„Hallo ´Nachtwanderer´, wie bist du mit der Leiche zurechtgekommen?
„Zuerst gar nicht ´Flurwächter´, wir hatten ja schon Probleme damit ein geeignetes Hirntotes zu finden, das überhaupt genug Kapazität für unseren Plan vorweisen konnte“. „Klar“.

„Aber schließlich gelang es, was Passendes aufzutreiben, wenigstens in etwa. Es handelte sich um die Totgeburt eines seltsamen Paares, das sich noch unbedingt einen Sohn gewünscht hatte. Beide übrigens ganz eigensinnige Künstler. Sie haben nichts vom Ableben ihrer Leibesfrucht bemerkt, obwohl man ihnen sagte das Kind sei seit längerem mit Sauerstoff unterversorgt gewesen. Es wurde eine sehr schwere Geburt und es gelang uns in letzter Minute, mich als Kuckucksei einzupflanzen. Von da an wusste ich längere Zeit nichts. So war`s geplant“.
„Und wie hat sich der Avatar angefühlt?“
„Von Anfang an ein bisschen komisch. Ich wusste ja nicht wo ich war, hatte jedoch immer das Gefühl, daß etwas mit mir nicht stimmte. Mein Äußeres wollte so gar nicht mit meinem Seelenleben zusammenpassen. Ich hatte trotz inszeniertem Gedächtnisverlust immer konkrete Vorstellungen von früher“.

„Haha, wir mussten dir doch ein kleines bisschen deines wahren Seins lassen, sonst hättest du dich zu stark angepasst und wärst für uns als Beobachter unbrauchbar geworden“.
„Sehr witzig! – Es war dann schließlich ein einziger Alptraum, nur von diesen winzigen körperlichen Höhenfügen unterbrochen. Ich hatte nur meine Vorstellungskraft als Rückzugsgebiet und war nirgends in Sicherheit“.
„Das hast du ja vor Antritt der Exkursion gewusst. Und: du hast es dir zugetraut!“
…“dämlich wie ich war“.

Beide lachten!

„Also leg los“, regte der „Flurwächter“ an.
„Ich mach“s dann mal kurz, alles weitere wird in meinem ca. tausendseitigen Dossier zu finden sein. Die Informationen wurden gestern aus dem Gehirn des Avatars abgezogen, bevor wir ihn in die Sonne seines Systems warfen“.

„Zu Beginn muss ich gleich sagen: Es gibt auf diesem verrückten Planeten eine Vielfalt von aufrechtgehenden und im weitesten Sinne auch intelligenten Wesen, die sich ´Menschen´ nennen. Tüchtige und weniger Tüchtige. Dabei ist zu beachten – die Tüchtigen richten viel mehr Schaden an als die weniger Tüchtigen. Je tüchtiger sie sind, desto mehr zerstören sie ihre Lebensgrundlagen. Das ist kein Witz!“

„Aha“, staunte „Flurwächter“ ungläubig. Und „Nachtwanderer“ fuhr fort…
„Ganz außergewöhnlich - aus unserer Sicht – sind die Schulen dort. Da geht Dressieren über Studieren! Ich habe nie was von dem erfahren das ich wirklich wissen wollte. Man gab mir nur ein bisschen Handwerkszeug für spätere Unternehmungen mit. Genau genommen wollte man mich aber in ein unsinniges System eingliedern. Außerdem gab es in der Kinderzeit meines Avatars auch eine Menge Sadismus vonseiten der Lehrkräfte. Überhaupt scheint die fröhliche Machtausübung auf diesem Planeten zum Guten Ton zu gehören. Die Regierungen beispielsweise sind redlich bemüht das Volk im Unklaren, über ihre wahren Absichten zu halten und wer darin am besten ist drängt die anderen aus dem Amt. Dabei sind – die vorhandenen Fähigkeiten außer Acht gelassen - Intrigen und üble Nachreden, sowie das Aufdecken scheinbarer oder echter Vergehen beliebt.

In den „zivilisiertesten Staaten“, wenn man sie mal so nennen will, nimmt deshalb schon die Bevölkerung ab. Die Leute sehen sich unmotiviert weil kontinuierlich ausgetrickst. Wer Kinder erzeugt hat, der kann sich sicher sein, daß er sich weitestgehend alleine darum kümmern muss. Einen großen, sorgenden Verband, der sich um das Wohl und Wehe des gesamten Nachwuchses bemüht, gibt es nicht. Das wird aber auch durch das herrschende Konkurrenzdenken verhindert weil jedes gebärfähige Team seiner Brut die besten Zukunftschancen bereitstellen will. So ähnlich funktioniert auch die sogenannte „Liebe“ - ganz nach dem Überlistungsprinzip. Paarungen sind jedoch dem Zufall und den Instinkten überlassen. Wer nicht rechtzeitig zugreift ist „selber schuld“. Nicht die am besten zu einander passen, finden sich…es gehen jene zusammen die am schnellsten handelseinig geworden sind. Die cleveren zeigen gefühlsbetonte Reaktionen professionell im geeigneten Moment.

Die Ergebnisse daraus sind selten überzeugend! Einen Fortpflanzungsführerschein gibt es leider auch nicht – so geht dann Quantität vor Qualität. Wir wären sicher auch längst ausgestorben wenn wir dieses Prinzip angewendet hätten“.

„Ganz gewiss! Gibt es noch etwas sehr wichtiges vorweg zu erwähnen“?
„Wie man`s nimmt, ein paar der lustigsten Eigenarten auf dieser `Erde` sind der Glaube und der Krieg“.
„Wieso?“
„Nun, es gibt Glaubensgemeinschaften, die um des Glaubens willen Bomben werfen oder sich selbst in die Luft sprengen, andere bezeichnen sich von Haus aus als `weltumspannend`, während Eroberungskriege neuerdings mit Kinderwagen geführt werden. Dabei ist nicht mal ganz klar wo die Grenzen liegen. Was übrigens auch geographisch zutrifft… die Grenzen werden mehr durch unterschiedliche Vermögensverhältnisse von Banken und Konzernen definiert als mithilfe kultureller Ausprägungen. Das gilt sowohl für die Masse als auch für den Einzelnen“

Der Flurwächter staunte… Was schlägst Du also nun vor, nachdem wir wissen mit wem wir es zu tun haben“? „Das ist leicht“, meinte der Nachtwanderer „wir müssen rein gar nichts tun, wir überlassen sie ganz einfach sich selbst, die werden das Universum ganz bestimmt über kurz oder lang von sich befreien“

Nachdem dieser erste Kurzbericht als Gedankeninformation an alle in allen Gegenden gegangen war ertönte auf der fernen Welt, (von der Erde aus gesehen irgendwo hinter dem Ereignishorizont) ein globales Lachen das so laut war, daß uns eigentlich hier noch die Ohren davon dröhnen müssten „hahahahahahahahaahaaaaaa…“


© Alf Glocker


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Kommentare zu "Einsatzbericht"

Re: Einsatzbericht

Autor: noé   Datum: 16.04.2014 15:15 Uhr

Kommentar: Eine bitterböse, sehr realistische Satire, mein armer Bruder, was hast Du mitgemacht...
Da traue ich mich ja (fast) gar nicht, Dich auf Interpunktions......anzusprechen, vielleicht nur auf schnell Behebbares: "... körperlichen Höhenfügen..."
tröstende Big Sis

Re: Einsatzbericht

Autor: Alf Glocker   Datum: 16.04.2014 19:10 Uhr

Kommentar: oh, Gottchen, ja - immer diese Eile! Ich habe einfach keine Zeit zum Korrekturlesen...
Und ja, mitgemacht hab ich einiges

Alf

Re: Einsatzbericht

Autor: noé   Datum: 16.04.2014 19:26 Uhr

Kommentar: ...und erst noch VOR Dir...
noé

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