Heute habe ich die Wahl der Qual, denn ich will mir die Zeit vertreiben, die mich vertreibt, damit ich nicht auf ewig etwas Übles anstellen kann. Soll ich mich, aus Verlegenheit, einfach haltlos betrinken, oder soll ich rausgehen, ein weibliches Lebewesen, oder etwas mir ähnlich Erscheinendes, egal was oder wie es ist, rundquatschen und schwängern, beziehungsweise was weiß denn ich (?!), damit dem Schicksal die Opferlämmer nicht ausgehen, oder jemand Durchfall bekommt? Ich kann mich zunächst nicht so richtig entscheiden.

Mir scheint alles einerseits zu gefährlich und andererseits zu idiotisch, denn ich wollte eigentlich vorrangig Mensch sein und, oder bleiben, wenn ich schon den Anspruch herbeidenke einer zu sein. Also befinde ich mich in einem Dilemma. Das sich offenbar nicht mit dem Verstand lösen lässt. Was bleibt also übrig? Der Fernseher?

Ich schlage die Programmzeitschrift auf! Viele wunderbare Angebote springen mir entgegen! Was möchte ich mir reinziehen, oder in was will ich mich – notgedrungen – reinziehen lassen?? Ich möchte mich unterhalten lassen, so viel ist sicher. Also eine Quizsendung? Eine Kochsendung, ein Natur- oder Dokumentarfilm? Etwas Pseudo-Historisches?

Bei den Spielfilmen angekommen entdecke ich schwarze Afrikaner mit weißen Westen, die furchtbar klug aus einer Wäsche gucken die sie noch nie getragen haben.
Ich könnte natürlich auch ein Historiendrama anschauen, in dem weiße Alt-Europäer einen Holokaust vollführen, aber darüber habe ich schon so oft Filme gesehen, daß ich zu frieren beginne, wenn ich nur daran denke!

Werbung pur vielleicht – ohne einen Film drumum? Das langweilt aber auch, weil meine Bedürfnisse darin von Leuten dargestellt werden, die geistig vom anderen Ende der Welt kommen und mit mir eigentlich gar nichts zu tun haben… Aber, jetzt hab‘ ichs: Ich wähle den Wissenschaftskanal! Da gibt es sicher etwas von dem ich nachts noch schön träumen kann…

Zu meiner Überraschung muss ich aber feststellen, oder habe ich vielleicht den falschen Sender gewählt (?), daß ich da irgendwie immer persönlich angesprochen werde. Ich soll die Meere verschmutzt und die Luft verpestet haben. Ich sei, so wird gesagt, rigoros unverschämt, weil ich im Wohlstand leben möchte, den ich gefälligst zu verschenken hätte.

An wen ich das machen müsse, stehe mir frei, es dürfen aber auf keinen Fall Leute sein, die, unverschämterweise, so aussehen wie ich und trotzdem, wie ich, gar kein Geld haben. Nachdem aber Geld nur Leuten zustehe, die nicht so aussehen wie ich und meinesgleichen, sei ich quasi gezwungen mich selbst (und alle die aussehen wie ich) ad absurdum zu führen. Das höre ich in einem politischen Beitrag zur Lage der Nation – welcher „Nation“?

Obwohl ich bis zu diesem Zeitpunkt rein gar nichts getrunken habe, muss ich mich jetzt furchtbar übergeben… Den Weg bis zum Klo schaffe ich leider nicht mehr und so ist bald meine ganze Wohnung total versaut. „Das ähnelt wenigstens den Zuständen da draußen ein bisschen“ murmle ich würgend vor mich hin, dann hole ich nach was ich längst hätte tun sollen:

Ich saufe mich ins Koma! Was morgen ist soll mir scheißegal sein. Gegen so viel Unsinn könnte ich nur ankommen, wenn ich auf einmal selber unendlich verrückten Quatsch machte. Aber dagegen sträubt sich leider alles in mir! Dann tue ich letztendlich das Einzige was mir übrig zu bleiben scheint: Ich gehe vor den Spiegel und versuche mich schön zu finden….

„Ich liebe dich“, würge ich schaudernd hervor. Dann füge ich röchelnd hinzu: „Dafür brauche ich keinen Anlass!“ Ob das stimmt weiß ich natürlich nicht, es könnte aber sein, daß mir ein Psychologe sogar dazu raten würde. Gleichzeitig erkenne ich an: Alles was da kreucht und fleucht, ist mir so gleich wie ein Ei dem anderen. Ahua-hua-hua! Zum Glück verliere ich nun den Verstand und darf mich deshalb maßlos freuen. La-la-la-la-la-la….

Wie ich den Abend verbringe…

© Alf Glocker


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Kommentare zu "Wie ich den Abend verbringe…"

Re: Wie ich den Abend verbringe…

Autor: Wolfgang Sonntag   Datum: 14.03.2024 18:08 Uhr

Kommentar: Lieber Alf,
das ist doch mal wieder eine Abend füllende Lektüre.
Bild gefährlich heiß.
Liebe Grüße Wolfgang

Re: Wie ich den Abend verbringe…

Autor: Michael Dierl   Datum: 14.03.2024 19:05 Uhr

Kommentar: Hi Alf, aaaaaaaaaaaaaaaaachhhhjaaaaaaaaaaaaa, die ach so unwillkommene Langweile! Wenn man Gott wäre, würde es NOOOOOOCHHHHHHH langweilige werden - oder etwa nicht??? Denn dem "lieben GOTT" gelingt doch einfach alles, während wir, also der arme Mensch, ein Versager in den meisten Dingen ist, gerade in den leichtesten Disziplinen wie Frieden zu halten versagen wir vollends. Uns kann es also gar nicht langweilig werden, denn es gibt ja so vieles was uns einfach nicht in den Schoß fällt! Wie langweilig muss es wohl den Pfaffenköppen gehn die nicht mal mit Däumchendrehen ihre Langweile totschlagen können denn die müssen ja permanent ihre Hände in Unschuld falten. Da paßt gerade noch ein Glas guten Weines oder auch Meet dazwischen oder ein kleines Kind zum Vergnügen. AMEN!

lg Michael

Re: Wie ich den Abend verbringe…

Autor: Alf Glocker   Datum: 15.03.2024 6:38 Uhr

Kommentar: Haha, vielen Dank liebe Freunde für die tollen Kommentare!

Liebe Grüße
Alf

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