Er hieß Franz Ferdinand Kalt. Und er war ein Büchernarr.
Er lass von der ersten Wachminute am Morgen bis kurz vor der letzten Wachminute am Abend.
So war er, der Ferdi. Eben ein echtes Bücherwürmlein.
Den Menschen war er nicht so sehr zugewandt. Das heißt. Doch. Seine Mama mochte er. Aber die war weg. Weg aus dem Leben. Noch nicht lange, aber eine gefühlte Ewigkeit in Kaltes Augen.
Und Liesbeth, die Schwester, die mochte er auch irgendwie. Obwohl die ihn immer auslachte. Wegen seiner Ohren. Elefantenohren, rief sie immer rüber. Doch der Ferdi tat gelassen. War aber böse mit ihr. Innen drin. Aber Lisbeth war weit weg, in Brasilien wohnte sie. So gut wie weg aus seinem Leben. Nur hier und da ein Brief.
Franz Ferdinand war krank und er war Frührentner. Verließ nur nötig die Wohnung, um Lebensmittel oder Bücher zu kaufen.
Es gab eine Schwester seitens der Mama. Irma. Irma wurde von Franz gehasst. Warum? Darüber schwieg sich Franz Ferdinand bis zum Ende aus.
Aber sei es wie es ist.
Es klingelte an der Haustür. Franz erschrak ein wenig bevor der Ärger die Regie übernahm. Wer zum…Hallo, wer ist da? Er drückte den Hörer der Gegensprechanlage fester an sein Ohr. Es sprach eine männliche Stimme von einem Paket.
Minuten später lag es vor ihm. Von Tante Irma, las er.
Wie aufdringlich von ihr. Weiß sie nicht, dass ich sie hasse?
Und im gleichen Moment klarte es auf in ihm.
Die Beerdigung von Mama. Die Worte von Irma an ihn. Ich werde dir ein Buch des Friedens schicken.
Er stellte das Buch der Tante in das Bücherregal.
Der Titel interessierte in nicht. Der Einband war gelb.
Es stand so einfach dar. Unschuldig. Unberührt. Keusch.
Ein Fremdkörper.
Die anderen waren benutzt, zerknittert, unterstrichen. Voller Elefantenohren – ha, ha.
Irma war immer ein einsamer Mensch, dachte Franz. Wurde immer gemieden. Zog sich zurück. Was wird sie von Büchern wissen?
Es vergingen Monate. Das Buch staubte zu.
Franz wurde kränker. Es war ihm nicht möglich, einzukaufen.
Neue Bücher, die sein Herz lachen ließen blieben aus.
Er schaute wehmütig auf die weiße Wand. Schaute depressiv auf die weiße Wand.
Schaute auf sich. Schaute auf Irma. Schaute auf den gelben Einband. Weinte. Nahm das Buch, des Friedens in die Hände.
Setzte sich in den Schaukelstuhl. Ging zu Seite Eins. Und starb.
Franz war sehr krank, sagte Irma in der Grabesrede.
Und das Buch des Friedens wird seinen Gebeinen beiliegen.
Wir waren uns ähnlich, der Ferdi und ich.


© [email protected]


2 Lesern gefällt dieser Text.

Unregistrierter Besucher

Diesen Text als PDF downloaden




Kommentare zu "Das Buch"

Es sind noch keine Kommentare vorhanden

Kommentar schreiben zu "Das Buch"

Möchten Sie dem Autor einen Kommentar hinterlassen? Dann Loggen Sie sich ein oder Registrieren Sie sich in unserem Netzwerk.