DAS SCHLARAFFENLAND

© waldeck 2008

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UMWELTMÄRCHEN

Vierter Akt




und mitten in der größten Not

füllt sich mit Wohlgefühl

der Tod

und alles Elende

fein weggewischt

kommt vermehrt hervor gezischt



es ist soweit!

kiebitzt der Zaunkönig

vernahm’s am Kellerloch unterm Naschtempel

viele süßliche Stuben glänzen ölig

bespringen erste Schwärmer

Lebersemmel



aus Brunnenschächten

krochen die Kolonnen

empor zu reichen Nachbarländern

durch süße Abfälle erbrochen

beriechen saftige Leichenlenden



noch schließt der Kranz

das würdige Antlitz

schlingern unter Totenlidern

auf aalglatten Augen

paar Übermütige

zu Ehren der Königin Oschmieris

- indes sie alles Hoffen schmausen



darauf der Blumensträuße

fromme Banderolen

zarte Knabenchöre

vom kleinen Jesukinde

welches herabsteigt

alle Lichtblicke zu hohlen

wuselt es bereits

unter weißer Binde



Tante Agathe krisch

erst stumm wie’n Karpfenfisch

bis selbst die Pharao-Ameisen

aufhörten

aus Nasenlöchern zu beißen

aus deren Tribüne sie lauschten

genießerisch



plötzlich fingen die Ritzen an zu wandern

manch Wasserhahn

wichste sie ins freie Mekka

im Arzneischrank

mitten der teuren Sachen

gaben sie sich Kopfschüsse

mit Psychopharmaka



hinter Fliesen Schrankfugen und Steckdosen

lassen Frechdachse runter die Hosen

furchtbar neugierig

weshalb hier alle liegen

und darauf warten

sie zu lieben



vollbesetzte Krankenzimmer

samt Leichenhalle

erfüllt sie mit Lobpreis

an den einzigen Gott

denn seine gütige Hand sorgt für alle

und Glaubenskrieger

nehmen ihn beim Wort



den Durchbruch

schafft die Sandmannfraktion

denn kürzlich Verstorbene duften schon

im Eiter noch frischer Wundverbände

locken Vergnügungscenter

und sanfte Strände



auch Onkel Dietmar

der sonst ständig stänkert

wimmert auf

denn durch den Infusionsschlauch

rutschen paar besonders fette Exemplare

in seinen nimmersatten Beamtenbauch



vergeblich brüllt er Verbote in den Raum

das Ameisenvolk kümmert’s kaum

wer zeitlebens auf Kleinere tritt

verdaut auch einen winzigen Biss



alles eitle Geschwür

gelangt in kleine Kröpfe

von Hautkranken wie Frischoperierten

davor wanderten sie über Toiletten

wie Spitzenköche

ihr Menü

mit allen Extras zu inspizieren



im unterirdischen Nest

tobt das Jahrtausendfest

- würgt man Köstliches zu den Maden

dürfen Schmisslinge auch baden

die von morschem Gewebe nagen



in der hübschen Lagerhalle

bewegen sich die Toten wieder

manch einem tropft hernach die Galle

im Schlaraffenland

der Mit…Glieder



der Mensch

von Ewigkeit umkrönt

hat das Unbekannte verhöhnt

und alle unsichtbaren Sprachen und Wesen

fegte er gern

mit dem Intelligenzbesen



doch aller Verstand

ist Wackelpudding hier

und groß die Rache der unterirdischen Heere

ergießen sich gleich wilder Meere

Kurzsichtige und Kabbler

ins runde Spalier



was nun folgt ist recht farbenfroh

doch weniger prächtig

als menschlich gewollt

endlich in einvernehmlichem Lob

wird neues Leben innig aufgerollt



und glücklich lebten sie fortan

im Paradiese welches nimmer endet

folgt Nachschub bald

selbst wenn die Wahrheit ausblendet



worin auch eitler Wille gipfeln mag

er mündet stets in einen Sarg

und macht man ruhig den Deckel zu

kommt er noch lange nicht

zur Ruh’





© j.w.waldeck, 02.08.2006
Alle Rechte sind dem Autor vorbehalten.


© j.w.waldeck, 02.08.2006


3 Lesern gefällt dieser Text.





Beschreibung des Autors zu "DAS SCHLARAFFENLAND"

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ALS SICH DIE ERDE ERBRACH
(Ein Umweltmärchen)

Ein scheinbar lustigs Schauspiel in sechs Akten




zu Teil I - UNKENDORF LEBT

https://www.schreiber-netzwerk.eu/de/6/Balladen/43/Sonstige/50924/UNKENDORF-LEBT--Erster-Akt/


zu Teil II - UNTER KANNIBALEN
https://www.schreiber-netzwerk.eu/de/6/Balladen/44/Gesellschaft/50939/UNTER-KANNIBALEN/



zu Teil III - RUF IN DIE FINSTERNIS
https://www.schreiber-netzwerk.eu/de/6/Balladen/43/Sonstige/50960/RUF-IN-DIE-FINSTERNIS/





Kommentare zu "DAS SCHLARAFFENLAND"

Re: DAS SCHLARAFFENLAND

Autor: Alf Glocker   Datum: 27.05.2016 9:01 Uhr

Kommentar: schwarz, aber klar!

Gruß
Alf

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