Es steht ein kleines Köhlerhaus
im tiefen, dunklen Tann.
Ein Licht durchdringt die Finsternis,
so fängt das Märchen an.

Im Haus, da lebt' ein armer Mann,
er liebt' 'ne stolze Maid.
Sein Herz, das war vor Sehnsucht schwer,
er hätt' sie gern gefreit.

Er ging zum Meiler Tag für Tag,
die Arbeit, die war hart,
wünscht sich, dass ihn ein holdes Weib
mit einer Stimme zart,

begrüßt, wenn er zu später Stund
nach Hause kehrt zurück.
Nach einem langen Tagewerk
wär' das sein größtes Glück.

So aß er einen Kanten Brot,
trank Wasser von der Quell,
fiel müde dann ins Bett hinein,
schon bald wurd's wieder hell.


Um's Haus da flog in jeder Nacht
'ne Hex' auf ihrem Besen,
denn in dem tiefen, dunklen Wald,
da gibt's so manches Wesen,

das kennt sich aus in der Magie,
kann zaubern und auch hexen,
braut hier und da 'nen Zaubertrank
aus allerlei Gewächsen.

Des Köhlers Unglück rührt' die Hex',
drum klopft' sie bei ihm an.
"Ich will dir helfen!", sprach sie schnell.
"Du bist ein guter Mann!"

"Verwandeln will die Tränen ich,
ich mache sie zu Gold!
Damit gewinnst du deine Maid,
gewiß ist sie dir hold!

Nur eines gibst du mir dafür:
In jeder Hexennacht,
da hole ich zum Tanze dich,
bis das der Tag erwacht!"


Der Köhler strahlte voller Glück,
im prächtigen Gewand,
mit einem Beutel voller Gold,
nahm er des Mädchens Hand.

So lebten sie ein gutes Jahr,
dann war der Reichtum fort!
Er führte sie zum Köhlerhaus,
doch diesen dunklen Ort,

den fand das Mädchen widerlich,
es fing zu zetern an.
So leben wollt' es wahrlich nicht,
wollt' keinen armen Mann.

Es ging so bis zur Hexennacht,
da klopft die Hexe an.
Zum Brocken flogen sie geschwind,
wo bald der Tanz begann!

Des Köhlers Weib verließ das Haus
in jener dunklen Nacht.
Ein Waidmann half ihr gern dabei,
's hat ihm kein Glück gebracht!


Der Köhler kam im Morgengraun,
das Haus, das fand er leer,
sein Weib war fort, doch kümmert's ihn
im Grunde gar nicht mehr.

Die Hex', die kam in jeder Nacht,
sie lehrt' ihn die Magie.
Die Arbeit ging jetzt wie von selbst,
sein Herz war froh wie nie!

So lebt' er glücklich manches Jahr,
half Menschen in der Not,
flog auf dem Besen durch die Nacht
hinein ins Morgenrot


© Sigrid Hartmann


8 Lesern gefällt dieser Text.










Beschreibung des Autors zu "Walburgisnacht"

Eine kleine Geschichte aus dem Harz, wo es ja noch immer Hexen geben soll!?!

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Kommentare zu "Walburgisnacht"

Re: Walburgisnacht

Autor: Suedwind   Datum: 08.05.2014 21:59 Uhr

Kommentar: Unglaublich! Perfekt!
Meine Verehrung!
Habe die Ballade einige male hintereinander gelesen, so beeindruckt war ich!
Liebe Grüße!
Gustl!

Re: Walburgisnacht

Autor: sissy   Datum: 09.05.2014 15:16 Uhr

Kommentar: Herzlich Dank :-)))
LG Sigrid

Re: Walburgisnacht

Autor: Evia   Datum: 24.08.2015 6:40 Uhr

Kommentar: Wunderbar :-)

PS
und ... ja ... es gibt es Hexen ;-)

LG
Evia

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