Verzweiflung:
Dieses innere Gefühl. Pechschwarz. Als hätte man mir eine Stange in die Mitte meines Bauches gerammt. In dieser offenen Stelle breitete es sich aus, „Es“ fing an durch jede Ader zu fließen bis mein gesamter Körper nur noch daraus bestand. „Es“ gelang in mein Hirn. Mein Hirn begann sich Dinge vorzustellen, so als wäre ich gezwungen sie zu denken. Als hätte mein Gehirn ein eigenes Bewusstsein. So als würde „Es“ ihre Gedanken durch mein Hirn mitteilen. Ich war also vollkommen unter Kontrolle. Pechschwarzes Blut floss durch meine Adern. Verschmutzt. Das Loch in meinem Bauch schloss sich nicht. Nein, es herrschte Druck. Ein unbeschreiblicher Druck, der sich so darstellt, als würde sich eine unbekannte Hand nicht von mir lösen wollen. Dieser Bereich war der Ursprung allen Übels. Denn dort fing „Es“ an. Dieses Gefühl des Fallens, in einen immer tiefer werdenden Abgrund aus Verzweiflung. Denn ist man erst am Ende angekommen, dann ist „Es“ schon ein Teil von dir. Ein Organ, das sich in dein Körper reingefressen hat, um die Kontrolle zu übernehmen. Ein Organ, das nun zum Zentrum des Körpers wurde. Es ersetzte mein immer langsamer schlagendes Herz.
Nun war ich am Abgrund. Das einzige was ich spürte, waren meine kalten Hände, meine müden Augen und diese unbeschreibliche Seelenlage. Ein Gefühl von „Nichts“. Einfache Leere. So wie das Loch in meinem Bauch. Die Gefühle, die ich sonst immer verspürte existierten nicht mehr, waren nur noch eine Illusion, ein Gedankenfetzen, der sich wage an diese Wärme erinnerte. War man an diesem Punkt angelangt, war es schwierig wieder herauszukommen. Es gab keine Leiter, die einem aus dem Abgrund half.
Da saß ich nun. Auf einem schwarzen Boden mit einer schwarzen Umgebung, soweit das Auge reichte, umklammerte meine Knie und schrie nach Hilfe. Nur, dass nichts zu hören war. Es klang mehr wie ein Lachen. Aber nein, ich schrie immer weiter nach Hilfe. Es blieb aber unverändert. Ich lachte. Definitiv… Aber was nun? Ich beschloss also diese Lage hinzunehmen. Mit diesem Loch zu leben. Und auch mit „Es“. Ich lebte mein alltägliches Leben weiter. Doch…
Ich spürte, dass sich der Alltag nicht mehr nach dem Alltag anfühlte. Es schien, als würde ich seelenlos durch die Gegend streifen, ohne zu hinterfragen, warum ich eigentlich das tue was ich tue. Ein Körper, der seinen Geist im Verlauf seines Lebens aus den Augen verloren hatte. Und während ich durch die dunklen Gassen der Stadt ging, wie ein lebloser Körper, nahm ich irgendetwas wahr, das mich verfolgte. Sei es mein eigener Schatten, oder vielleicht sogar Ich selbst. Es war da. Und es beobachtete mich. Ich durfte keinen falschen Schritt machen. Jeder Atemzug wurde immer schwerer. Es schränkte mich ein und bedrohte mich. Und mich überkam pure Angst. Diese Angst, die sich nicht nach wirklicher Furcht anfühlte, sondern mehr nach einer Nebenwirkung der Verzweiflung. Aber sie und die Verzweiflung waren trotzdem da. Sie kletterten an meinem Rücken hoch, umschlossen mich mit ihren Armen von hinten und flüsterten mir ins Ohr: „Wir lassen dich nicht los, niemals“.
Da war ich nun. Ich habe mich verloren in den Tiefen der Verzweiflung. Im Abgrund verirrt, wird der eigene Verstand langsam zu etwas anderem. Man wird zu einer anderen Person, die einem selbst vollkommen verfremdet ist. Jede Bewegung, die ich machte, fühlte sich fremd an, jedes gesagte Wort fühlte sich an, als hätten Schlange meinen Hals abgewürgt, jeder Gedanke, beinhaltete noch das eine Ziel: Den Tod schöner zu gestalten, als er eigentlich ist.
Ich war nicht mehr ich selbst…Ich Wurde letztendlich…zur Verzweiflung.


© Anonym


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