Gespenstisches – 16. Zwei Gespenster wollen sich (nicht) beschweren

© Alf Glocker

„Beschwere Dich über die Zustände im Gespensterland!“ sagt Gespenst Nr. 0.
„Am besten mit einem Mühlstein um den Hals – und dann versenke Dich selbst im See, bevor es der Pöbel macht!“, antwortet Gespenst Nr. 00.

0: „Du machst Witze?!“
00: „Hast Du’s denn schon mal versucht?“

0: „Mir ist nicht nach Witze machen zumute. Des Teufels Großmutter regiert und die Dämonen verkaufen Opium auf Straßen und Plätzen!“
00: „Auf imaginären Plätzen wolltest Du sagen?“
0: „Warum?“
00: „Weil Dir kein Mensch abnimmt, daß das Dämonen sind! Des Teufels Großmutter hat angeordnet dies seien Unschuldige Kinder aus dem Hades, die nur deshalb, in gewisser Weise, schuldig geworden sind, weil sie aus dem Hades stammen und noch nie etwas Anderes gesehen haben“.
0: „Dann sind sie gar nicht von der Sorte derer, die seit Jahrhunderten, seit Jahrtausenden, das Feuer geschürt haben, um unschuldige Seelen zu verbrennen?“
00: „So darf man das nicht sehen! Bedenke: Kaltblüter und Warmblüter sind gleich, Rennpferde und Ackergäule stammen aus der gleichen Familie und Kinder von Dämonen sind den Kindern einfacher Dummbürger gleich…sie sind nur nicht so dumm!“

Dies hörte ein Gott in den Katakomben der Bildung, die er sich selbst, nekropolitisch geschaufelt hatte – und er wunderte sich. Sind das jetzt Geister oder Gespenster fragte er sich laut und bekam prompt eine falsche Antwort:

0 und 00: „Wir sind die Abgesandten eines fernen Lichts, das sich nicht einfach so von der Obrigkeit festlegen lässt – und wir besprechen satirisch die Zeit!“

Der Gott: „Ihr wollt doch nicht etwa sagen, daß ihr Lügengebäuden auf der Spur seid, um Euch hervorzuheben aus dem Staub, der einst Schutt werden wird, und der Asche schwer erworbener Dummheit, die zur Asche der echten Zivilisation werden wird…weil sie das will?“

0: „Hast Du gehört wer da spricht, oder ob überhaupt irgendwer zu uns spricht?“
00: „ich habe nichts gehört, ich werde nichts hören und ich werde niemals irgendetwas gehört haben…“
„wollen!“, ergänzte 0.
00: „Aber wir haben keine Angst vor dem Nichts das uns droht, wenn wir besprechen was besprochen sein muss – wir haben nur Angst vor dem Nichts, das uns droht, wenn niemand bespricht was besprochen sein sollte!“

Der Gott: „Frevler, was maßt Ihr Euch an?! Wer hat Euch erlaubt Geister zu sein und nicht Gespenster zu bleiben? Rasselt mit den Ketten, geht in Euer Verlies, aber lasst die Großmutter des Teufels in Ruhe machen. Sie wird Euch standesgemäß in den standesgemäßen Abgrund leiten – außer Ihr jammert weiter auf hohem Niveau!“

0: „Höre nur, 00, wie die Winde sausen…als lägen Stimmen darin, so unsinnig wie der Unsinn selbst, der gemacht wird, von den Dämonen und der Großmutter des Teufels, die sich ein Aussehen verleihen möchte, das einer Kindergärtnerin gleicht. Sie ist im Bösen unerreicht!“
00: „Du bringst mich noch auf Repara-Touren, wenn Du so weitermachst!“
0: „Das wollen wir nicht hoffen – denn das käme einem Mühlstein gleich und dann wirst Du tatsächlich vom Geist zum Gespenst. Man wird Dich verfluchen auf alle Ewigkeit und immer Angst vor Dir haben!“

„Was für ein Schicksal?!“, sagen nun die beiden Gespenster im Chor und der sie beobachtende Gott auf einmal…dann wird es Nacht! Es ist plötzlich 0 Uhr 00: Die Geisterstunde beginnt! Wie im „richtigen“ leben, wie auch im Bereich zwischen den Augenblicken, kristallisiert sich etwas fürchterlich Einleuchtendes heraus. Es ist ein Spruch, den man auch in Tempeln immer wieder zu hören bekommt…

„Geheiliget werde dein Name!“ Feuer flackern im „richtigen“ Leben auf, junge, hübsche Mädchen und weise, alte Frauen werden herbeigezerrt und auf Scheiterhaufen geflochten, nachdem sich die Priester der aktuellen Inquisition an ihnen vergangen haben…und irgendwo, zwischen allen „Wahrheiten“ – jenen, die tatsächlich echt sind und denen, die man uns als solche verkauft – hört man ein schreckliches Reihern!

„Uurks, wuurks, uäähhichkannnichtmehr, pfui Deibel, ich muss mich nur noch andauernd übergeben!!“ 0 und 00 sind außer sich: „Wir werden uns beschweren!“ schreien sie in die Wirklichkeit hinein, die sich um die Nichtzeit von 0 Uhr 00 herum befindet – und ein einsamer Gott antwortet ihnen: „Sehet, hier sind die Mühlsteine!“


© Alf Glocker


2 Lesern gefällt dieser Text.


Unregistrierter Besucher

Diesen Text als PDF downloaden




Kommentare zu "Gespenstisches – 16. Zwei Gespenster wollen sich (nicht) beschweren"

Re: Gespenstisches – 16. Zwei Gespenster wollen sich (nicht) beschweren

Autor: possum   Datum: 09.07.2020 9:46 Uhr

Kommentar: Hier ist nichts mehr hinzuzufügen lieber Alf, ein supi Werk!
lieben Gruß!

Re: Gespenstisches – 16. Zwei Gespenster wollen sich (nicht) beschweren

Autor: Alf Glocker   Datum: 09.07.2020 12:18 Uhr

Kommentar: Danke Dir!

glG
Alf

Kommentar schreiben zu "Gespenstisches – 16. Zwei Gespenster wollen sich (nicht) beschweren"

Möchten Sie dem Autor einen Kommentar hinterlassen? Dann Loggen Sie sich ein oder Registrieren Sie sich in unserem Netzwerk.