Der Window-Color-Papagei schwieg zu dem Treiben in der Wohnung. Die ersten Sonnenstrahlen ließen die Farben seiner Flügel leuchten. Das Kind saß auf dem karierten Araberteppich. Es weinte fürchterlich. Noch konnte der Kleine seine Gefühle nicht in Worte kleiden. Ja er wusste noch nicht einmal bewusst von seiner Existenz. Er schlief noch im Garten Eden, umgeben von Zauber und Glück, das keinen Namen braucht. In diesen Frieden war nun heute etwas hinein geraten, dass das Kind nicht fassen konnte. Das Gesicht der Mama hatte sich verändert, nur um eine Nuance. Ja, es war eigentlich nur ein flüchtiger Schatten, der sich in den Augen spiegelte und die Mundwinkel in der Art verzog, wie das Kind es noch niemals zuvor gesehen hatte. Die Worte der Mama schienen eine Spur bestimmter als sonst. Die Stimme wie fremd. Und mit einem Hauch von Wehmut. Töne einer neuen Zeit, die das Kind nicht verstehen konnte. In ein paar Jahren wird er so etwas nicht mehr bemerken, da das Reich der Gefühle hinter der Welt der Gedanken ergrauen wird. Nach ein paar Minuten sitzen sie im Auto. Etwas stimmt hier nicht. Das Kind spürt es. Es ist ein Gespür ohne Ordnung und Richtung. Wie eine ausweglose Flucht vor der Ohnmacht. Es kribbelt durch seinen ganzen kleinen Körper hindurch. Die Farbe verändert sich, langsam. Die bunten Farben des Papageien Federkleid weichen einer schwarzen Ahnung. Mama löst ihn vom Kindersitz, nimmt ihn auf den Arm und geht hinein. Im Hort wartet die Erzieherin. Als Mama ihre Hand aus der des Kindes löst, verliert der Papagei sein Kleid. Nackt, kalt und ängstlich. Auf sich allein gestellt. Tiefe Tränen bilden einen Vorhang, hinter dem es dunkel wird. Niemand sieht, was dahinter vor sich geht. Mit den Tagen wird es besser. In den Nächten schläft er unruhig. Als sei ihm etwas gestohlen worden, das sehr wichtig ist. Mit den Wochen spielt er und freut sich. Doch der Zauber der bunten Farben war für immer gestorben. Der Papagei verstummt. Sicherheit war fortan nur noch eine Illusion, die ihm half zu Leben und nicht zu sterben.
Kommentar:Gute und fein geschriebene Geschichte. Und Dein Satz: "In ein paar Jahren wird er so etwas nicht mehr bemerken, da das Reich der Gefühle hinter der Welt der Gedanken ergrauen wird!" Ist einfach klasse und zeigt genau wie feinfühlig Kinder ihre Welt sehen! Gute Idee!
lg Michael
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winken sie mich einzuladen,
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in ihr Reich am Wegesrand.
Beim Dämmerlicht im Mondenschein,
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