Es gibt eine Vielzahl von Sehenswürdigkeiten in Japan. Aber die Kultur und die Menschen zu entdecken und zu verstehen, ist wieder etwas anderes. So hatte ich dutzende Fragen an den Reiseleiter.
Japans Geschichte kennt verschiedene Epochen, ist seit 10.000 v. Chr. erfasst und es gibt sozialgeschichtliche Einteilungen. Seit etwa 660 v.Chr. gibt es eine Kaiserregierung. Die erste stammt angeblich direkt von der Sonnengöttin ab. Auf den Ursprung der Sonne verweist auch der Name des Landes: Nihon, das bedeutet: Land der aufgehenden Sonne. Zudem ist das Zeichen in der Flagge enthalten.
Je nach dem Zentrum der Macht kann man Japan einteilen in das Zeitalter der Klans, des Hofadels und des Schwertadels, der sogenannten Shoguns, der Ritter.
Das japanische Kaiserhaus ist die älteste Erbmonarchie der Welt. Nominell ist Kaiser Akihito seit 1989 an der Macht. Nach der heutigen Verfassung ist der Tenno „das Symbol des Staates und der Einheit des Volkes“ und das Alter der Dynastie ist Gegenstand des Stolzes vieler Japaner.
Japan besteht aus 6852 Inseln, davon sind 425 bewohnt, wobei 98 % der Bevölkerung auf vier Hauptinseln lebt. Die Bevölkerung von 127 Mio. ist auf 47 Präfekturen verteilt. Es gibt kleine Ebenen entlang der Küsten. 80 % der Japaner leben in Großstädten, wovon es mehrere Millionenstädte gibt.
Japan hat es zu einer industriellen Großmacht geschafft und ist aufgestiegen von einem in sich gekehrten kleinen Inselreich.
Es schloss im 17. Jh. seine Grenzen, um sich gegen westliche Einflussnahmen und Missionierungen zu wehren. Im 19. Jh. wurde es zur Großmacht, indem es zeitweise bis zu 40 % seines Staatshaushaltes für Rüstung ausgab.
Die Bombe auf Hiroshima wurde aus verschiedenen Gründen 1945 geworfen. Die Amerikaner hatten Furcht, Deutschland könne eine Atombombe entwickeln und sie hatten ein Projekt mit 130.000 Mitarbeitern ins Leben gerufen, um dem vorzukommen. Stalin wollte Japan drei Monate nach der Kapitulation Deutschlands den Krieg erklären und die Amerikaner drängten auf den Einsatz der Bombe vor dieser Zeit, weil sie Japans Kapitulation ohne Hilfe der Sowjets erreichen wollten. In Hiroshima fielen der Bombe bis Ende 1945 etwa 140.000 Menschen zum Opfer, an den Spätfolgen starben etwas 300.000 bis 350.000 Menschen.
Die amerikanische Regierung machte Vorgaben beim wirtschaftlichen und militärischen Wiederaufbau des Landes ähnlich wie in Deutschland.
Die Stoffmuster der Kimonos, die Dekorationen im Teezeremoniezimmer, die Speisen auf der Menükarte im Restaurant, die Eröffnungszeile eines Briefes, die Farben der Werbeplakate in der U-Bahn, die Blumen im Schaufenster, alles, worauf der Blick fällt, deutet in Japan auf die aktuelle Jahreszeit hin. In wenigen Industrieländern wird mit den Jahreszeiten ein solcher Kult getrieben wie hier. Die große Aufmerksamkeit wird dem auf Reisanbau beruhender Kultur zugeschrieben. Von Aussaat bis Ernte spannen sich viele Feste, an denen den Göttern gedankt wird oder sie um Schutz angefleht werden.
Das Land, in dem das Hybridauto erfunden wurde und das Kyoto-Protokoll zur Bekämpfung des Klimawandels unterzeichnet, rühmt sich oft seines niedrigen Energieverbrauches. Er ist etwa genauso hoch/gering wie in Deutschland.
Die Japaner sind zum Teil umweltbewusst. Sie haben großen Respekt vor der Natur, wie der Shintoismus es seit Jahrhunderten lehrt. Andererseits gibt es kein natürliches Flussbett mehr und fast die ganze Küste ist einbetoniert. Der Buddhismus verlangt Bescheidenheit und Sparsamkeit, doch Japan hat sich zum Extrem einer Konsumgesellschaft entwickelt. Das Land erfreut sich eines durchdachten Recycling-Systems, das von Baustellen über Fabrikmüll, alte Autos, Elektrogeräte bis zur minutiösen Trennung des Haushaltsmülls reicht. Andererseits gibt es verschwenderische Verpackungsmaterialien und illegale Müllablagerung in der Natur. Allein die 5,5 Mio. Automaten im Land mit Erfrischungsgetränken verbrauchen jährlich soviel Strom wie ein großes Kernkraftwerk erzeugt. Luft und Trinkwasser der japanischen Städte sind, trotz dichter Besiedlung, sauber. Die meisten Strände erfreuen sich einer ausgezeichneten Wasserqualität.
In Japan gibt es fast 200.000 religiöse Körperschaften. Davon sind etwa 85.000 shintoistische Schreine, 80.000 buddhistische Tempel und 600 christlicher Provenienz. Viele Japaner fühlen sich mehreren Religionen zugehörig. So wird die Zahl der Gläubigen mit 200 Mio. angegeben.
Japanisch ist eine schwere Sprache, besonders die Schrift, oder genauer gesagt die chinesischen Zeichen, die sie beinhaltet. Während der sechsjährigen Grundschulzeit werden etwa 1.000 Zeichen gelernt, bis zum Oberschul-abschluss etwa nochmal genau so viel. Chinesisch und japanisch sind nicht verwandt miteinander. Denn im Chinesischen werden Wortbedeutungen in der Tonhöhe voneinander unterschieden, was für uns schwierig ist, da wir diese Dimension der Differenzierung in der Sprache nicht kennen. Japanisch ist anders als Chinesisch keine Tonsprache und seine Aussprache ist einfach.
Die Vorfahren der Japaner stammen laut Verteilung des Erbgutes und von Knochenfunden von Nomaden aus Sibirien und vom Festland aus China und Korea.
Die Kriminalität in Japan ist gering. Es gibt zwar die Todesstrafe für Landesverrat, Aufruhr und Mord, aber die meisten Delikte sind Einbruch und Diebstahl.
Dagegen ist die Selbstmordrate in Japan sehr hoch. Mit dem wachsenden Reichtum sind die Risiken des Ruins größer geworden. Zwei von drei Selbstmördern sind Männer. März, vor Ende des Fiskaljahres, ist der Monat mit den meisten Selbstmorden. Auch die Zunahme an klinischen Depressionen zeigt eine besorgniserregende gesellschaftliche Entwicklung. Gemütskrankheiten waren in Japan lange stigmatisiert. Das ändert sich allmählich, indem Depressionen in der Öffentlichkeit thematisiert werden, Beratung empfohlen und nach neuen Therapien gesucht wird.
Auch die Spielekultur ist eigen mit Mangas, Anime und Cosplay. Darin kommen die lange Tradition der grafischen Kunst, handwerkliches Können, Liebe für Detail, Einfallsreichtum und Themenvielfalt besonders zum Ausdruck.
„Manga“ bedeutet ursprünglich Karikatur, witzige Zeichnung. Diese enthalten ein Spektrum von Bildergeschichten von Humor über Science Fiction bis zu Horror. Manga wurde in Japan zu einem wichtigen Massenmedium mit riesigen Auflagen. Die Anime-Serien werden inzwischen von japanischen Sendern mit englischen Untertiteln versehen und auf kostenpflichtigen Internetseiten angeboten. Cosplay ist ein Kostümfest, bei dem die Träger sich in die Rolle einleben und sie spielen.
Nach 150 Jahren des Aufstiegs und Wachstums, ist Japan in einer Übergangsphase. Wie es weitergeht, das ist offen.


© Karin Schaffer


3 Lesern gefällt dieser Text.



Unregistrierter Besucher

Diesen Text als PDF downloaden




Kommentare zu "Japan kennenlernen"

Re: Japan kennenlernen

Autor: Wolfgang Sonntag   Datum: 02.11.2022 10:50 Uhr

Kommentar: Liebe Karin,
dein Text gefällt mir. Du schreibst über ein Land und die Menschen, welche ich auch bewundere.
Liebe Grüße Wolfgang

Re: Japan kennenlernen

Autor: Angélique Duvier   Datum: 03.11.2022 14:24 Uhr

Kommentar: Liebe Karin,

ich hatte lange Zeit in Japan und mit Japanern zu tun.
Danke für Deinen Beitrag!

Liebe Grüße,

Angélique

Kommentar schreiben zu "Japan kennenlernen"

Möchten Sie dem Autor einen Kommentar hinterlassen? Dann Loggen Sie sich ein oder Registrieren Sie sich in unserem Netzwerk.