Prolog

4. April 2000
Ich bekomme kaum Luft. Er tut mir weh! Wieso tut er das? Mein Kopf schmerzt und mein Bauch tut weh.
Ich versuche still zu halten, denn ich weiss, wenn ich mich bewege oder etwas sage dann wird es nur noch schlimmer. Einfach stillhalten Ria denke ich… Ria ist mein Spitzname und den mag ich echt gerne. Meine Eltern haben mich immer so genannt. Wenn ich an meine Eltern denke dann spüre ich einen Stich im Herzen. Warum haben sie mich im Stich gelassen. Wieso sind sie nicht bei mir?
Endlich lässt er von mir ab, kniet sich zu mir herunter und sagt mit einem Tonfall der mir das Blut in den Adern gefrieren lässt „Du bist eine kleine nutzlose Schlampe, sieh dich an… nur eine kleine nutzlose Schlampe die sogar von den eigenen Eltern im Stich gelassen wurde. Du hast das Glück, dass du hier bei uns Leben darfst denn ansonsten wärst du in der Gosse gelandet wo du eigentlich hingehörst.“
Er dreht sich um, ich höre die Klickgeräusche welche ich so abgrundtief hasse und Tränen laufen mit über das Gesicht. Endlich ist er fertig, läuft davon und lacht.
Langsam stehe ich auf, gehe ins Bad um mir die Haare zu richten und die Tränen aus dem Gesicht zu wischen und laufe zurück in mein Zimmer.
Auf dem Weg zurück läuft mir Patrizia über den Weg doch ich sage nichts. Sie würde auch gar nichts merken, schliesslich ist es nicht das erste Mal dass ich mit blauen Flecken übersäht bin. Wenn in der Schule die Lehrer fragen lass ich mir immer unspektakuläre Geschichten einfallen. Würde jemand etwas merken dann wäre alles vorbei und ich will doch nicht unter einer Brücke schlafen müssen wie die Obdachlosen in den Filmen die ich immer wieder im Fernseher sehe. Ich schaffe es, schliesslich sind es nur noch 6 Jahre und auch die werde ich durchhalten und dann ist alles vorbei.



Der erste Tag meines neuen Lebens

Heute ist es soweit. Der erste Tag meines neuen Lebens steht mir bevor.
Mein Name ist Ria Jones, ich bin 25 Jahre und bin gerade erst nach Boston gezogen.
Meine beste Freundin Vanessa wohnt hier und nachdem ich endlich die High-School abgeschlossen hatte habe ich mich mit kleinen Jobs über Wasser gehalten und so viel Geld gespart, damit ich endlich nach Boston und weg von meiner sogenannten Familie in Wisconsin ziehen konnte. Vanessa habe ich in der Schule kennengelernt. Meine Lehrerin hat ein Ausstauschprogramm mit einer örtlichen Schule in Wisconsin organisiert und Vanessa war meine Brieffreundin. Sie ist ein Jahr älter als ich und eine total selbstbewusste und aufgestellte Persönlichkeit.
Ihr ist es auch zu verdanken, dass ich den Job bei einer der grössten Marketing Agenturen in Boston erhalten habe. Ab heute arbeite ich als Trainee Sales & Marketingmanager bei der Whiteley Marketing. Agentur.
„Ria, aufwachen wir haben keine Zeit um zu träumen“ sagt Vanessa genervt. Ich stehe im Badzimmer und schaue in mein Spiegelbild und dies nun schon seit über 10 Minuten. Erschrocken fahre ich herum, schaue Vanessa in ihre braunen Augen und lächle. „Sorry Liebes ich bin so nervös dass ich mit meinen Gedanken ganz woanders war.“
„Kein Problem“ antwortet sie lächelnd „aber schmink dir nun endlich auch das zweite Auge und mach dich dann bereit sonst kommst du sogar an deinem ersten Arbeitstag zu spät“
Verwirrt drehe ich mich um, schaue in mein Spiegelbild und muss lächeln. Ich bin so froh die Chance genutzt zu haben und zu Vanessa nach Boston gezogen zu sein. Ich habe sie damals durch die Schule kennen und lieben gelernt. Vanessa ist ganz anders als ich, sie ist offen, kommunikativ, aufgestellt und vor allem sieht sie sehr gut aus und ist immer von charmanten, jungen Verehrern umgeben.

Ich selbst sehe nicht schlecht aus. Ich bin 176 cm gross, braunes, gelocktes Haar und grüne Augen. Ich bin jedoch relativ scheu und zurückhaltend und kann mit Männern nichts wirklich anfangen. Klar, auch ich hatte mich mal in einen Jungen in der High-School verguckt und teilweise beruhte es sogar auch Gegenseitigkeit, aber als es anfing ernst zu werden, als sie mich öfters treffen wollten brach ich das ganze ab.
Ich konnte einfach nicht, es war zu schwierig und ich wollte nicht, dass jemand wusste was in mir und vor allem in meiner sogenannten Familie vorging.
Mein einziger Halt war Vanessa. Während meiner ganzen Jugend schrieben wir uns Briefe. Mit ihr konnte ich über alles reden, oder über fast alles. Sie fand es zwar ziemlich komisch, dass ich mir die Briefe immer in die Schule schicken liess und sie mich nie über Email kontaktieren konnte oder mich ausserhalb des Ausstauschprogramm besuchen konnte aber unsere Freundschaft vertiefte sich von Brief zu Brief immer mehr.
Als ich dann endlich volljährig war und von meiner Familie auf die Strasse gesetzt wurde, suchte ich mir eine kleine gemütliche Ein-Zimmerwohnung im Zentrum.
Endlich kaufte ich mir mein eigenes Handy und so konnten wir uns immer öfters schreiben und sogar telefonieren. Vanessa hat mich nie über meine Kindheit oder Jugend ausgefragt, sie weiss dass meine Eltern, als ich gerade mal 5 Jahre alt war gestorben sind und ich zu meiner Tante kam die ich nicht mal kannte. Patrizia die Schwester meines Vaters war ganz anders als mein Vater. Sie war immer freundlich zu mir machte aber kein Geheimnis daraus, dass sie mich eigentlich nur bei sich hatte, weil sie so vom Sozialamt einen Zuschuss erhielt.
Vanessa war es auch, die mir den Job besorgte und bei ihr durfte ich auch wohnen nachdem sie sich von ihrem Freund Mike getrennt hatte. Ich war vor drei Tagen in Boston angekommen. Das Bewerbungsgespräch hatte ich mit einer jungen Frau namens Samantha Blake per Skype gemacht und heute war mein erster Arbeitstag und ich freute mich wie ein kleines Kind. Ich hatte alle Brücken zu Wisconsin abgebrochen. Meine alte Familie hatte weder meine Adresse, noch meine Telefonnummer. Sie wussten nicht einmal, dass ich weggezogen war. Dean wäre der einzige der es merken würde, wenn das Geld später als erwartet ankäme, aber über dies machte ich mir keine Gedanken.
Ich hatte meine ehemalige Arbeitskollegin Trisha hatte mir versprochen die Briefe die ich ihr monatlich zuschickte direkt an Dean weiterzuschicken. Dean, Dean der eigentlich mein Cousin war, jemand der mir nach dem Verlust meiner Eltern Trost spenden sollte, jemand der 3 Jahre älter als ich war und mich und mein Leben so verändert hatte, dass ich nicht mehr das unbeschwerte kleine Mädchen von damals war. Dean lehrte mich vieles, viel Schlechtes vor allem, denn er lehrte mich, dass ich keinem Mann trauen kann und erschütterte mein Glauben in die Menschen, in Männer und vor allem in mich selbst.


© liegt bei der Autorin


3 Lesern gefällt dieser Text.







Kommentare zu "Denn du entflammst die Hoffnung in mir"

Es sind noch keine Kommentare vorhanden

Kommentar schreiben zu "Denn du entflammst die Hoffnung in mir"

Möchten Sie dem Autor einen Kommentar hinterlassen? Dann Loggen Sie sich ein oder Registrieren Sie sich in unserem Netzwerk.