Können Sie Schach spielen? Selbst wenn nicht, dann ist Ihnen klar, dass man zunächst mal die Regeln lernen muss. Doch damit ist es nicht getan. Wer nur weiß, wie die Figuren ziehen, kann nicht wirklich Schach spielen. Es gehört auch ein Basiswissen um grundlegende Spielstrategien und taktische Kniffe dazu. Und dann viel Praxis: Spielen, spielen, spielen. Mit der Zeit verbessert sich das Verständnis des Spiels, fortgeschrittenere Strategien kommen hinzu und irgendwann erkennt man vielleicht sogar, wann man gegen Spielgrundsätze verstoßen darf.
Was hat das mit dem Schreiben von Gedichten zu tun? Gedichte zu schreiben, das erfordert wie das Schachspiel, dass man zunächst die Gesetzmäßigkeiten kennen lernt und anwendet, bevor man sich höheren Sphären zuwendet, sonst bleibt man auf der Anfängerstufe stehen.
Ich gebe zu, dass ich selbst den falschen Weg eingeschlagen und erst mal lustig drauf los geschrieben habe. Sicher sind auch dabei ein paar lesbare Gedichte entstanden – nicht nur blinde Hühner finden mal ein Korn. In den letzten Jahren habe ich jedoch Unmengen an alten Gedichten gelesen und auch die verschiedenen Verslehren studiert. Mein Respekt vor den alten Kämpen ist dabei deutlich gestiegen, meine Möglichkeiten, Gedichte zu schreiben, sind deutlich variabler geworden. Manchmal passt eben ein Gedicht mit Metrum und Reim am besten, manchmal kann man auf Reime verzichten, manchmal sogar aufs Metrum. Die Form soll zum Inhalt passen. Formlosigkeit an sich ist kein Qualitätsmerkmal, auch wenn es gerade in und so bequem ist.
In diesem Jahr habe ich die Artikelserie „Wie schreibt man ein Gedicht mit wenig Schatten und viel Licht?“ auf der Website ‚Gedichte hoch drei’ gestartet. Wie der Titel in etwa verrät, geht es um die ersten Schritte in Richtung Metrum und Reim, denen auch die ersten beiden Artikel gewidmet sind. In der Folge werden diese beiden Grundbestandteile klassischer Gedichte unter verschiedenen Aspekten weiter ausgeleuchtet. Die Lehrmethode ist dabei recht simpel: ein bisschen Theorie, viele Beispiele und dann ausprobieren und spielen.
Beim Schach durchläuft man als Spieler im Schnelldurchlauf die Entwicklungsgeschichte des Spiels, denn das allgemeine Spielverständnis hat sich mit der Zeit gewandelt. Mit der Artikelserie zum Gedichte schreiben möchte ich den Leser in die Lage versetzen, ebenfalls die Entwicklung der Lyrik nachzuvollziehen, beginnend mit der strengen Anwendung von Metrum und Reim im 17. Jahrhundert, die sich im Laufe der Jahrhunderte immer weiter gelockert hat. Zu diesen fortgeschrittenen Schreibmöglichkeiten werden im Laufe der Zeit ebenfalls Artikel erscheinen.
Falls Sie also Lust haben, das Thema Gedichte schreiben etwas ernster anzugehen, um damit wesentlich mehr Spaß zu haben, dann schauen Sie mal vorbei.
Beschwingtheit überkommt mich
beim Blick in ferne Landschaften.
Ich wappne mich gegen böse Blicke
und verletzende Worte.
Ich versuche mich vor Verhöhnungen
und [ ... ]
Es war ein ganz bestimmter Ton:
Stimmt man uns da auf etwas ein …?!
Der VERTEIDIGUNGS-Minister sprach davon,
wir müssten wieder KRIEGSfähig sein!
Mich traf es wie ein harter Schlag:
Rhetorik [ ... ]
Komm einfach her
Und lass uns
Bäume umarmen!
Und reden.
Oder schweigen.
Lass uns
Bäume umarmen
Und fühlen,
Wie die Welt vielleicht
Für den Bruchteil einer Zeit
Schön [ ... ]
Ich weiß nicht, ob diese Worte irgendjemand liest,
Ob sie irgendjemand hört oder sieht.
Aber sie liegen mir auf dem Herzen
Und deswegen diese Nachricht an die Welt [ ... ]