Ängstlich, wie ein aufgescheuchter Vogel, und mit gehetztem Blick rannte ich durch die dunklen, verwinkelten Gassen. Alle zehn Sekunden warf ich meinen Kopf zurück und jedes Mal hörte ich verdächtige Rufe oder laute Schritte. Meine Augen suchten jeden Winkel, an dem ich vorüber lief, nach einem geeigneten Versteck ab, doch nirgends wäre ich sicher gewesen. Also rannte ich weiter, immer weiter; versuchte, meine Verfolger abzuschütteln, indem ich nie länger als ein paar Sekunden in dieselbe Richtung lief. Nach jeder zweiten Weggabelung oder Kreuzung schlug ich einen Haken und verschwand um die nächste Ecke. Mein Atem ging schon seit längerer Zeit nicht mehr regelmäßig und ich spürte einen stechenden Schmerz in der Seite. Meine Füße, die in viel zu engen Schuhen steckten, hatten schon unzählige Blasen davon getragen und meine Beine fühlten sich an als wären sie aus Beton. Doch ich durfte jetzt nicht aufgeben, wenn diese Typen, die hinter mir her waren, mich in die Finger bekämen, wäre ich verloren. Ich riss mich also zusammen, nahm die Beine in die Hand und gab noch einmal alles. Mein Brustkorb fühlte sich an wie ein Luftballon, in den zu viel Luft gepumpt wurde und der jeden Moment platzen würde. Doch als das Rauschen in meinen Ohren langsam nachließ und ich wieder einigermaßen atmen konnte, da ich mein Tempo verlangsamt hatte, hörte ich weder Schritte noch Rufe. Um auf Nummer sicher zu gehen, lief ich noch ein Stück weiter, bevor ich mir eine Verschnaufpause gönnte. Ich hatte es tatsächlich geschafft! Ich habe meine Verfolger hinter mir gelassen und war in Sicherheit. Aber irgendein beklemmendes Gefühl sagte mir, dass es noch nicht gänzlich vorbei war. Also mobilisierte ich meine letzten Kräfte, schwang mich mit brennenden Armen und schmerzverzerrten Gesicht über eine nahe gelegene Mauer und legte mich zwischen Tomatensträuchern und Salatköpfen flach auf den Boden. Im selben Moment brach ich erschöpft zusammen, schloss die Augen und fiel in einen tiefen, traumlosen Schlaf.


© Hamalya


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