Was war ich damals für eine Person?...
Zu behaupten,ich war menschlich, wäre blanker Hohn...
Nichts war mir damals wirklich wichtig...,
aber auch das Leben nach Protokoll hielt ich nicht für richtig.

Für meine Eltern war ich nur eine "perfekte" Vorzeigefigur.
Für sie zählte immer nur:
"Du musst dich deinem Schicksal fügen...
Entsage deinem Blute nicht!
Erfülle im Leben deine Pflichten und erlange Ehre
bevor dein Todestag anbricht........"

Nach diesem Motto wurde ich erzogen.
In meinen ersten 20 Lebensjahren...
Hatte ich meine Eltern kein einziges Mal belogen.
Meinen ganzen Lebenslauf hatten sie nach ihren Vorstellungen geplant....
Und bei dem auch nur kleinsten Fehltritt....
wurde ich sogleich ermahnt.

Mir war immer klar,was ich werden sollte,aber...
Ich machte mir nie Gedanken darüber, ob es vielleicht nicht das war,was ich wirklich wollte.
So etwas hatte ich nicht zu denken...,
Denn auch mit meinem adeligen Blut...
Würden sie mir Nichts schenken.
Sie haben mich nie mit Samthandschuhen angefasst.
Manchmal glaubte ich wirklich...Sie hätte mich gehasst...

Meine Kindheit zog an mir vorbei.
Gleichaltrige waren mir immer einerlei.
Als Kind durfte ich nur selten spielen.
Immer nur sollte ich streben nach höheren Zielen.

Genauso wenig hatte ich viel zu meinen Brüdern Kontakt.
Ich habe sie nur selten getroffen.....,
Aber ich sollte jemanden besonderes kennenlernen,
der mir zeigte,wie es funktionierte......das
"auf etwas hoffen".

Als ältester Sohn war das Schlachtfeld mein zu Hause.
Nur um meiner Familie Ehre zu bringen...
tötete ich fast ohne Pause.
Im Kampf war es das Normalste von der Welt...
Köpfe rollen...
Bis der erste Sonnenstrahl die getrübte Sicht erhellt....
Alle schienen für die Qualen der Opfer blind.
Sie verloren ihre Menschlichkeit schon, wie ich als Kind.

Das Erbe einer Schachfigur würde auch eine solche werden
und ohne eine Seele und wahren Verstand sterben.

Nach einem weiteren Blutvergießen...
kam ich eines Nachts nach Haus zurück.
Dabei wollte ich gar nicht dorthin,
Denn auch dort gab es für mich kein Lebensglück.
Ich wollte nach diesem Tag einfach nur meine Ruhe haben.
Es bereitete keine Freude mir vorzustellen,
Wie viele heute schon durch meine Hand starben.
Meine Brüder waren klug genug mich nicht zu stören.
Keinen Laut ließen sie von sich hören.
Sie wagten es nicht sich mit mir anzulegen.
Jeder von ihnen würde es bereuen sich gegen mich zu erheben.

Keinen von ihnen hatte ich bis dahin wirklich gekannt.
Ich wusste nicht viel mehr,
als, wie sie wurden von unseren Eltern genannt.
Meine Beziehungen zu anderen waren eine einzige Formalität.
So war es schon immer gewesen.
Ich dachte nicht daran,dass es sich auf ein mal ändern würde, als ich begann die Tausend Formulare vor mir
durchzulesen.
Meine angestammten Pflichten ließen mich nicht mal in meinen eigenen vier Wänden los.
Dafür war wohl der Spalt zwischen meinen Wünschen und meiner Arbeit einfach zu groß....

Mein Körper gehörte eben nicht mir allein
und hätte es den nächsten Moment nicht gegeben....
Dann würde es auch für die Ewigkeit so gewesen sein.

Keinen Wimpernschlag später klopfte es leise an meiner Tür...
Wer wagte es tatsächlich mich jetzt noch zu belästigen?
Wütend, wie ich darüber war stand ich auf....
und der Griff meiner Faust begann sich zu festigen.
Unwirsch riss ich die schwere hölzerne Tür vor mir auf,
aber aus meiner Sicht gab es niemanden,der vor mir stand...
Doch plötzlich bemerkte ich diese schüchternen Kinderaugen, wie sie sahen zu mir hinauf
und spürte,wie jedes grausame Bild aus meinen Gedanken verschwand...

Ihr Augenglanz spiegelte nur Unschuld und Reinheit wieder...
Bei diesem Anblick legte wahrscheinlich jeder noch so kalte Mörder die Waffen nieder.
Wer war dieses kleine Mädchen vor meinen Augen?
Ein lächelndes Kind in der Hochburg der Arroganz und der Emotionslosigkeit?
......Kaum zu glauben.....

Sie schritt etwas zurück und verbeugte sich tief.
"Ich hoffe,dass euer Feldzug ohne weitere Schwierigkeiten für euch verlief."
So perplex, wie ich war,nickte ich nur stumm.
Naja.....
Wir hatten schließlich einen weiteren Sieg errungen.
"Seit ihr euch da wirklich sicher?
Verzeiht,aber ihr seht so traurig und betrübt aus."
Eigentlich hätte ich jetzt wahrscheinlich sagen müssen:
Schweig!Was nimmst du dir heraus?
Aber warum sollte ich es leugnen....
Ich war unglücklich...und wie es scheint....sah ich wohl auch so aus.
Trotzdem sagte ich nichts dazu,
Aber ihr ließ es doch tatsächlich keine Ruh.

"Bitte sagt!Geht es euch nicht gut?
Habt ihr euch vielleicht verletzt?"
Mit diesen Worten hatte sie mir gar einen noch größeren Schlag versetzt.
Noch nie hatte jemand von sich aus nach meinem Wohlbefinden gefragt.
Da ich aber wusste,dass es niemanden interessierte,
beließ ich es dabei und hatte mich auch nie beklagt.
Ich bemerkte es erst gar nicht,doch ich musste einfach lächeln.
Dabei war ihr wahrscheinlich gar nicht klar.
,wie sehr sie mir damit einen Gefallen tut.
"Nein!Nein !Keine Sorge.Es geht mir gut."
Sofort strahlte mir wieder ihr Lächeln entgegen.
Wie konnte man nur so viel Freude in seinen Gesichtsausdruck legen?

Sie schien sich tatsächlich darüber zu freuen.
Ich hatte wirklich mal etwas gesagt,was ich würde auch noch in 100 Jahren nicht bereuen.
Eine solch einfache Emotion auf ihrem kindlichen Gesicht...
war soviel mehr wert,als meine von Blut getränkte Plicht.
Nur schade,dass der Rest der Welt das einfach nicht sah,
denn eigentlich war einem das wahre Glück so nah.
Zu einem schönen Leben brauchte man doch nicht viel,
Aber wie es scheint....
streben die Menschen lieber nach einem dunklen Ziel
Und das sogar ohne Sinn und Verstand.
Wichtig ist nur der,der am meisten Ruhm erlangt.

Für mich war es gerade ein so schöner Moment,
doch oft dauert es nicht lange bis man erkennt,
dass jeder noch so schöne Augenblick mal zu Ende ist
und man merkt, wie sehr man dieses Gefühl doch vermisst.

Ich verfluchte den Moment ,wo am Ende des Ganges plötzlich die Tür aufsprang...
und eine aufgeregte Männerstimme erklang.
Es war mein erster Bruder der rief:
"Schwesterchen. Da bist du ja!"
Was?Dieses Mädchen vor mir....
war meine eigene kleine Schwester?!

Zuerst dachte ich nur:
Das ist ein Traum.......
Das kann doch nicht sein.....
Aber mein Bruder schien es wohl nicht zu verneinen.
Ich bekam kaum mit ,wie er sich für sie entschuldigte.
Er hatte sie zu sich auf den Arm genommen.
Sie hätte mict nicht stören wollen.Sie wollte nur ihrern größten Bruder mal kennenlernen.
Er verschwand mit ihr so schnell...wie sie war zu mir gekommen....
Innerlich erstarrt, sah ich ihnen wortlos hinterher.
Irgendwas zu sagen,schaffte ich nicht mehr.
Doch bevor sie durch die Tür verschwanden
sah sie nochmal zu mir zurück....
Sie lächelte wieder,winkte mir zu und ich wusste,dass ich es in ihr gefunden hatte...
Das wahre Lebensglück.


© Red Papermoon


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Beschreibung des Autors zu "Eine fast vergessene Emotion"

Der Bruder meiner Protagonistin ist 16 Jahre älter als sie selbst.
In einem überraschenden Augenblick sieht er sie zum ersten Mal.Er ist nun mehr zwanzig und sie ist erst vier, aber durch seine Feldzüge war er gezwungen mehrere Jahre auf dem Schlachtfeld zu verbringen und hatte erst jetzt wieder die Möglichkeit nach hause zu kommen.Zuvor hatte er sie noch nie gesehen noch von ihrer Existenz erfahren.
Wie es weiter geht ,könnte ihr schon bald in einer neuen Geschichte von mir lesen.
:)
LG Red Papermoon




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