„99 Dinge, die nichts kosten“, steht auf dem kleinen Büchlein, dass ich aus der Ferne entdeckt hatte und nun in meinen Händen halte. Ich komme nicht herum, das Büchlein vorsichtig aufzuklappen und darin herumzuschmökern.
Um mich herum verblasst das hektische Treiben herumwuselnder Menschen. Alle auf der Suche nach dem perfekten Geschenk. Einmal im Jahr verfällt ein jeder dem Rausch, das Schönste zu geben. Koste es, was es wolle! Damit wollen wir unsere Dankbarkeit, Zuneigung und Liebe ausdrücken. Kaufrausch, anderen und vorallendingen sich selbst, eine Freude machen.
Auch ich bin heute besonders Früh aufgestanden, um mich in die Menschenmenge zu stürzen, auf der Suche nach dem besonderen Gefühl. Seit Stunden irre ich nun umher. Das Hochgefühl ist inzwischen dem Frust gewichen. Ich kann nichts finden. Alles, was ich in meinen Händen halte, ist zwar mit Geld zu bezahlen, löst jedoch kaum Gefühle in mir aus. Es möchte sich einfach keine Freude einstellen. Und dann, ganz plötzlich, sehe ich dieses kleine, bunte Büchlein und mein
Herz macht aus mir unerfindlichen Gründen einen Satz!
„Was kostet heutzutage denn nichts?“, frage ich mich, während ich im
Büchlein herumblättere. Wie aus Zauberhand bleibe ich auf einer Seite stehen. Schrottwichteln, steht da in freundlich gestalteter Schrift geschrieben. „Was ist das denn?“ höre ich mich im Gedanken fragen. Wichteln kannte ich noch aus meiner Schulzeit und fand den Brauch immer völlig bescheuert. Aus meiner Zeit in Skandinavien wusste ich, dass der Julklapp dort oben immer noch Hoch im Kurs steht. Anonym werden sich gegenseitig kleine Geschenke gemacht, welche statt eines materiellen eher originellen Wertes entsprechen sollen.
Aber Schrottwichteln? Noch nie gehört. Das Büchlein erklärt, dass es dabei darum ging, eine Regel u n b e d i n g t zu beherzigen: zu schenken, ohne etwas -neu- zu kaufen!
Fernab vom Treiben, in aller Stille, soll ich mich daheim durch meine Sachen wühlen und Geschenke finden?
Meine Gedanken überschlagen sich. Urplötzlich und ganz von allein, fallen mir hundert kleine Dinge ein, welche ich von Herzen geben möchte. Originell, wertvoll weil ich sie aus meinem persönlichen Besitz, liebevoll ausgesucht und verpackt, dem
Menschen übergebe, zu dem das gewählte Stück wirklich gehört.

Ich lege das Büchlein zurück in das Regal und wandle leichtfüssig aus dem Laden hinaus ins Freie. Ein Lächeln ziert mein Gesicht. Ich begebe mich besinnlich und voller Dankbarkeit auf den Weg nach Hause, um dort die Freude zu finden, nach der ich seit Stunden gesucht hatte.


© Persönliches Eigentum


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Beschreibung des Autors zu "Schrottwichteln"

Vom Suchen und Finden in der Weihnachtszeit




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