. Aber man versucht doch immer wieder von den Mitbewerbern bewundernde, aber auch neidvolle Blicke zu ernten. Ein Auto, das viele haben wollen, aber die wenigsten gebrauchen können.
Wenn die anderen vor der Ampel das Absterben ihrer Motoren genießen, trete ich nochmal provokativ aufs Gas. Mein Monster antwortet spontan mit einem heiseren Räuspern. Um ein Auto zu verstehen, muss man es hören. Zu dem roten Licht der Ampel gesellt sich das gelbe. Die Spielverderber fahren jetzt schon los, aber keine Chance gegen uns. Trotz meiner Begeisterung muss ich daran denken, dass wir in einer geschlossenen Ortschaft sind.
Ich schwebe zufrieden dahin, vorbei an Kinderwagen schiebenden Familienvätern, die sich vor Begeisterung fast auf die Zunge treten. Nicht wegen des Kinderwagens.
Leute, es ist doch jeder selbst seines Glückes Schmied. Ich habe mich für dieses Fahrzeug entschieden, ihr für eures. Dafür habe ich nur zwei Sitze. Damit kann ich leben.
Ich lasse ihn schalten, genieße seine Perfektion. Gebe nochmal extra Gas, um als alter Sack einen Blick von diesen jungen Dingern zu erhaschen. Aber die haben nur diesen Untergang der Menschheit im Blick, diese Fingertrainer, diese Scheißdinger, diese Smartphones.
Ich fahre tanken. Für andere ein Gräuel. Für mich eine Auffrischung meiner Menschenkenntnis. Ich schaue in sich vor Fragen zermarternde Gesichter: Wer ist das, kann man sich heutzutage so ein Auto leisten, was macht der wohl beruflich, wie viele Liter gehen in seinen Tank, wie viel frisst der wohl, welche Spritsorte, ob er wohl mit einem 200€ Schein bezahlen wird? Fragen über Fragen, die ich alle beantworten könnte. Genieße aber diese Gewissheit der Ungewissheit.
Spät abends liege ich im Bett, lasse das Erlebte noch einmal Revue passieren, drehe mich auf die Seite um einzuschlafen. Oh, Sichtkontakt; spontan fällt mir wieder ein, dass ich eine Frau habe. Naja, bei dem Auto kann man das schon mal vergessen …
Angélique Duvier
Unregistrierter Besucher Karlo Varia Antares
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Beschreibung des Autors zu "Stadtrundfahrt"
Ich habe sehr lange für dieses Auto gespart und habe mir einen Lebenstraum erfüllt. Es hat mich nicht nur viel Geld, sondern auch eine Ehe und einen Arbeitsplatz gekostet aufgrund der Engstirnigkeit dieser Subjekte. Von unsinnigen Bemerkungen einiger Mitmenschen ganz zu schweigen. Es gibt aber auch wenige, die mit mir fühlen.
Jetzt bin ich ein alter Sack, aber ich genieße jede Sekunde, die ich hatte und noch haben werde.
Kommentar:Lieber Wolfgang,
dies kam dir wahrhaftig teuer dein Traum, aber ein Porsche ist eben ein Porsche, ich finds bärig, dass du dir diesen Wunsch erfüllen konntest und schmunzle leis, denn dies hast du so bildhaft geschrieben, dass man dich direkt hinter dem Steuer sieht!
Viel Spass mit deinem ... Spielgefährten ... ! Jetzt würd mich noch Eins interessieren,
die Farbe ich tippe mal auf Rot ... liebste Grüße an dich!
Kommentar:Liebe possum,
ich danke dir für deinen Kommentar. Es ist nicht einfach, mit so einer Geschichte ein -Gefällt mir- zu erhaschen; und wie du siehst, ist mein Zähler noch auf Null. Ich habe das Gefühl, die Menschen lesen lieber -Herz/Schmerz-, als das hier, was davon ablenken soll.
Der Anhänger des Autoschlüssels deutet die Farbe schon an: Mein Dicker ist gelb. Gelb ist die Freude, ist die Sonne, ist das Leben. Lass sie sich nur alle in ihren schwarzen, weißen und grauen Gurken fortbewegen, für mich gibt es nur Gelb.
Liebe Grüße Wolfgang
Kommentar:Lieber Wolfgang, also gelb ... ja in der Tat dies ist eine Sonnenfarbe, genieß jeden Augenblick, ich erinnere mich soeben als ein Kind war und durfte mit meinem Bruder seinem kleinen Flitzer, es war nur ein sportlicher ein Triumph, ohne Dach fahren, ich fühlte mich wie eine Prinzessin ...
ich find es ist doch wundervoll wenn man sich seinen Traum verwirklichen kann, leider ist es in der Gesellschaft doch so, dass man sobald etwas ... Anders ist oder Anderes ... im Leben erstrebt sehr selten akzeptiert wird, mach dir nichts draus,
liebe Grüße!
Kommentar:Liebe possum,
Danke für deine "tröstenden" Worte. Ja, ich bin anders, und darauf bin ich stolz und genieße es.
So, nun erst mal vielen Dank an meine Knöpferin Angélique. Du bist bisher die einzige, die sich in meine Zeilen so sehr verliebt hat, das ein -Gefällt mir- bei herausgekommen ist. Dafür machen wir beide mal eine Probefahrt (Bitte vorher nichts essen).
Falls ich das unverschämte Glück haben sollte, dass es noch mehr werden, Danke.
Liebe Grüße Wolfgang
Das Jahr versprüht nun seine Melancholie,
was die Natur so plant, weiß man vorher nie,
die nächste Jahreszeit zeigt die ersten Krallen,
der Sommer hat dieses Jahr zeitweise geprahlt,
aber der [ ... ]
Vollkommende Blüte
Wir alle tragen sie uns.
Die Anlage zu sein, die wir sein möchten.
Zu akzeptieren, was kommt.
Tränen, Angst und Verzweiflung mit Liebe begegnen.
Weil sie dich dieses [ ... ]
Die Sucher sind wieder unterwegs,
auf zu den Pilzen geradewegs.
Aufgrund ihrer Lebensweise,
auf sattem Waldboden vorzugsweise
sie im Dunkel üppig sprießen.
Ich sehe Menschen,
Die alles haben,
Was sie brauchen.
Szenen,
Wo Menschen glücklich sind.
Ich brauche dieses Produkt.
Dann bin ich glücklich,
Wie all diese Menschen.
Denn Glück kann man [ ... ]
In stiller Nacht, wo Gedanken verweilen,
trägt das Leben uns durch sanfte Zeilen.
Es schenkt uns Rätsel, tief in sich versteckt,
und manchmal bleibt, was kommt, unentdeckt.
Wenn Trauer auf der Seele lastet
und Zuversicht den Weg ertastet,
um dunk'ler Trübsal zu entrinnen
und dich auf Neues zu besinnen,
dann öffnet sich vielleicht ein Tor,
um einzustimmen in den [ ... ]
Es ist Morgen und ich staune wie ein Hirsch,
den die Frau gehörnt hat, dem ein kleiner Affe
auf der geklopften Schulter sitzt beim Lausen…
Schon seit Ewigkeiten bin ich auf der [ ... ]