„Ave Caesar!“

„Ave Tribun! – sind wir gerüstet?“

„Selbstverständlich Caesar. Wir haben alles getan was uns möglich war“.

„Seit undenklichen Zeiten wissen wir von den Angreifern, daß sie nach der Weltherrschaft streben“, gibt Caesar zu bedenken.

„Das macht nichts“ beruhigt ihn der Tribun, „wir haben unseren geistigen Vorsprung“.

„Aha“.

„Ja, immerhin hat er gereicht um die anderen über Jahrhunderte mit unserem Wissen zu versorgen. Bei uns starben die Erfinder, Künstler und Philosophen reihenweise für den Fortschritt. das haben wir ihnen echt voraus. Wie hätten wir die heutigen Angreifer sonst mit den neuesten Katapulten versorgen können?!“

„Eben – so ist es“.

Das klingt gut, doch der Tribun beruhigt den Caesar weiter: „haben wir ihnen nicht auch unsere Ärzte geschickt, unsere Tinkturen und Behandlungsmethoden überlassen, als sie wie die Fliegen starben und ihre Kinder nicht mehr selbst am Leben erhalten konnten in ihrer Not?! Uns haben sie es doch zu verdanken, daß sie uns heute zahlenmäßig um das Zehnfache überlegen sind…“

Caesar schüttelt den Kopf – nicht ungläubig, nur zweifelnd im Innersten.

Der Tribun fährt fort: hinzuzufügen wäre noch, daß die Aggressoren bei uns Militärtaktik studiert haben und auch die Kunst, unsere Messgeräte zu benutzen um Entfernungen zu bestimmen und um die Stabilität unserer Mauern zu berechnen“.

„Ist das alles?“ fragt der Caesar mit belegter Stimme.

„Noch lange nicht“ meint der Tribun. „Wir können außerdem stolz darauf sein, daß fast ein Drittel der Bevölkerung innerhalb unserer Mauern aus Sympathisanten für die Eindringlinge besteht. Wir haben sie den Römischen Frieden gelehrt und ihnen erlaubt ihre Götter bei uns zu verehren, ihre Bräuche zu pflegen, auch wenn sie gegen unsere Gesetze verstießen, denn wir haben ja auch ihre Arbeitskräfte gebraucht. Spricht das nicht auch für uns?“

„Wir haben ihre Arbeitskräfte gebraucht?“

„Nicht wir beide, Caesar – unsere Reichen halt, die nun ihren Einfluss und ihre Handelsverbindungen über die ganze bekannte Welt ausgedehnt haben. Rom ist voll von ihren Palästen! Sie glauben in Ewigkeit zu herrschen, egal was sie tun. Schließen wir uns also ihnen ideologisch besser an“.

Caesar lacht. „Die Situation ist kurios“, meint er trocken. „Sind nicht schon unter den Verwaltungsbeamten Barbaren aus der Steppe, oder sogar im Senat?“

„Es sind Römer wie wir, mein Caesar“.

„Werden sie denn auch fest in unseren Reihen stehen?“

„Aber nein Caesar, das verbietet ihnen doch schon ihr Ehrenkodex! Und die haben sowas noch wirklich. Das macht die Sache eben so interessant! Wir stehen unseren eigenen Waffen in den Händen Fremder gegenüber, die wir – wenn wir mal ehrlich sind – nur aus Profitgier, der Öffnung der Märkte wegen, gefördert haben. Sie denken völlig anders als wir, ohne daß wir das wahrhaben möchten. Und nun sind sie da, um sich den Rest vom Kuchen einzuverleiben, den wir ihnen, penetrant wie wir nun mal sind, fortwährend schmackhaft gemacht haben. Das ist doch ein echtes Denkgeschenk, oder nicht?!“

Just in diesem Moment bekommt Caesar einen epileptischen Anfall – womit er den Tribun aus der Fassung bringt. Ist das jetzt vorgespielt, weil er nicht mehr weiter weiß, oder muss ich mir Sorgen um ihn machen, denkt er, wendet sich ab und geht die Verteidigungslinien ab.

Hinter ihm dampft das göttliche Rom in seinem Wohlstand – die Plebejer einmal außen vorgelassen – und vor ihm brüllen die Kamele so laut, daß man die Fistelstimmen der Sänftenträger mit den Spitzhüten und den Seidenroben nicht mehr hören kann.

Eine witzige Allianz, denkt der Tribun, während der Caesar mit Schaum vor dem Mund vor sich hin krampft. Gleich wird der Angriff beginnen, aber wenigstens wird ihm der Caesar nicht mehr in Quere kommen. Jetzt spricht die katastrophale Ausweglosigkeit und Härte des Augenblicks allein für sich.

Das soll ihm ein Trost sein…


© Alf Glocker


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Kommentare zu "Kampf um Rom"

Re: Kampf um Rom

Autor: noé   Datum: 24.04.2014 0:25 Uhr

Kommentar: Der Text als Text ist schön (gut) verfasst.
Der Inhalt impliziert Unschönes.
2,99 € hat meine schwarze Schlafmaske bei dm gekostet...mit einsetzbaren Kühlpads, falls man mal rote Augen haben sollte...vom Weinen? Nicht, dass ich beides bisher gebraucht hätte, aber, man weiß ja nie...
BiSi

Re: Kampf um Rom

Autor: Alf Glocker   Datum: 24.04.2014 15:08 Uhr

Kommentar: Harharr, wer weiß, wer weiß? Der Freund steht vor den Toren und überrennt unsere Toleranzgrenzen...

CraBro

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