Vögel sind frei

Vögel sind furchtbar, furchtbar frei. Sie sind zu beneiden, denn sie sind frei wie Pocahontas. Sie fliegen über die Wolken hinaus, ihr Lebensraum sind unendliche Weiten und das Beste ist, das sie fliegen. Denn welche Superkraft hätten wir gerne, natürlich das Fliegen, einfach durch die Lüfte gleiten, frei sein. Außerdem haben Vögel einen so schönen kleinen Kopf, sie denken nur Dinge wie „Oh ein Wurm“, „Oh Schreck, eine Katze“ oder „Hier ist es mir zu kalt, ich fliege Richtung Süden“. Vögel haben es leicht, sie müssen nicht zur Schule gehen, sie müssen nicht ihren Eltern gefallen, sie müssen nicht Angst um ihr eigenes Versagen haben. Vögel weinen nicht und wünschen sich keine Schmerzen. Vögel sind frei, Vögel brauchen kein Abitur oder einen Bachelor, Vögel brauchen keinen Job und haben auch keine Angst vor Terror. Sie sind frei, einfach furchtbar frei. Keiner erwartet Vögel mit zarter Aprikosenhaut, großen Augen, langen Wimpern, perfekten Augenbrauen, großen Brüsten und einem runden Hintern, auf langen immer glattrasierten Beinen. Denn Vögel sind frei von Erwartungen, frei von dem Druck, frei von den Normen, frei von dem Stress, frei von Hass, frei von Verantwortung, vielleicht ja auch frei von sich selbst?
Ich wäre gerne ein Vogel, auch frei von den Erwartung, frei von dem Druck, frei von den Normen, dem Stress, dem Hass, der Verantwortung, verdammt noch mal frei von mir selbst. Ich beneide die Vögel, denn sie sind so furchtbar frei. Ich beneide sie, denn sie fliegen davon, wenn sie wollen. Nichts hält sie an einem Ort, kein Zwang, keine Verpflichtungen, keine Beziehung, keine Gefühle, denn sie sind einfach frei.
Ihr Kopf ist so klein, ihr Herz ist so klein, doch die Seele so enorm groß und frei. Sie fliegen und fliegen und fliegen davon, und sie lassen mich zurück in einem Leben voller Druck, voller Stress und Verantwortung, voller Erwartungen und Normen und Regeln. Sie fliegen davon, doch ich bin kein Vogel. Ich bleibe zurück, ich bleibe hier, denn ich kann nicht fliegen, denn ich bin kein Vogel. Ich bleibe hier, versuche zu erreichen, was alle erwarten, will niemanden enttäuschen und bloß nicht versagen.
Ach, wäre ich bloß frei, frei wie ein Vogel, so furchtbar, furchtbar frei. Frei von mir selbst.

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Sandro N

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