Durch die Länder strich ich einst,
auf Wanderschaft mit meinem Geist,
führte mich der Weg zu einem Dorf,
ich weiß nicht wie es heißt.
Doch um die schweren Füße auszuruhen,
Kam es mir ganz gelegen
Und in der Gastwirtschaft gönnt´ ich mir ein Bier
Konnt´ die Fersen hochlegen.

Da fragte mich der Herr vom Tisch
Der neben meinem stand
Wohin mich denn mein weiter Weg so führt?
„Das sei mir nicht bekannt“,
Sprach ich, „wohl geh ich wie es gefällt
Denn es kann nicht mehr überraschen,
Als ein Weg dessen Ziel ich selbst nicht kenn´.
Losmarschiert ohne etwas in den Taschen.

Ich bin auf der Suche nach einem Ort
Der nur noch von der Heimkehr übertroffen wird.
Dessen Wonne ein jeder erst richtig kennt
Hat er auch genug Entbehrung gespürt
So hab ich auf der Reise nichts gesucht,
Doch such ich mir das Beste aus.
Ansonsten wende ich mich voller Freude
Zurück zu mein Hof und Haus.

Zunächst führt mich der Pfad durch den Wald
Der sich über die Berge dehnt.“
Sogleich hob mein Gesprächspartner seine Brauen
Kaum hatte ich das erwähnt
Er lehnte sich rüber und fragte mich
„Weiß ich denn nicht was der Mensch sich hier erzählt?
Ein Künstler hat hier einst gelebt
Der, hatte er sich ein Objekt erwählt

Dieses, so wie er es hat gesehen
In den marmornen Stein festhielt.
Jede Ader jede Strähne vom Haar
Wurde verewigt, als wenn er spielt.
Er hat Figuren erschaffen die den David,
des Italieners, bei weiten übertrafen
Doch eines Tages vielleicht wurde er verrückt,
Vielleicht auch wollt er sich strafen,

Hammer und Meißel in die Hand
Ging er, mehr nahm er nicht.
Doch bis hierher hört man sein Werkzeug
In dem fahlen Mondeslicht
Erschallt sein schlagen aus dem Wald,
Geht von hier keiner mehr hinein.
Schon manch einer sei verschwunden
Es heißt der Bildhauer macht ihn zu Stein

Und so rate ich ihnen,
überqueren sie den Berg nicht in der Nacht.“
Ich stand auf, gab ihm noch ein Bier
„Ein verwünschter Metz? Selten so gelacht.
Ich hab genug geruht denn noch heute
Will ich über diese Berge kommen
Ich grüße euch den Bildhauer, den Mörder,
den Dämonen, hab ich sie erklommen.“

Ich verließ das Dorf in Richtung Berge,
dort wo der angebliche Bildhauer lebt
der Tag neigt sich schon gegen Abend
ich wäre auf dem Berg wenn der Mond aufgeht.
Ohne Angst oder irgendwelche bedenken
trat ich in den düsteren Wald.
das Märchen dieses einfältigen Bewohners
kümmert mich nicht, lässt mich kalt.

Eine geraume Weile, der Mond
war Voll durchs Blätterdach zu erkennen,
hört´ ich in der Ferne ein Klopfen
und meine Neugier ließ mich rennen.
Tatsächlich, so dachte ich beim Lärme angekommen,
lebt hier dieser Künstler im Exil.
Doch ich wusste nicht, ob das was ich sah,
inwieweit es mir gefiel

Ein Mann mit langem weißem Bart
saß und hämmerte auf den Waldboden ein.
Blickte ich mich um sah ich seine Spuren.
Auf der Wiese, am Baum, auf nahezu jedem Stein.

Verrückt geworden ist er fürwahr,
Dieser arme alte Mann.
Doch nicht böse ging es mir durch den Kopf
Und so sprach ich ihn an.
"Entschuldigt, dass ich stören muss.
Ich bin hier auf der Reise.“
Der alte Metz stand langsam auf,
er nuschelte irgendetwas leise.

„Ich kam nicht umhin ihr klopfen zu hören.
Was ist denn ihr Leiden?“
„Oh, ich habe es gesehen“, sprach der Herr
„Recht haben diese Heiden.
Ymir schläft hier seit geraumer Zeit,
von den Asen wurde er erschlagen.
Ich grab ihn nur aus, den aus dem die Welt entstand.
Darum all das Plagen.

Damals vor Jahren lief ich hier
auf der Suche nach Inspiration.
Atmete die Kräuter,
aß meine Ration,
als auf einmal ein Sonnenstrahl
meinen Blick von der Ferne umlenkt,
Und da sah ich den Urvater unserer Welt,
halb in der Erde versenkt.

Mir war als hörte ich Stimmen singen
Engelslaute direkt in meinem Kopf.
Sie sprachen ich sei der Beste,
der die Wirklichkeit in die Steine klopft.
Und wegen meinem Können und guten Gemüt
sei ich auserwählt,
für die Götter den Hünen zu lichten,
auch wenn es mich quält.

Es ist meine letzte Herausforderung
für den Rest meines Lebens,
doch ich weiß, sie nehmen mich auf.
Es ward nicht vergebens.“
Voller Mitleid lauschte ich und sah
dabei seinen verwirrten Blick.
Vielleicht könnt ich ihn überzeugen
Mitzureisen. Es bedarf einen Trick.

Nicht ohne Hintergedanken bot ich ihm
von meinem Brot und vom Wein.
Durch den alkoholischen Geist beflügelt,
lullte ich ihn langsam ein.
Als Mitternacht lange vorbei war
schien es mir gelegen.
Vorsichtig lenkte ich unser Gespräch,
mit Kommentaren und langen Umwegen.

Letztlich sprach ich, ob er nicht die Arbeit
niederlegen kann.
Mit mir zu kommen nochmals die Welt
zu sehen, als alter Mann.
Es wäre Gift des Geistes
Nur in diesem tiefen Wald zu hocken.
Ich dachte mit der Weite des Meeres
und ähnlichem könnt ich ihn locken.

Doch kaum hatte er mein Gebaren
Und meine Absicht durchschaut
Sprang er auf und schlug mit seinem Hammer
Der sonst Steine behaut
Ich rannte was ich konnte
von diesem alten verstockten Mann hinfort,
meinetwegen kann er Verrückt bleiben
und für immer an diesem Ort.

Erst als ich die Berge und den Wald
hinter mir gelassen hatte
fiel ich auf die Knie,
sie waren auf einmal weich wie Watte.
Ich schlief ein jedoch nicht lang,
schnell wollt´ ich weiterreisen
fort von dem Wald und dem
betagten Bildhauer, dem Greisen.

So zog ich ohne Ruhen erst bei Sonne,
dann durch heftigen Regen
Und als dieser verschwand war ich
Vor der Wolke, die Sonne dagegen.

Das gibt ein farbiges Schauspiel,
Und ich drehte mich um es zu sehen
Doch was ich sah ließ mich wieder
Auf weichen Knien stehen.
Es war nicht der Regenbogen,
der war wie ich das kannte.
Es waren des Steinmetzens Berge
über den er sich spannte.

Denn hier wo ich stand, bildeten sie
einen gigantischen, schlafenden Riesen.
Alles war genauestens zu erkennen
von dem Kopf hinab zu den Füßen.
Hier liegt der Riese, der als er
von den göttlichen Wesen niedergestreckt,
zu Boden fiel und laut der Sage
das Leben auf Erden weckt.
Sein Blut wurde zu Flüssen,
seine Haare, die Pflanzen der Wald
Seine Hände zu festem Gestein,
genauso leblos und kalt.

Der Bildhauer hat diese Berge
So lange geformt bis auch ich es verstand.
Ich sollte sehen was er entdeckte
Und half durch seine Hand
Ich habe nichts gesucht
aber viel mehr gesehen.
Allmählich wird es Zeit für mich
nach Hause zu gehen.


© Peer Thies


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Beschreibung des Autors zu "Der Bildhauer"

Ein Reisender trifft auf einen Bildhauer, von dem es heißt er sei Verrückt geworden...

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Kommentare zu "Der Bildhauer"

Re: Der Bildhauer

Autor: noé   Datum: 30.01.2014 12:45 Uhr

Kommentar: Das ist eine der schönsten Balladen, die ich bisher kennengelernt habe. Sie hat mich von Anfang bis Ende in den Bann gezogen, wenn Du die Fehler 'rausarbeitest, wird es noch toller, denn da bleibt der Blick so ein bisschen dran hängen. Wahrscheinlich in der Eile, den Text einzugeben..
Toll gemacht, Kompliment!
noé

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