Die Kassen-Bitch

Neulich im Supermarkt. Vor dem WM-Spiel will ich mir im Edeka noch ein paar Bier holen, dazu noch Tiefkühl-Nasi-Goreng – essen muss der Bub ja auch was. Als ich mich an der kürzesten Schlange anstelle, sehe ich, wer heute an der Kasse bedient. Wie sie heißt, weiß ich nicht. Ich nenne sie Kassen-Bitch. Warum? Sie ist hübsch und hochnäsig. Zwei Gründe sie Bitch nennen zu dürfen. Blond, hochgesteckte Haare und nach oben geschminkte Augenbraue. Ihre Haut ist jung und unverbraucht – doch sie malt zuviel Farbe drüber. Warum ich sie für hochnäsig halte, weiß ich selbst nicht genau, vielleicht liegt es auch nur an den Augenbrauen, die so eigentümlich hingeschminkt sind.
Da kommt mir der Gedanke. Heute wäre es doch mal wieder Zeit meine Schlagfertigkeit zu testen. Mit der steht es nicht gut, zumindest nicht die gegenüber Frauen.

Als der Typ mit der Franzosen-Mütze bezahlt hat, lege ich mir einen Spruch zurecht. Jetzt muss nur noch die fette Tante mit den zwei mitgebrachten Aldi-Tüten ihre Bio-Yogurts bezahlen und dann kann ich den Spruch rausfeuern. Doch die kramt noch in ihrem Micky Mouse Geldbeutel – als gerade mein Puls von meinem Vorhaben Wind bekommt und anfängt sich langsam Richtung Hals vorzuschlagen. Geradezu lächerlich, denke ich mir und zwinge mich cool zu bleiben. Ich weiß, ich darf mich auf keinen Fall verhaspeln und anfangen Buchstaben zu verschlucken, wie man es nur kann, wenn man nervös ist. Schon mal versucht zu simulieren? Keine Chance, geht nicht. Pssst, ruhig jetzt, es geht weiter!

Die Kassen-Bitch zieht das erste meiner Biere über dieses komische Scann-Dings. Und sagt: „Hallo“. Jetzt mein Spruch: Stopp, noch mal Luft holen: jetzt: „Hey Sexy!“ Sie braucht kurz, um zu verstehen - dabei zieht sie mein zweites Bier über das Scann-Dings, doch in ihrem hübschen Kopf arbeitet es. Frauen können bekanntlich Multitasking. Dann schaut sie mich mit einem etwas angeekelten Blick an. Mein Puls schlägt schon fast aus der Nase. Bleib jetzt cool, denke ich mir. Dann sagt sie: „Wie haben sie mich gerade genannt? (das sagt sie ziemlich bitchig, vergesst nicht, ich nenne sie Kassen-Bitch). Okay, jetzt bin ich dran. Meine Schlagfertigkeit ist gefragt und um die steht es doch nicht so schlecht, wie ich dachte. Denn aus meinen Mund kommt eine Antwort auf ihre bitchige Frage: „Hey Sexy! Eigentlich nur ne Wiederholung von meinem ersten Satz, doch ich sage das etwas gelangweilt und so, als wäre sie schwer von Begriff, dass es sich irgendwie cool anhört. Jetzt ist sie wieder an der Reihe. Sie sagt, und zieht ihre komischen Augenbrauen jetzt noch weiter hoch: „Wie kommst du darauf, mich so zu nennen!“ Als die Worte ihre Lippen verlassen haben, kommt mein Prozessor etwas ins stottern. Sie hat von SIE auf DU gewechselt, muss ich da irgendwas beachten? Nein! Dann mein Konter: ganz ungefiltert ohne darüber nachzudenken(auch irgendwie beängstigend!) Ich sage jedenfalls: „Bestimmt nicht, weil du hässlich bist!“. Das war gut. Meine Schlagfertigkeit überrascht mich immer mehr. Mein Puls steht nun auf Standgas – ich fühle mich wie George Clooney in Out of Sight, als er mit Jennifer Lopez im Kofferraum flirtet. Und was macht meine Kassen-Bitch: Sie ist verdutzt, zieht meine letzten Biere und mein Tiefkühl-Fraß über das Scann-Dings und sagt etwas eingeschüchtert: „11,36 Euro bitte“.
Ich zahle, laufe Richtung Ausgang und spüre ein listiges Schmunzeln in meinem Gesicht. Eine Art Genugtuung gegenüber der Kassen-Bitch und meiner, wenn man so will, geglückten Anmache. Ich habe das Gefühl ihr etwas von ihrer Hochnäsigkeit genommen zu haben. Dazu freue ich mich über meine unerwartete Schlagfertigkeit. Als ich mein Hirn gerade etwas anstrenge, um zu überlegen wo ich meine neuen Flirt-Fähigkeiten als nächstes anwenden könnte, kommt mir aber was anderes. Vier Bier und ein Tiefkühl-Nasi-Goreng sind doch niemals 11,36 Euro.


© dude


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