(Mitwirkende: Ein etwas überkandidelter Prinz, ein
sächsischer Bote und natürlich der fünffüßige Jambus)

PRINZ:
Ich kann es nicht ergründen, s'treibt mich an,
ob ich, gefesselt wie ein Narr, mein Schicksal
in fremder Mächte Hände legen muss?
Ob's mir entwischt so wie ein Kobold gar?
Werd' ich die Grenzen meines Seins ergründen?
Werd' ich den inneren Kern des Pudels finden?

(es klopft, ein Bote tritt ein)

Was gibt es Pudel? Äh, ich meinte Bote?
Du scheinst ermüdet, doch von echtem Schrote.

BOTE:
Ermattet bin ich in d'r Tat, denn dieser Ritt
durch Wett'r, Nacht und räuberisches Diebsvolk,
in Dresden uffgehalten durch Pegida,
vorbei an meener Heimatstadt Apolda,
war sehr beschwerlich, doch ich will nich' klagen.

PRINZ:
So sprich, ich warte, was hast du zu sagen?

BOTE:
Ihr wisst, o Prinz, dass Eure tapfer'n Ritter
sich hint'r Dresden schlagen mit den Hessen.

PRINZ:
Oh Gott, das hätte ich ja fast vergessen,
hab nachgegrübelt wie ich's tu so gerne
über das Leben und des Pudels Kerne.
Da bleibt kaum Zeit, die man für's Amt gern hätte.

Also, wie stand die Schlacht, als du die Stätte
verließest, drehte sich das Glück, das – ach! –
so unberechenbar uns narrt, wenn wir's
am wenigsten erwarten –
war'n wir siegreich?

BOTE:
Lasst mich berichten, Prinz, von Anfang an,
denn nur en Ausschnitt, ganz verkürzt und karg,
kann nicht verwirrtes Kriegsgescheh'n ärhellen.
Was dort geschah?
Erst stürmten Eure Ritter
geharnischt von den Sohlen bis zum Scheitel
klirrend und lärmend ein auf Feindes Reihen;
doch der – gut vorbereitet – griff die Bögen
und schoss ein Meer von Pfeilen auf die Ritter.
So mancher Pfeil fuhr in die ädle Brust
wohl eines Ritters, den 'r niederstreckte –
was dann der anderen Mut noch eher weckte!
S' war keene Schlacht, es war en Schlachten,
Wie die sich gradwech um de Ecke brachten.
Sie schlugen um sich, Schwerter in den Händen,
's war mir klar – dees würde böse enden.

PRINZ:
Nun komm zur Sache, reiß' dich mal am Bändel,
wer war am End' der Sieger in dem Händel?

BOTE:
Auch wenn's verrückt klingt, sag ich, wer es war.
Es war een Fräulein, zart, mit blondem Haar...

PRINZ:
Ein Weib??!

BOTE:
..Genau! Das nackt im Weiher plantschte.
Dass rings e Schlacht getobt, sie wusst' es nich',
so sehr war sie beschäftigt mit Hygiene,
dann stieg sie nackt, wie sie von Gott erschaffen,
ans Ufer,
– und die Krieger, nur am Gaffen,
glaubten, den Wass'rgeist zu seh'n, sie fielen
rings auf die Knie, begannen laut zu beten.
Die Jungfrau deckte ihre Scham betreten.
Man kennt's von alten Renaissanggs-Gemälden,
Wo ooch den Frau’n durchweg de Schlüpper fehlten.
Die Ritter fragten sich, ist sie e Magd
Oder 'n edles Fräulein von Geblüte,
nagg'lich gab's nämlich keene Unterschiede.

Als sie so stand, rief plötzlich laut en Ritter:
Sie hat den blauen Mantel abgelegt
und will den heiligen Frieden zwischen uns,
die heilige Einigkeit uns wied'r schenken.
So lasst uns nun das schnöde Kriegsgerät
in diesem Teich, aus dem sie stieg, versenken.>

So kam's! Die Schwerter lagen jetzt am Grund
und Singen drang aus rauher Ritter Mund.
Man schloss, soweit’s die Rüstung möglich machte,
zärtlich gerührt sich in die starken Arme,
drückte sich Küsse heimlich uff’s Visier.
Vermutlich gab's ooch hier und dort ad hoc
'e Erektion unter 'm Waffenrock.

PRINZ:
Was soll ich machen? Bote, tu’s mir kund!
Du kommst herum und sprichst mit dem und jenem.
Du bist des Volkes Stimme, bist sein Mund.

BOTE:
Hört Prinz, ich wollt's Euch schon seit vielen Tagen
eenmal ganz ehrlich ins Gesichte sagen:
Zwar steht es mir nich' zu, Euch zu belähren,
doch Ihr sollt trotzdem meene Meinung hören.
Ihr solltet Euch, wenn sich Armeen z'rtrümmern,
Vielleicht 'n wenig mehr um's Ganze kümmern.

Im Volk hört man so manchen bösen Spruch,
Politiker sind viel’n een rotes Tuch.
Das Volk will endlich, dass de Majestäten
statt nur zu reden mal was tuen täten.
Bei manchem lässt es sich och nich’ bestreiten:
es wär ganz gut, er tät' vom Hofe reiten.

Ich darf mich untertänigst jetzt entschuld'gen,
heut hab ich keene Kraft mehr, Euch zu huld'gen.
Och wenn ein Bote mal die Wahrheit kündet,
muss er druff achten, dass er Ruhe findet.
Und Ihr, die Ihr ja oft so vieles kennt,
wisst sicher, was mer Wörk-Laif Bälänz nennt.


© Peter Heinrichs


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Beschreibung des Autors zu "Frontbericht (eine Theaterparodie)"

Mit dem fünffüßigen Jambus ist es so eine Sache, er strukturiert den Text, nähert ihn aber auch der normalen Sprechweise an. Das ist einer der Gründe, warum beispielsweise Shakespeare ihn grundsätzlich wählt.

Wenn man eine Weile Dramen in fünffüßigen Jamben gelesen hat, fängt man selber an, so zu sprechen. Und deshalb habe ich dieses Metrum auch für meinen Beitrag gewählt.


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Kommentare zu "Frontbericht (eine Theaterparodie)"

Re: Frontbericht (eine Theaterparodie)

Autor: mychrissie   Datum: 09.06.2018 0:51 Uhr

Kommentar: Danke Jasmin! Es hat mir auch diebischen Spaß gemacht, das zu schreiben, und ich werde es in fünf Tagen beim Poetry Slam vortragen. Grüße, Peter

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