Ein italienischer Mann würde niemals zugeben, schon gar nicht vor einer Frau, dass der von einem angesprochenen Thema keine Ahnung hat. Dann wird entweder immer knapp daran vorbeigeredet oder… mit wissender Miene irgendetwas erzählt. Mittlerweile kann ich damit umgehen und empfinde es als belustigend.

Es ist eine illustre Runde. Zwei Ärzte, ein Lehrer, ein Banker und ein Betriebswirt. Alles liebe, nette Freunde, die ich schon seit Jahren kenne. Wir sitzen in einem italienischen Esszimmer und die Bäuche sind schon gefüllt mit vielerlei Köstlichkeiten. Der Espresso ist bereits genossen und nun wird über Gott und die Welt diskutiert. Es ist warm, alle Fenster sind weit geöffnet und von der Straße hört man den Lärm, den die Italiener so lieben. Der Lärm des Lebens.
„Sagt mal“, frage ich in die Runde, „wie hoch sind denn bei Euch die Notarkosten? Nur so ungefähr.“ Alle wissen, dass ich ein Haus hier in Italien suche.
„Das kostet immer zwischen vier- und fünftausend Euro“, kommt die prompte Antwort vom Banker. Na, der muss es ja wissen – oder?
„Aha. Und wie setzt sich diese Summe zusammen? Ich meine, wie wird sie ermittelt?“ Ich finde die Frage ganz simpel.
„Oh Dio, dass ihr Deutschen aber auch alles so kompliziert machen müsst. Hier wird nichts ermittelt. Es kostet immer so um die Fünftausend“, mischt sich der Lehrer ein.
„Ja genau“, meldet sich der HNO-Arzt zu Wort. „Es kostet eben, was es kostet.“
„Aber das kann doch gar nicht sein“, ich merke schon, dass ich die Männerrunde auf dem falschen Fuß erwischt habe. „Es muss doch einen Unterschied geben, ob ich ein Objekt für zweihunderttausend Euro kaufe oder für das Doppelte. In Deutschland gibt es einen Faktor oder es geht nach Prozenten.“
Das war wohl das entscheidende Stichwort. „Ah si, si. Ja, stimmt“, meint der andere Arzt sich zu erinnern, wobei seine Stirn dicke Denkerfalten aufweist und er fängt an, mit dem Kopf zu nicken. „Richtig. Hier geht es auch nach Prozenten.“
„Gut.“ Nun kommen wir der Sache doch schon näher. „Und… wieviel Prozent veranschlagt man so für die Notarkosten?“
„So zwischen zehn und fünfzehn Prozent“, werde ich knapp informiert.
Nun muss ich tatsächlich lachen. „Also hört mal. Zehn Prozent von zweihunderttausend, das sind ja zwanzigtausend Euro für den Notar. Wer kann denn das bezahlen?“ Ich glaube, die spinnen.
„Siehst Du“, meldet sich nun der Betriebswirt zu Wort, lehnt sich entspannt zurück und nimmt noch schnell einen Schluck Rotwein, „deshalb kostet es hier immer zwischen vier- und fünftausend.“
Ende der Diskussion.


© castagnabella


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Kommentare zu "Die italienischen Männer und ihr Nichtwissen"

Re: Die italienischen Männer und ihr Nichtwissen

Autor: petitecastor   Datum: 17.11.2014 23:53 Uhr

Kommentar: Ich liebe italienische Geschichten, man kann sich richtig vorstellen wie alle am Tisch sitzen und mit Haenden und Fuessen diskutieren! Mehr davon!

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