Auf dem Weg von Backenberg nach Vöglingen kommen wir alle, als Heinzelfreundchen an Kirchenheim vorbei – bye bye gute Mienen, es wird Nacht! Doch überall singen Kinderchöre das Lied vom kleinen Tod. Nirgendwo ist niemand zuhause, aber keiner ist verreist, sondern sitzt auf dem absteigenden Ast des Dramabaumes, mitten unter dem Teer- und Federvieh. Aber alles wird immer gut.

Die Naivität ist die Krone der Erschöpfung, nichts weiter. "Die Übersinnlichkeit ist kein Spielzeug" sagt die Mümmelmaus zu ihrem Steckenpferd, solange bis der Stecken vom Pferd abfällt! "Das ist eine abfällige Bemerkung" ruft ein plötzlich vorbeikommender Engel mit strahlend breitem Gebiss, Imkerhonig verspeißend.
Er lächelt wie ein dekadenter Dumpfmeister der Unheilsarmee. Alle Menschen lieben sich inzwischen infernalisch! Die Welt bekommt schon Frostbeulen davon, so schön ist das...

In Backenburg haben die Backenburger sämtliche Wachskerzendochte angezündet. Sie zündeln um die Tropfen der Herrlichkeit auf Erden, ohne wirklich abschalten zu können – dann gibt es die ersten Notfälle: Ein weißes Bockshorn tanzt auf dem Hochseil den letzten Akt. Dann springt es in einen Phrasenbottich und ertrinkt lustig darin, um sich selbst einen großen Gefallen zu rauben.

Kurz darauf sind die Weisen aus Vöglingen und die Superweisen aus Kirchenheim eingetroffen. Sie feiern eine Reserveoffiziersmesse, wobei sie ihre überreifen Männerstirnen in derart tiefe Falten legen, daß sie an eine bestimmte Tierart erinnern. Das wiederum gefällt den Werbefachleuten. "Wir müssen die armen im Geiste dazu anhalten den größten Murksspagat der Doppelmoralgeschichte zu vollführen" verkünden sie leider nicht lautstark, aber die handeln danach. Die Leute haben keine Erklärung dafür!

Sie waschen ihr Hirn zum Fenster hinaus, lachen noch darüber, aber dann fühlen sie sich so sicher wie Abrahams Schoß!
Am Ende siegt wieder einmal der Glaube an die mächtigen Ele- Zwöle- und Dreizehnanten, auf denen die lieben lieben Prophetchen angeritten kommen.
Sie singen, sie bimmeln, die rufen die Finsternis selig herbei. Der Mond ist bereits aufgegangen wie eine Dampfnudel, die güldnen Sternlein prangern am schwarzen Himmelzelt die Sünden der Kleinbürger an, denen es niemals vergönnt sein wird groß zu werden. Bloß keinen Neid!

Friede auf Erden und den Mit-Menschen ein Wohlgefallen. Den Menschen natürlich nicht! Sie sind nämlich dämlich – viel zu eitel um den Schwachsinn zu übersehen, zu übergehen, zu überhören. An dieser Stelle denken wir bitte wieder an die faltigen Denkerstirnen im Männerzoo. Mit ihrer Hilfe geht Jedermann direkt durch die Wand!

Das ist ein Dilemma, aber kein Grund an Vöglingen vorbeizufahren, Kirchenheim großzügig zu umgehen und die Backenberger Heinzelfreundchen in den Kinderchor einzugliedern. Die Glieder stehen ständig bereit dafür! Verführerisch lächeln die Engel mit ihrem breiten Gebiss.
Sie kommen aus Quatschenhofen oder Läuseburg – mehr ist da nicht!

Alle Wege sind gleich

© Alf Glocker


© Alf Glocker


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Kommentare zu "Alle Wege sind gleich"

Re: Alle Wege sind gleich

Autor: humbalum   Datum: 16.04.2023 10:45 Uhr

Kommentar: Du hast auch so eine ganz eigene Phantasie. Die Gescichte ist interessant. Muss ich aber als Morgenmuffel nach 12 Uhr noch einmal lesen. Was mich beeindruckt ist dein Arbeitspensum. Das hat enorme Ausmasse. Ich wünsche Dir einen herrlichen Sonntag! Bleib dran. Schreiben schärft den Blick für das Leben. So wie auch das Denken. Es sorgt einfach dafür das der Geist wach bleibt. MfG Klaus

Re: Alle Wege sind gleich

Autor: Alf Glocker   Datum: 16.04.2023 12:43 Uhr

Kommentar: Ich danke dir für deinen Kommentar lieber Klaus.

LG Alf

Re: Alle Wege sind gleich

Autor: Sonja Soller   Datum: 16.04.2023 13:11 Uhr

Kommentar: Interessanter Text, lieber Alf (wiedermal),
da muss ich Klaus zustimmen, ungemein großes Wortpotenzial läuft da täglich durch dein Hirn, da kann man nur staunen.

...und man muss nicht alles verstehen, alles verstehen macht den Geist träge...

Herzliche Sonntagsgrüße aus dem angeregten Norden, Sonja

Re: Alle Wege sind gleich

Autor: Alf Glocker   Datum: 16.04.2023 13:24 Uhr

Kommentar: Herzliche Sonttagsgrüße zurück...

Alf

Re: Alle Wege sind gleich

Autor: Jens Lucka   Datum: 16.04.2023 19:45 Uhr

Kommentar: Ich denke, so manch einem geht einiges im laufe des Tages durch den Kopf.
Ich hätte auch gern die Zeit, meine Gedanken einmal eine Weile aufzuschreiben.
Würde gern sehen, was dabei herauskommt.
Früher, in meiner Jugend schrieb ich Tagebücher, die aus heutiger Sicht ganz interessant klingen.

Gruß, Jens

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