WER REITET SO SPÄT...

Eine Ballade vom Bodensee

Wer reitet so spät noch über den See?
Es ist Martin Walser, bei Eis und Schnee.

Er reitet nach Bodman und kann’s kaum erwarten,
sein Ziel ist der Lenk’sche Skulpturengarten.

Er drischt auf das Ross und das ist verkehrt.
Es ist kaum zu halten 'Das fliehende Pferd'.

So fallen zu Boden das Ross und der Reiter,
und beide gehen im Laufschritt weiter.

Vom Bodmaner Ufer kommt ihm einer entgegen,
der ruft: „Herr Walser, Sie sind aber verwegen,

sie reiten des Nachts bei Eis und Schnee
und klirrender Kälte über den See?

Was treibt Sie, Herr Walser? Das ist schon gediegen,
Sie sind doch nicht etwa vom Brunnen gestiegen?

In Überlingen, Herr Walser, da ist Ihr Stand oder
möchten Sie reichen Herrn Lenk Ihre Hand?

Ach ja, ich weiß schon, Sie wollen vergeben
dem, der Sie tat in die Höhe dort heben.

Sie sitzen hoch oben, das ist nicht verkehrt,
zumal Ihr Sitz ist 'Das fliehende Pferd'.

Das hatte als Film bereits große Premiere
und brachte für Sie noch mehr Ruhm und Ehre.

Sie sind schon unsterblich durch Literatur(en)
und Peter wird’s auch sein durch seine Skulpturen.

Drum führe ich Sie jetzt in seinen Garten,
dort an dem Brunnen wird er Sie erwarten.

Und seh'n Sie, dort steht er und freut sich auf Sie,
unbändig lachend – und voller Euphorie."

Doch jetzt kommt das, was kommen muss
noch vor dem ersehnten Versöhnungskuss.

Sie hauen und stechen mit Worten einher.
Man hört, das fällt ihnen gar nicht so schwer.

Die Worte sind spitz wie Degen es sind.
Sie fallen hernieder so schnell wie der Wind.

Doch dann ist’s vorbei mit diesem Getue,
keiner schiebt dem andern mehr was in die Schuhe.

Jetzt reichen sich beide im Frieden die Hände
und machen nach Jahren dem Zwist ein Ende.

Zwei Große vereinen sich durch ihre Künste.
ihre Querelen sind nur noch Nebeldünste.

Am Ende gar siegte die Weisheit von beiden;
zwei große Künstler können sich wieder leiden.


© Werner Leder


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Beschreibung des Autors zu "WER REITET SO SPÄT..."

Der Autor wurde inspiriert durch den Brunnen an der Überlinger Promenade wo Peter Lenk seinen Freund Martin Walser (blickend gen Lindau) angeblich ungefragt auf eine klapprige Märe gesetzt hat. Die Medien berichteten immer wieder, dass die beiden darüber in einen Streit geraten seien und nun nicht mehr miteinander sprechen. Aber das war "nur" die Öffentlichkeit. Privat war zwischen den beiden, wie man so schön sagt: alles in Butter.

Peter Lenk wurde zu dieser Arbeit angeregt durch Gustav Schwabs berühmte Ballade vom Bodenseereiter, in welcher der Dichter eine Legende aus dem 16. Jahrhundert erzählt, der zufolge ein Reiter unwissentlich den zugefrorenen Bodensee überquerte und vor Schreck stirbt, nachdem er sich bewusst wurde was er getan hatte. Peter Lenk deutete die Legende satirisch auf den Schriftsteller Martin Walser um, der in Überlingen lebt.

(Veröffentlicht mit Einverständnis des Schriftstellers Martin Walser und des Bildhauers Peter Lenk).

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