Sein oder nicht sein

© Alf Glocker

Sein oder nicht sein


Es war keinmal kein Herr, nicht einmal, nicht zweimal, nicht tausendmal – nie! Dieser Herr, der kein Herr war, weil „Es“ ihn nicht gab, ging durch keine Landschaft, flog durch kein Wasser und er schwamm auch nicht in der Luft, aber er dachte sich nichts dabei: Das war kein Zustand!

Und deshalb schuf sich der Herr aus dem Nichts keines Zustandes selbst. Denn es gab keine wüsten Wüsten, auch keine schönen Wüsten, es gab keine Wälder, keine Flüsse und Meere, nur Nichts gab es in keiner Hülle und keiner Fülle...soweit kein Auge reichte, kein Ohr hörte und kein Mund konnte aussprechen, was es alles nicht gab.

Da wurde plötzlich, aus der Verlegenheit des Nichtseins heraus „etwas“ real. In Siebentausend Siebenhundert und Siebenundsiebzig Nichttagen, Nichtstunden, Nichtjahren, erschuf kein Herr die Zeit als Feuer, Erde, Wasser, Luft und geistiger Verwirrung, die zuerst den befiel, der nicht war, nicht sein würde, und zwar zuerst als kein Gedanke... der zuerst im Fleisch des Lebens entstand und plötzlich darauf beharrte zu sein wie er war: unvollständig!
Daraus entwickelte sich schließlich das Erfahren von zum Schein existierenden Zuständen in einem All (= überall und nirgends) und es ward: die Relativität!

So wurde auch der Herr einigermaßen relativ – und etwas im Herrn, das eben noch Nichts war und nichts wahrnahm, nahm Gestalt an. Zuerst war sie, er, es! Und sachlich betrachtete es die Zeit, die es erschaffen hatte, um heilig gesprochen zu werden. Aber Keiner war da, Niemand betete es an, Nichts bat es um Hilfe und so verwandelte sich der Herr zuerst in das Abbild einer fruchtbaren Hälfte ohne tiefen Verstand und dann die ganze Welt in einen Moloch aus un-fähigen Dämonen, in allerlei Formen und Sorten: Tiere schälten sich bald aus dem Sein! Sie nahmen sich sofort als selbstverständlich wahr.

Das gefiel dem Herrn, der immer noch kein Herr war, so sehr, dass er den Spieltrieb erfand. Er kombinierte Informationsketten aneinander und ließ sie immer neue Gestalten annehmen – und auf einmal wurde das „Bewusstsein“ geboren!

Da dieses Bewusstsein eine Beschäftigung brauchte, verfiel es in das jeweilige Delirium der entsprechenden Spezies und begann sich zu fragen woraus es denn entstanden sei. Die einen sagten „so“, die andern sagten „so“! Doch bald einigten sich fast alle darauf, dass es einen „Herrn“ gäbe, der ein Herr und kein Es war. Folglich musste er schon einmal deutlich in Erscheinung getreten sein.

Diesen Umstand, dass der Herr aber bisher unbenannt geblieben war, nutzten die Propheten mit Trommeln und Trompeten. Sie verkündeten, dass der Herr männlich sei – womit sich auch die Frauen einige Gemeinheiten später einverstanden erklärten, denn sie waren außerdem hauptsächlich mit dem Gebären von Damen und Herren beschäftigt und hatten keine Zeit, die ja mittlerweile länger schon vorhanden, also Raum war. Wozu sollte es daher Flausen geben?!

So begann die Geschichte der Welt, die aus dem Zustand vor der Welt als Null und nichtig betrachtet werden konnte, insoweit das Nichts überhaupt zu einer Betrachtung fähig ist. Doch dadurch wurde aus dem Nichts ein Spiegel der Zeit, in den der Herr gerne mal sah, um sich selbst zu erkennen.
Sich selbst aber, der er war, oder nicht war, wenn er weder in den Spiegel sah, noch seine Schöpfung durchwandelte, erkannte der Herr nur in Relation zum Existierenden. Das Existierende existierte jedoch gerade deshalb, weil es der Herr erschaffen hatte. Dies war ein endlichder Zustand!

Um nun aber dem Zustand Rechnung zu tragen, der in der Zeit existent, in der Nichtzeit vorhanden, in beider Un-Wirklichkeiten zusammengenommen jedoch nicht „tatsächlich“ erschaffen worden war, zog sich der Herr in sein altes Reich zurück. Es liegt allerdings nicht vor Madagaskar, sondern zwischen den Welten „Realität“ und „Irrealität“. Dort gab es den Irrtum (als lebensspendenden Faktor X) nicht!

Mit der Zeit vergaß der Herr, dass er sein eigenes Herrchen war. Er besann sich darauf, keine Frau und kein Es zu sein und sofort stürzte alles in sich zusammen, so, dass am Schluss weder Wüsten noch Wälder, weder Meere noch Berge, nicht einmal Sterne und Propheten übrig waren. Sein spezielles Klein-Ich weilte dort vor sich hin, nicht hinter sich her und auch nie sich selbst voraus. Denn keines Tages, keiner Nacht, keiner Stunde und keines Jahres (was alles nur Zeitbegriffe sind) würden ihm wiederum Galaxien vor keinem seiner nicht vorhandenen Augen schweben. Aus dem Rauschen (k)eines Zustandes würde ein Universum entstehen, welches sogar von den drei Affen gehört, gesehen und besprochen werden könnte, wenn sie denn existieren würden.

Das ist das Gesetz alles Seienden und aller Energien! Geschrieben wird es von den Strings, den Lichtstrahlen und den Explosionen, den Implosionen und der Verflüssigung aller Materie im Schwarzen Loch, nachdem sie relativ entstanden ist, damit sie auch wieder relativ vergehen kann!

So spricht der Herr!

Fazit: Alles was ist, ist praktisch auch wieder nicht – und wenn es ist, dann ist es „praktisch“ für alle!


© Alf Glocker / Roland Walter


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Kommentare zu "Sein oder nicht sein"

Re: Sein oder nicht sein

Autor: Sonja Soller   Datum: 31.05.2022 10:38 Uhr

Kommentar: Interessant geschrieben!!!!

Herzliche Morgengrüße aus dem fragenden Norden, Sonja

Re: Sein oder nicht sein

Autor: CrazyHälp   Datum: 31.05.2022 16:41 Uhr

Kommentar: Sau cool Alf! Erstmal Glückwunsch wie viel du über "Nichts" geschrieben hast. Wissenschaft und Religion vereint in einer Anlehnung deiner Variante des Urknalls. Echte Kunst. Voll mein Geschmack. Hat Spaß gemacht.

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