Es wohnte eine alte Tante
in unserm auch nicht mehr
ganz so jungen Haus
zu der ich hoch die Treppen stieg
wenn ich bei ihr zum Maien blieb
Wir hielten öfters "Dämmerstündchen"
das war die Zeit kurz vor halb sechs
wenn die Sonne nicht mehr scheinen
und der Abend noch nicht dunkeln wollte
In solch halbschläfriger Zwischenzeit
- mit weder Tag noch Abend -
setzte Elvira regelmäßig Pause an
wie auf einem Stundenplan
"Komm, wir feiern Dämmerstündchen"
sprach im Halbdunkel sie zu mir und
zauberte ihren Gesundheitstrank mit
viel Elan und viel Plaisir: Rotwein mit
verquirltem Ei! Das war ihr Geheimrezept
für alle Fälle - großen Respekt!
Genüsslich süffelten wir Schluck für Schluck
unsere Wangen färbten sich rot vor Glück
wir schauten froh aus dem Küchenfenster
in die mählich sich verdunkelnde Welt hinaus ...
und vergaßen dabei selig all' unsern miesen Tagesgraus
Elvira, die Weißzeugnäherin, die den ganzen Tag
an der Nähmaschine zubrachte
sie wusste, was sie machte, wenn sie sich solche
Dämmerstündchen verschaffte
Noch heute möchte ich ihr meinen Dank entbieten
für ihren offenen Zufluchtsplauderstündchenraum
- ein Traum
und mir in warmherziger Erinnerung verblieben
In der Mitte des 20. Jahrhunderts gab es den Beruf der Weißzeugnäherin, den meine Großtante ausübte. Sie nähte nur weiße Herrenoberhemden und hatte sehr gepflegte Hände.
Bei uns zu Hause sagte man immer "Maien gehen", wenn man jemandem einen gemütlichen Besuch abstatten oder sich selbst verschaffen wollte. Der Ausdruck stammt wohl etymologisch von "minnen", also jemandem einen Liebesdienst erweisen. Dies würde dann ja passen.
Wer Näheres dazu weiß, bitte gerne ...
dein herrlicher lyrischer Text gefällt mir sehr gut und erinnert mich an die Zeit, wo Wäsche noch "geflickt" wurde. Früher nähten sich die ledigen Mädchen ihr "Aussteuer" noch selbst.
Kommentar:Liebe Ikka, eine solche Tante ist noch 2 Generationen vor mir. Die nächste Generation war die, die unfassbar fleissig war und sich solche Auszeiten nicht gönnen konnte oder wollte. Meine Generation könnte es, sie müsste nur öfter daran erinnert werden.
Es ist eine wiedererlernbare Lebenskunst.
Ich geh mir jetzt erst mal einen Tee kochen. Danke für die Anregung!
Kommentar:Über solch feine, mein Gedicht gut ergänzende Kommentare kann sich "frau" nur freuen und herzlich bei euch, liebe possum, Bluepen und Verdichter bedanken.
Habt einen schönen Tag ... und ja, die Pausen nicht vergessen!
Den Knöpfern ebenso ein liebes Dankeschön!
Ikka
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Das Jahr versprüht nun seine Melancholie,
was die Natur so plant, weiß man vorher nie,
die nächste Jahreszeit zeigt die ersten Krallen,
der Sommer hat dieses Jahr zeitweise geprahlt,
aber der [ ... ]
Vollkommende Blüte
Wir alle tragen sie uns.
Die Anlage zu sein, die wir sein möchten.
Zu akzeptieren, was kommt.
Tränen, Angst und Verzweiflung mit Liebe begegnen.
Weil sie dich dieses [ ... ]
Die Sucher sind wieder unterwegs,
auf zu den Pilzen geradewegs.
Aufgrund ihrer Lebensweise,
auf sattem Waldboden vorzugsweise
sie im Dunkel üppig sprießen.
Ich sehe Menschen,
Die alles haben,
Was sie brauchen.
Szenen,
Wo Menschen glücklich sind.
Ich brauche dieses Produkt.
Dann bin ich glücklich,
Wie all diese Menschen.
Denn Glück kann man [ ... ]
In stiller Nacht, wo Gedanken verweilen,
trägt das Leben uns durch sanfte Zeilen.
Es schenkt uns Rätsel, tief in sich versteckt,
und manchmal bleibt, was kommt, unentdeckt.
Wenn Trauer auf der Seele lastet
und Zuversicht den Weg ertastet,
um dunk'ler Trübsal zu entrinnen
und dich auf Neues zu besinnen,
dann öffnet sich vielleicht ein Tor,
um einzustimmen in den [ ... ]
Es ist Morgen und ich staune wie ein Hirsch,
den die Frau gehörnt hat, dem ein kleiner Affe
auf der geklopften Schulter sitzt beim Lausen…
Schon seit Ewigkeiten bin ich auf der [ ... ]