Es lebten einst in Babylon
Familien, die verfeindet sind.
Die Einen hatten einen Sohn,
Ein Mädchen war der And'ren Kind.

Und diese zwei sich liebten sehr
Trotz allem Widerstand-
Die Eltern mmachtens ihnen schwer,
Doch fest war schon der Liebe Band

Es war ein Riss in einer Wand,
Gemacht von eines Menschen Hand
Er war ganz unscheinbar im Licht,
Doch was bemerkt die Liebe nicht?

Durch diesen sagten sie sich auch,
Sobald die Sonn' vom Himmel strahlt,
Die Worte zart, wie Windeshauch,
Der in den alten Tempeln hallt.

Und wenn der Tag sein Ende fand,
Sagten sie zu sich "Lebewohl"
Und drückten Küsse an die Wand
Was drüben nicht ankommen soll.

Zusammen schmieden sie den Plan,
Wie man aus Babel fliehen kann.
Und diesen führen sie auch aus,
Verlassend nachst der Eltern Haus.

Und dann, im leichtem Mondesschein,
Sie täuschten die, die wachten,
Weil sie an Nino's Grabesstein
Zu treffen sich gedachten.

Die Thisbe war als Erste da
Im Schatten unterm Maulbeer.
Doch das, was sie als Nächstes sah,
Entsetzte sie gar sehr:

Eine Löwin kam vom Wald herab,
Die sich zum Becken gleich begab,
Wohin der Quelle Wasser fielen,
Um ihren großen Durst zu stillen.

Wohl wissend um Gefahr
Entfloh die Thisbe schnell
In eine Grotte, die da war.
Am Boden bleibt ihr Umhang hell.

Obwohl verschmiert mit frischem Blut
Die ganze Löwenfratze,
Zerreißt den Umhang sie mit Wut,
Die große, gelbe Katze.

Da kommt der Pyramus zum Ort
Den blut'gen Schleier findet dort.
Starr drückt er Küsse auf das Rot,
Der Meinung, Thisbe wäre tot

Mit bebenden Lippen spricht er dann,
Indem er sich schwere Vorwürfe macht:
"Ach Liebste, ach Liebste, was hab ich getan?
Ich habe dich um dein Leben gebracht..!

Tränen werden benetzen die Wangen,
Von Trauer wird meine Seele verzehrt!
Es wird nicht schwer sein, zu dir zu gelangen
Und helfen soll mir dabei nun mein Schwert!"

Betäubt von Kummer und von Schmerz
Rammt er das Eisen sich ins Herz.
Dann bleibt er liegen, schwer verletzt.
Sein Blut die Wurzeln fein benetzt.

So wie vom Krieg 'ne große Narbe
Dem Menschen bleibet als Geschenk,
So kriegt die Frucht die rote Farbe
Des Bluts des Mannes als Gedenk.

Beflügelt von dem großem Glück
Mit Pyramus bald wegzugehen,
Kehrt Thisbe an den Ort zurück,
Nicht ahnend, was dort ist geschehen.

Sie sieht den Liebsten unterm Baum
Er zappelt nur und atmet kaum,
Ermüdet von des Kampfes Last.
Das Mädchen dann vor Schreck erblasst.

Am ganzem Leid sie heftig zittert,
Wie Wasser, das vom Wind gestreicht.
Des Liebsten Tod das Mädchen wittert,
Sieht, wie das Leben ihm entweicht.

Verzweifelt jammert sie dann noch:
"Welch Schicksal bloß entriss dich mir?
Oh, Pyramus, so antworte mir doch!
Deine dir liebste Thisbe ruft zu dir..!"

Er hebt nur noch die schweren Lider,
Sieht Thisbe an und schließt sie wieder.
Es ist ihm weder kalt, noch warm.
Er stirbt nun schnell in ihrem Arm.

Sie findet dort auch ihr Gewand
Und Pyramuses Schwert daneben.
Sie sprach:" Die Liebe dein und deine Hand,
Sie beide nahmen die das Leben!

Auch ich besitze eine Hand,
Mit ganzem Herzen lieb ich dich!
Weil starke Liebe uns verband,
Dem Toten folgen will nun ich!

Oh, auch ihr Väter beide,
Die lebten lang als Feinde,
Höret die Bitte, die ich hab:
Legt uns zusammen in ein Grab!

Und du, du Zeuge dieses Leides,
Der du dich wiegst im Winde sacht,
Trag zur Erinnerung von Beiden
Die reifen Früchte schwarz wie Nacht!",

Dies sagt sie zu der Maulbeer
Und atmet tief die Nachtluft ein.
Dann packte sie sein Eisen schwer
Und stürzt sich lautlos hinein.

Die Stille kehrt dort wieder ein;
Der Mond vom Himmel leuchtet rein.
Die Ruhe herrscht, man hört nichts mehr
Der alte Friedhof ist nun leer.

Die Götter, die vom Wort bewegt,
Ihr ließen die Gewähr:
Die Urnen man in Erde legt,
Schwarz ist die Frucht der Maulbeer...


© Ayleen_Schwarzfeldt


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Beschreibung des Autors zu "Pyramus und Thisbe"

Eins meiner frühesten Werke (21.07.2008). Die Ballade handelt von Pyramus und Thisbe, den Prototypen von Romeo und Julia

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